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Verkehrspolitik: Im Straßenbau fehlen Milliarden

Verkehrspolitik

Im Straßenbau fehlen Milliarden

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    Immer mehr Straßen in Deutschland müssen saniert werden. Vielerorts fehlt allerdings das Geld dafür.
    Immer mehr Straßen in Deutschland müssen saniert werden. Vielerorts fehlt allerdings das Geld dafür. Foto: dpa

    Neben dauerhaft hohen Kraftstoffpreisen könnten bald auch Straßennutzungsgebühren das Autofahren in Deutschland verteuern. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern sehen sich angesichts fehlender Milliarden für den Straßenbau gezwungen, neue Geldquellen zu erschließen. Zum Abschluss ihrer Herbstkonferenz am Freitag in Cottbus verständigten sich die Ressortchefs auf eine umfassende Prüfung von weiteren Einnahmemöglichkeiten. Dazu zählt - trotz offenkundiger Proteste - auch die Einführung einer City-Maut.

    Keine Denkverbote

    "Wir müssen dafür sorgen, dass mehr Mittel in die Verkehrsinfrastruktur fließen", sagte Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD). Dabei dürfe es keine Denkverbote geben, "auch wenn einige der Vorschläge unpopulär erscheinen". Allein für den Erhalt von Straßen, Bahnstrecken und Wasserwegen seien jährlich über sieben Milliarden Euro zusätzlich erforderlich, hieß es.

    Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hatte bei dem Treffen erneut auch die Autobahnmaut für Pkw ins Gespräch gebracht. "Ich werbe dafür, dass wir langfristig zu einer Maut bei allen Fahrzeugen kommen", betonte er.

    Merkel will Autofahren nicht verteuern

    Von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erhielt er umgehend eine Abfuhr. "Ich kann nicht erkennen, dass es sinnvoll ist, dass wir das Autofahren jetzt noch mal verteuern, zumal wir schon hinreichend viele Schwierigkeiten mit wachsenden Spritpreisen haben", sagte Merkel am Freitagabend beim Deutschlandtag der Jungen Union in Rostock. Die Autofahrer trügen bereits rund 55 Milliarden Euro zum Steueraufkommen bei. Für den Straßenausbau werde weit weniger ausgegeben. Daher könne sie zugleich verstehen, dass mehr für die Infrastruktur getan werden müsse.

    Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums nimmt der Bund durch die Lkw-Maut jährlich 4,5 Milliarden Euro netto ein. Durch die seit August geltende, zusätzliche Lastwagenmaut auf vierspurigen Bundesstraßen kämen 100 Millionen Euro pro Jahr hinzu. Dieses Geld reiche jedoch nicht, sagte Bundes-Verkehrsstaatssekretär Rainer Bomba. "Die Wunschliste ist unendlich lang, aber die Mittel sind begrenzt." Bomba bezeichnete die City-Maut als eine Möglichkeit von vielen, zusätzliches Geld einzunehmen. Sie dürfe aber kein "Bürokratiemonster" werden.

    Vier Milliarden fehlen

    Die vier Varianten der Pkw-Maut im Überblick

    Variante I der Pkw-Maut: Einführung einer elektronischen Vignette zu 80 Euro (30/10 Euro - zwei Monate/zehn Tage). Das würde Gesamteinnahmen in Höhe von 3,41 Milliarden Euro bedeuten.

    Die zweite Variante sei eine elektronische Vignette für 100 Euro pro Jahr. Wer wenig fährt oder als Ausländer im Transit durch Deutschland reist, kann bei diesem Beispiel eine Vignette für zwei Monate (30 Euro) oder zehn Tage (10 Euro) lösen. Gesamteinnahmen würden mit 4,17 Milliarden Euro veranschlagt.

    Bei der dritten Variante solle die Vignette 155 Euro kosten. Bei diesem Beispiel wären 50 Euro für zwei Monate und 17 Euro für zehn Tage zu zahlen. Diese Staffelung würde den Berechnungen des Bundesverkehrsministeriums zufolge ausreichen, "um den Finanzbedarf von 11 Milliarden Euro zu decken."

    Die vierte Variante der Pkw-Maut gehe davon aus, dass die Kfz-Steuer abgeschafft wird. Dazu heißt es in dem Ministeriums-Papier: "Sollte zusätzlich die Kfz-Steuer von neun Mrd. Euro ausgeglichen werden, müsste die Vignette 15,5 Mrd. Euro erzielen. Hierzu müsste die Preisstaffelung in etwa wie folgt aussehen: 365 Euro, 125 Euro, 45 Euro."

    Nach Angaben des Deutschen Städte- und Gemeindebundes klafft ein jährliches Finanzloch von etwa vier Milliarden Euro nur bei der Sanierung der kommunalen Straßen. Doch hält Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg eine solche die City-Maut für ungeeignet, städtische Verkehrsprobleme in Deutschland zu lösen.

    Der Konferenz lag ein Zwischenbericht einer Expertenkommission mit Vorschlägen zur künftigen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur vor. Die darin enthaltene City-Maut kann nach Ansicht von Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) den Kommunen die Möglichkeit schaffen, zusätzliches Geld für den Erhalt von Straßen und für den Nahverkehr einzunehmen. "Es wird nicht einfach so billig weitergehen wie bisher", betonte er im ZDF-"Morgenmagazin".

    Gründlichkeit vor Schnelligkeit

    Sein sächsischer Amtskollege Sven Morlok (FDP) hingegen sprach sich gegen die City-Maut aus. Er warnte vor Schnellschüssen und forderte "Gründlichkeit vor Schnelligkeit" bei den nun beginnenden Prüfungen. "Am Ende muss aber stehen, dass es keine Mehrbelastungen für die Autofahrer gibt", betonte Morlock. Thüringens Ressortchef Christian Carius (CDU) hält eine City-Maut nur in Ballungsräumen für sinnvoll. Einer stärkeren Beteiligung der Autofahrer an den Kosten zeigte er sich aber nicht abgeneigt. Wichtig sei sicherzustellen, dass die Einnahmen aus einer Maut in den Verkehrssektor fließen.

    Die Union im Bundestag erteilte einer City-Maut eine Absage: "Das findet in dieser Koalition in dieser Legislaturperiode definitiv nicht statt", sagte der verkehrspolitische Sprecher Dirk Fischer (CDU) der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Linke beklagte eine Überfrachtung des Bundesverkehrswegeplans und forderte eine Umschichtung der vorhandenen Mittel auf Erhaltungsmaßnahmen.

    ADAC von Ergebnissen enttäuscht

    Der Verkehrsklub ADAC zeigte sich enttäuscht von den Ergebnissen der Konferenz. "Außer Spesen nix gewesen", erklärte Vizepräsident Ulrich Klaus Becker. Für die großen infrastrukturellen Aufgaben gebe es keine Lösungen, stattdessen einen überflüssigen Streit um die City-Maut. Die Minister stolperten "von einem Abzock-Plan zum nächsten". "Schlaglöcher werden verwaltet, aber nicht beseitigt", sagte Rainer Hillgärtner vom Auto Club Europa (ACE).

    Die Verkehrsminister sprachen sich mehrheitlich gegen eine Helmpflicht von Radfahrer aus. Sie unterstützen weiterhin die Online-Zulassung von Kraftfahrzeugen und wollen die Elektromobilität weiterentwickeln. Der Bund lehnt aber zurzeit weitere Subventionen zum Kauf von Elektrofahrzeugen ab.  dpa/AZ

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