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Verkehrsminister: Warum Andreas Scheuer (vorerst) nicht um seinen Posten zittern muss

Verkehrsminister

Warum Andreas Scheuer (vorerst) nicht um seinen Posten zittern muss

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    Was bringt die Zukunft? Andreas Scheuer scheint entschlossen, um seinen Ministerposten zu kämpfen.
    Was bringt die Zukunft? Andreas Scheuer scheint entschlossen, um seinen Ministerposten zu kämpfen. Foto: M. Kappeler, dpa

    Worte können grausam sein, keine Worte auch. Als sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer Anfang der Woche im CSU-Vorstand zu Wort meldete, um seinen Kollegen zu schildern, welch großes Unrecht ihm in Berlin widerfahre, da reagierte der, auf den er jetzt seine ganze Hoffnung setzen muss, mit demonstrativem Schweigen. Parteichef Markus Söder, so berichten Teilnehmer, habe „erkennbar Desinteresse signalisiert“, während Scheuer „mit jedem Satz mehr ins Jammern gekommen“ sei. Sollte der angeschlagene Bundesverkehrsminister auf eine Geste der Solidarität gehofft haben, so wurde er enttäuscht. Der Aufmerksamkeitsgrad in der Sitzung sei „nicht spürbar erhöht“, der obligatorische Applaus „sehr zurückhaltend“ gewesen. Eine unmittelbare Reaktion auf Scheuer gab es nicht. Söder schwieg bis zuletzt, CSU-Generalsekretär Markus Blume erteilte dem nächsten Redner das Wort.

    Ein Parteistratege ist sicher: „Bis zum Sommer passiert nix“ mit Andreas Scheuer

    Wem so etwas im Parteivorstand der Christlich-Sozialen Union widerfährt, der kann wissen, dass seine Tage im Amt gezählt sind. Dennoch wird „der Andy“ sehr wahrscheinlich noch eine gute Weile Bundesverkehrsminister bleiben. „Bis zum Sommer passiert da gar nix“, behauptet ein alter Parteistratege und nennt auch gleich eine Reihe von Gründen. Der wichtigste ist rechtlicher Natur: Gegen den Willen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) könne ein Minister nicht ausgewechselt werden, und zwar selbst dann nicht, wenn die Parteichefs von CDU und CSU sich einig wären. Die Kanzlerin müsste mitwirken.

    Dass Annegret Kramp-Karrenbauer und Markus Söder die nötige politische Wucht aufbringen könnten, um Merkel, die „Großmeisterin des Aussitzens“, zum schnellen Handeln zu bewegen, glaubt in der CSU mittlerweile kaum mehr jemand. Söders mehr oder weniger unverblümte Vorstöße der vergangenen beiden Wochen sind vorerst ins Leere gelaufen. Selbst sein Hinweis, dass Bundesminister, die die Bürger nicht mehr überzeugen, auf Dauer nicht haltbar sind, werde zunächst keine Konsequenzen haben.

    Eine unkontrollierte Debatte um Andreas Scheuer soll vermieden werden

    Die Gefahr, in eine unkontrollierte Debatte über die Zukunft dieser Bundesregierung hineinzuschlittern, sei viel zu groß, und der mögliche Schaden für CDU und CSU unkalkulierbar. Wie sähe das auch aus, wenn die Union einen oder einen Teil ihrer Minister auswechselt, die Sozialdemokraten aber zu ihren Kabinettsmitgliedern stehen? Damit würde die Union doch nur ihre eigene Schwäche demonstrieren und der SPD geradezu den Ball auf den Elfmeterpunkt legen, um sich in der GroKo als Hort der Stabilität zu präsentieren.

    Die Angst vor unionsinternen Verwerfungen kommt hinzu. Die Frage nach der Kanzlerkandidatur hängt in der CDU in der Schwebe. Und in der CSU, so räumen führende Köpfe hinter vorgehaltener Hand ein, dränge sich „auch kein Superstar“ auf, der Scheuer oder gar Bundesinnenminister Horst Seehofer ablösen und der Regierung in Berlin neuen Glanz verleihen könnte. Die Gemengelage sei schwierig, heißt es aus der Landesgruppe. Und im Landtag in München spotten Parteikollegen, dass da am Ende wieder nur Landesgruppenchef Alexander Dobrindt als CSU-Verkehrsminister ran müsse. „Der könnte sich dann gleich für Scheuer in den Untersuchungsausschuss setzen“, schließlich sei er vor ihm Verkehrsminister und somit in führender Position am Maut-Debakel beteiligt gewesen.

    Mit einer schnellen Lösung, wie CSU-Chef Söder sie vielleicht im Sinn gehabt habe, sei somit nicht zu rechnen. Frühestens im Sommer, vielleicht sogar erst im Herbst seien Entscheidungen zu erwarten. Bis dahin müsse das Ziel sein, Druck aus dem Kessel zu nehmen.

    Nach dem Maut-Fiasko in der Abwärtsspirale

    Scheuer selbst hat es derzeit aber unheimlich schwer, nach dem Maut-Fiasko aus der Abwärtsspirale herauszukommen. Er dringt mit seinen Argumenten nicht durch. Es gibt Rechtsprofessoren, die sagen, dass er die Straßensteuer nach dem Beschluss des Bundestages nicht einfach ein halbes Jahr hätten stoppen können, um das Urteil der Europarichter anzuhören. Das wird auch in Teilen seiner CSU so gesehen. Der Rechnungshof ist ein harter Kritiker des Verkehrsministers, hatte aber jahrelang an der Maut nichts auszusetzen.

    Das Problem des Passauers ist, dass die Wähler den Glauben an ihn verloren haben. Über 70 Prozent der Bayern wollen, dass er als Minister gehen muss, wie eine Umfrage für unsere Redaktion ergeben hat. Es ist nicht so, dass das Scheuer kalt lässt. Hatte er vor der schmerzhaften Schlappe immer einen Spruch auf den Lippen, auch wenn es nicht lief, ist er jetzt um Fassung bemüht.

    Aufgesteckt hat der 45-Jährige noch nicht

    Aber aufgesteckt hat der 45-Jährige noch nicht. Er könnte natürlich auch selbst zurücktreten, um Schaden von der Partei zu nehmen – wie man das als Politiker in solchen Fällen gerne sagt. Aber Scheuer will durchhalten. „Im Leben, egal ob privat oder beruflich, gibt es auch härtere Zeiten. Da muss man sich auch wieder rauskämpfen“, sagte Scheuer unserer Redaktion. Er mache keine Politik für Umfragen. „Ich bin Verkehrsminister, weil ich was bewegen will.“

    Dazu gehört eine Reform der Deutschen Bahn, damit die zugesagten Milliarden für die Schiene nicht im Firmengeflecht des Staatskonzerns versickern. Für das Frühjahr hat der angeschlagene Verkehrsminister zu einer großen Konferenz geladen. Wie es jetzt ausschaut, kann er das Projekt Bahnreform zumindest anpacken. Es wäre sein eigenes. Die Maut hat er geerbt. Wie weit er kommt, hängt von Markus Söder ab.

    Lesen Sie dazu auch: Darum muss Söder Seehofer und Scheuer auswechseln

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