Viele Autofahrer, die auf dem Weg in die Ferien auch in diesem Sommer wieder im Stau stehen, werden die Nachricht gerne hören: 2,7 Milliarden Euro steckt Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) in den kommenden drei Jahren in den Ausbau und die Sanierung des deutschen Straßennetzes. „Wir modernisieren damit das Fundament unseres Landes“, sagt er. „Das stärkt unser Wachstum, sichert Arbeitsplätze und sorgt für den Wohlstand von morgen.“
Zu den größten Vorhaben, für die er gestern die Baufreigabe erteilt hat, gehören im süddeutschen Raum der Ausbau der A99 und der A96 zwischen Oberpfaffenhofen und Germering sowie den beiden Dreiecken München/Nord und Aschheim/Ismaning, ebenso der Ausbau der A6 zwischen den Anschlussstellen Schwabach und Roth. In Baden-Württemberg steht auf der Liste seiner Projekte die A8 von Pforzheim Nord bis Pforzheim Süd mit Kosten von insgesamt 147 Millionen Euro ganz oben.
Bayerisch-Schwaben geht leer aus
Parallel dazu startet Dobrindt elf Projekte, die er in öffentlich-privater Partnerschaft finanziert. Zu ihnen gehören der sechsspurige Ausbau des staugeplagten Stücks der A8 von Rosenheim nach Salzburg, ebenso der Ausbau der A3 zwischen dem Kreuz Biebelried und Fürth-Erlangen, ein ähnliches Projekt auf der A6 zwischen den Dreiecken Weinsberg und Feuchtwangen/Crailsheim.
Von den 2,7 Milliarden Euro fließt mit 621 Millionen Euro fast ein Viertel in die bayerische Heimat des Ministers, allerdings kein Cent nach Bayerisch-Schwaben. Baden-Württemberg erhält 537 Millionen Euro, Hessen 390 Millionen. Die teuerste Einzelmaßnahme ist der achtspurige Ausbau der A7 zwischen Hamburg-Stellingen und Hamburg-Nordwest für 181 Millionen Euro. Er habe nur Projekte ausgewählt, sagt Dobrindt, die bereits baureif seien und sofort umgesetzt werden könnten.
Zunächst einmal sind jetzt jedoch die Länder am Zug. Sie müssen die Bauabschnitte möglichst rasch ausschreiben und vergeben, damit Dobrindt noch im Lauf des Jahres auch die ersten symbolischen Spatenstiche setzen kann. Finanziert wird die Investitionsoffensive aus den zusätzlichen Einnahmen aus der Ausweitung der Lkw-Maut und aus den zusätzlichen Mitteln, die Finanzminister Wolfgang Schäuble dem Verkehrsministerium für das Jahr 2016 versprochen hat.
Wie groß der Investitionsstau auf Deutschlands Straßen, Schienen und Wasserwegen trotzdem noch ist, zeigt die Analyse einer Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz des früheren Verkehrsministers Kurt Bodewig (SPD): Danach müsste der Bund jedes Jahr mehr als sieben Milliarden Euro zusätzlich investieren, um das Verkehrsnetz halbwegs in Schuss zu halten. Union und SPD dagegen feiern es bereits als Erfolg, dass sie die Mittel in den kommenden drei Jahren schrittweise von 10,5 auf 14 Milliarden anheben.
Dobrindt will auch die Sanierung von Brücken vorantreiben
Mit der Freigabe für die insgesamt 72 Bauvorhaben setzt Dobrindt eine Verabredung aus dem Koalitionsvertrag um. Anton Hofreiter, der Fraktionsvorsitzende der Grünen und früher selbst Verkehrspolitiker, wittert dahinter allerdings noch ganz andere Motive: „Dobrindt will mit dieser PR-Aktion von seinem Maut-Debakel ablenken.“ Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club wiederum stört sich daran, dass die Mittel komplett in den motorisierten Verkehr fließen und fordert ein 200-Millionen-Euro-Programm für den Bau von Radschnellwegen nach dem Vorbild der Niederlande, auf denen Radler zügig und ohne Stopps vorankommen.
Außerdem stockt Dobrindt sein Programm zur Sanierung maroder Brücken noch einmal auf – und zwar von einer Milliarde auf 1,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2018. Brücken seien die sensibelsten Punkte unserer Infrastruktur, sagt er und verspricht: „Jede Sanierungsmaßnahme einer Brücke, die Baurecht erhält, wird finanziert werden.“ Nach verschiedenen Schätzungen müssen mindestens 6000 der insgesamt 39000 Brücken auf den Fernstraßen saniert werden. Das bislang dafür eingeplante Geld allerdings reicht vermutlich nur für etwas mehr als 100 Brücken.