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Verhandlungen in Brüssel: Europas Banken werden krisensicher gemacht

Verhandlungen in Brüssel

Europas Banken werden krisensicher gemacht

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    Kanzlerin Merkel auf dem EU-Gipfel in Brüssel.
    Kanzlerin Merkel auf dem EU-Gipfel in Brüssel.

    Die EU-Staats- und Regierungschefs einigten sich am  Mittwoch in Brüssel auf die Rekapitalisierung aller systemrelevanten Banken, um sie gegen  eine Zuspitzung der Schuldenkrise zu rüsten.  Bis Juni kommenden Jahres müssen sie ihre Kernkapitalquote auf neun  Prozent verstärken, notfalls springt dafür der Rettungsfonds EFSF  ein. Ob in der Nacht zum Donnerstag auch noch der wichtigste Schritt  gelingen würde, ein Haircut von 50 Prozent für die griechische  Schuldenlast, stand in den Sternen.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte das Ziel am Morgen in Berlin vorgegeben: Athens Gesamtverschuldung müsse auf 120 Prozent gedrückt  werden. Und laut der Troika-Analyse müsste der Privatsektor dafür  auf die Hälfte seiner Forderungen verzichten. Bis zum Abend aber  waren die Verhandlungen mit den Banken verhakt, weil diese auf eine  hohe Absicherung neuer Papiere pochen und nicht zum  50-Prozent-Haircut bereit scheinen. "Die Arbeit ist noch nicht getan", dämpfte Bundeskanzlerin

    "Der Zeitpunkt ist gekommen, die Unsicherheit zu überwinden, ein neues Kapitel aufzuschlagen und einen großen Schritt für ein  sicheres Europa zu machen", forderte deswegen der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou. Und beteuerte, die Hellenen  unternähmen "übermenschliche Anstrengungen", um ihr Haus in Ordnung zu bringen. Merkel scheint für die Rettung der Griechen zur Konfrontation mit den Banken bereit. Ziel des Gipfels müsse die Minderung des  griechischen Schuldenberges auf 120 Prozent bis zum Jahr 2020 sein,  sagte sie. Das werde nicht ohne einen  erheblich höheren Beitrag des  Privatsektors funktionieren. Banken und Fonds halten noch gut 200 Milliarden Euro an griechischen Staatsanleihen, die  Gesamtschuldenlast der Hellenen beträgt  rund 340 Milliarden Euro. Der Athener Finanzminister Evangelos Venizelos präsentierte kurz vor  dem Gipfel ein Modell für den Schuldenschnitt. Demnach sollen die  Banken 15 Prozent ihrer  Anleihen ausbezahlt bekommen, 35 weitere Prozent sollten in neue Anleihen umgetauscht werden, der Rest würde verfallen.

    Glatter Umtausch der Anleihen bevorzugt

    In Verhandlungskreisen in Brüssel wurde das Vorgehen aber als "unwahrscheinlich" bezeichnet, weil es noch zu teuer für  Griechenland und die Europartner wäre. Bevorzugt werde ein glatter  Umtausch der Anleihen mit 50-prozentigem Wertverlust gegen neue Anleihen, die vom Rettungsfonds EFSF ausgegeben werden sollen. Der Schuldenschnitt für Athen ist der härteste Brocken für den  Euro-Gipfel. Eine der Großbaustellen konnte schon vom EU-Gipfel  abgeräumt werden, die vor dem Euro-Spitzentreffen zusammengekommen war: Die Regeln für die Bankenrekapitalisierung  wurden endgültig  festgelegt. Geschehen soll dies in drei Schritten: Erst über den Markt, dann über die Regierungen - und wenn diese dadurch  überfordert wären - durch  Kredite des Eurorettungsfonds EFSF.

    Für Deutschland gehen Experten von einem Rekapitalisierungsbedarf von sechs Milliarden Euro aus, den fast alle Banken decken können. Für diejenigen, die es nicht schaffen, kann der Bankenschirm  Soffin  reaktiviert werden. In der Zeit, in der die Banken ihre Kapitalpuffer ausbauen, sollen sie keine Boni und Dividenden  auszahlen. Über die dritte Baustellen wurde in der Nacht auch noch weiter  verhandelt: Den Hebel für den EFSF, für den Merkel am Nachmittag die  klare Rückendeckung des Bundestages erhalten hatte. Die Feuerkraft des Fonds müsse auf "ein gutes Stück  oberhalb einer Billion Euro" gepuscht werden, sagte der belgische Regierungschef Yves Leterme.

    Der Plan: Der Fonds wird als Teilkaskoversicherung eingesetzt, indem er 20 Prozent von neuen Anleihen absichert. Nach Abzug der für  Irland, Portugal und Griechenland verplanten Mittel bleiben dem EFSF  noch 250 bis 270 Milliarden Euro zum Einsatz für die Versicherung.  Damit könnte die Feuerkraft für Anleihenkäufe auf ein Maximalvolumen von 1,35 Billionen Euro hochgetrieben werden.  Allerdings ist offen,  ob sich potenzielle Anleger auf das Modell wirklich einlassen. Mit einer positiven Nachricht konnte der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi nach Brüssel reisen. Er  hatte kurz zuvor die Zustimmung seiner Koalition für eine Anhebung des  Rentenalters erhalten. Den Staats- und Regierungschefs wollte er ein  15 Seiten langes Streich- und Reformprogramm auf den Tisch legen, um  sie von seinem Handlungswillen zu überzeugen. Das haben die  Europartner zur Bedingung gemacht, um das Gesamtpaket zur Eindämmung der Schuldenkrise auf den Weg zu bringen. dapd

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