Die Bundesregierung bemüht sich um die Ausreise der im Gefängnis schwer erkrankten ukrainischen Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko. Sie soll zur Pflege nach Deutschland geholt werden. Das bestätigte eine Regierungssprecherin in Berlin am Samstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Die Berliner Charité, deren Ärzte die Oppositionsführerin in der Ex-Sowjetrepublik bereits untersucht hatten, bestätigte ebenfalls Gespräche mit Kiew. Die Ukraine kündigte eine Prüfung der Angelegenheit an. Die Strafprozessordnung sehe derzeit eine Behandlung im Ausland nicht vor, sagte Vize-Generalstaatsanwalt Renat Kusmin nach Angaben Kiewer Medien.
Keine Ungleichbehandlung von Strafgefangenen
Die Ukraine habe zugesagt, die rechtlichen Voraussetzungen für eine mögliche Pflege von Timoschenko im Ausland schaffen zu wollen, berichtete die Süddeutsche Zeitung am Samstag. Kiewer Medien sagte Kusmin, sein Land wolle Ungleichbehandlung vermeiden. Es gebe etwa 150 ukrainische Häftlinge, die über die gleichen Beschwerden klagten wie die 51-Jährige. "Einige fragen, ob sie mit Timoschenko nach Deutschland fahren können. Falls die deutsche Klinik bereit ist, alle Häftlinge aufzunehmen, würde die Lage sich von selbst klären", sagte der Vize-Generalstaatsanwalt.
Timoschenko leidet unter starken Rückenschmerzen
Timoschenko war im Februar von Charité-Leiter Karl Max Einhäupl und dem Orthopäden Norbert Haas untersucht worden. Beide sagten, dass die Politikerin im Gefängnis in Charkow nicht behandelt werden kann. Seit Monaten klagt die Führerin der prowestlichen Orangenen Revolution von 2004 über starke Rückenschmerzen. Nach Angaben ihrer Tochter Jewgenija leidet sie an einem Bandscheibenvorfall. In Gesprächen mit der Administration von Präsident Viktor Janukowitsch bot das Bundeskanzleramt laut "SZ" eine Therapie in der Charité an.
"Die Bundesregierung führt Gespräche mit der Regierung der Ukraine, um Timoschenko eine medizinische Behandlung in Deutschland zu ermöglichen", bestätigte eine Regierungssprecherin. Die Charité-Sprecherin sagte zu dem Zeitungsbericht: "Es gibt Gespräche in dieser Richtung zwischen der Charité und der ukrainischen Seite." Über Verlauf und zeitlichen Horizont wollte sie keine Angaben machen.
Kiew hofft auf Assoziierungsabkommen
Timoschenko war 2011 wegen eines angeblich für die Ukraine ungünstigen Gasvertrags mit Russland zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Im Westen gilt der Fall als politisch motiviert. Die Führung in Kiew hofft auf Unterzeichnung eines am Freitag paraphierten Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union und muss Kritik während der Fußball-Europameisterschaft im Juni fürchten. Beides wird als möglicher Anreiz für ein Entgegenkommen der Ukraine gesehen. dpa