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Verkehr: EU-Kommission läuft Sturm gegen die Pkw-Maut

Verkehr

EU-Kommission läuft Sturm gegen die Pkw-Maut

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    Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) muss sich Kritik von der EU-Kommissarin für Verkehr, Violetta Bulc, Kritik anhören. Sie sieht in der PKW-Maut einen "Rechtsbruch".
    Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) muss sich Kritik von der EU-Kommissarin für Verkehr, Violetta Bulc, Kritik anhören. Sie sieht in der PKW-Maut einen "Rechtsbruch". Foto: Daniel Naupold, dpa

    Wenn das Bundeskabinett morgen die deutsche Pkw-Maut beschließt, droht ein heftiger Streit mit der Brüsseler EU-Kommission mit offenem Ausgang. Wie am Montag bekannt wurde, droht die Verkehr, Violeta Bulc, in einem Schreiben an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt mit einem Stopp der Pläne. Was sich der CSU-Politiker ausgedacht habe, „würde auf einen Bruch des fundamentalen Vertragsprinzips der Nicht-Diskriminierung hinauslaufen“, heißt es in dem unserer Zeitung vorliegenden Schreiben.

    Am Ende könnte eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof stehen

    Zwar kann die Europäische Kommission nicht in den laufenden Gesetzgebungsprozess eines Mitgliedstaates eingreifen oder gar die geplante Maut aussetzen. Berlin muss aber damit rechnen, dass die EU unmittelbar nach dem Beschluss des Bundestages ein Vertragsverletzungsverfahren in Gang setzt, an dessen Ende eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof steht.

    Mautkosten in Europa

    Autofahrer werden in vielen europäischen Ländern auf Autobahnen zur Kasse gebeten. Die Systeme sind unterschiedlich. Einige Beispiele:

    FRANKREICH: Die Autobahnen sind von einigen Ausnahmen abgesehen gebührenpflichtig. Der Tarif hängt von der gefahrenen Strecke ab. So fällt beispielsweise für die 465 Kilometer von Paris nach Lyon für Autos eine Maut von etwa 33 Euro an.

    ITALIEN: Fast alle Autobahnen sind mautpflichtig. Auch hier richtet sich der Preis nach der Entfernung. Die 450 Kilometer lange Strecke von Rom nach Bari kostet etwa 33 Euro.

    ÖSTERREICH: Eine Jahresvignette kostet für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen rund 83 Euro, zwei Monate schlagen mit etwa 25 Euro zu Buche, zehn Tage kosten 8,50 Euro.

    SCHWEIZ: Für die Jahresvignette für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen werden 33 Euro fällig.

    SLOWAKEI: Für zehn Tage kostet die Vignette für Autos 10 Euro, für einen Monat 14 und ein Jahr 50 Euro.

    SLOWENIEN: Eine Sieben-Tage-Vignette ist für 15 Euro erhältlich, für einen Monat kostet sie 30 und für ein Jahr 110 Euro.

    DEUTSCHLAND: Im März 2015 hat der Bundestag die Pkw-Maut für deutsche Autobahnen und Bundesstraßen beschlossen. Ausländer können entweder eine Zehn-Tages-Vignette oder eine Zwei-Monats-Vignette erwerben. Die Preise liegen - je nach Gültigkeitsdauer und Motorgröße sowie Schadstoffausstoß - zwischen fünf und 30 Euro. Für in Deutschland registrierte Fahrzeuge wird ein jährlicher Betrag erhoben, der sich auf maximal 130 Euro beläuft.

    Verkehrskommissarin Bulc nennt in ihrem Brief an Dobrindt zwei Kritikpunkte: Zum einen würden deutsche Autofahrer durch die Anrechnung der Maut bei der Kfz-Steuer bevorteilt. Dies führe zu einer „indirekten Diskriminierung“ von EU-Ausländern. Zum zweiten seien die geplanten Kurzeit-Vignetten mit 22 Euro für zwei Monate und zehn Euro für zehn Tage zu teuer. „Insbesondere Fahrer von Autos mit kleineren Motoren zahlen einen unverhältnismäßigen Preis für Kurzzeit-Vignetten im Vergleich zu Jahres-Vignetten“, kritisiert Bulc.

    Dobrindt erwidert: keine höhere Belastung für EU-Ausländer als für Inländer

    CSU-Minister Dobrindt wies die Bedenken zurück: EU-Ausländer hätten keine höhere Belastung zu tragen als Inländer, betonte er in einer Antwort an die EU-Kommissarin. „An unserem Zeitplan ändert das nichts“, betonte Dobrindt. Der Entwurf werde wie geplant im Bundeskabinett beschlossen. Auch der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber kritisierte das Vorgehen der EU-Kommisarin: „Ich bin überrascht, dass die Kommission Punkte kritisiert, die seit Monaten bekannt sind“, sagte der schwäbische CSU-Bezirksvorsitzende unserer Zeitung. „Hier findet eher ein politisches Spiel als eine sachliche Auseinandersetzung statt“, fügte Ferber hinzu. „Die Kritik von Frau Bulc wäre glaubwürdiger, wenn sie mit gleichem Engagement die Mautsysteme Österreichs und Sloweniens überprüfen würde.“ Wer in diesen Ländern eine Vignette für nur wenige Tage benötige, zahle im Verhältnis deutlich mehr, als wenn er ein Monats- oder Jahresticket für die Schnellstraßen kaufe.

    Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel stellte sich hinter die Maut-Pläne seines CSU-Ministerkollegen. Er gehe davon aus, dass der Dobrindt-Vorschlag alle Bedingungen aus dem Koalitionsvertrag erfüllt, sagte der Wirtschaftsminister. Seine Europarechtsabteilung sei zu dem Schluss gekommen, dass das Maut-Konzept mit Europarecht vereinbar sei. „Wenn das so ist, werden wir das so im Kabinett beschließen“, sagte Gabriel. Die Opposition forderte von Kanzlerin Angela Merkel, das Projekt aufzugeben.

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