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Verfassungsschutzbericht 2013: Verfassungsschützer zählen in Deutschland fast 100.000 Extremisten

Verfassungsschutzbericht 2013

Verfassungsschützer zählen in Deutschland fast 100.000 Extremisten

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    Extremisten in Deutschland verfolgen ihre Ziele immer häufiger mit Gewalt: Dies ist einer der Kernbefunde des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2013, den Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen am Mittwoch vorstellten.

    Wie viele Extremisten gibt es in Deutschland?

    Der Verfassungsschutz schätzt ihre Zahl auf etwas unter 100.000. Er rechnet gut 43.500 Menschen dem radikalislamischen Spektrum zu, 27.700 dem Linksextremismus und 21.700 dem rechtsextremen Milieu. Nicht alle Extremisten sind gewaltbereit: Der

    Welche tatsächlichen Straftaten begehen Extremisten?

    Die deutschen Sicherheitsbehörden

    In Deutschland sind mehrere dem Bundesinnenministerium unterstellte Behörden für die öffentliche Sicherheit und die Abwehr von Gefahren zuständig:

    Das BUNDESKRIMINALAMT (BKA) ist Deutschlands zentrale Polizeibehörde. Weil Polizei Ländersache ist, koordiniert das 1951 gegründete BKA den Kampf gegen die Kriminalität auf nationaler Ebene. Selbstständig ermittelt das BKA, wenn es grenzüberschreitend um Terrorismus, Falschgeld, Drogen oder illegalen Waffenhandel geht. Es hält Kontakte der deutschen Polizei ins Ausland und gehört zu Interpol. Die Behörde hat gut 5500 Mitarbeiter an den Standorten Wiesbaden, Berlin und Meckenheim bei Bonn. Auch der Schutz von Bundespräsident, Bundesregierung und Bundestag ist Aufgabe des BKA.

    Die BUNDESPOLIZEI (BPol) mit Sitz in Potsdam ist hauptsächlich für den Grenzschutz sowie die Bahn- und Flughafensicherheit zuständig. Von den rund 40 000 Beschäftigten sind 32 000 Polizeivollzugsbeamte. Die 1951 als Bundesgrenzschutz gegründete Bundespolizei darf auch im Ausland für polizeiliche oder andere nichtmilitärische Aufgaben eingesetzt werden. Eine Einheit der Bundespolizei ist die GSG 9 zur Bekämpfung von Terrorismus und schwerster Gewaltkriminalität.

    Das BUNDESAMT FÜR VERFASSUNGSSCHUTZ (BfV) mit Sitz in Köln hat seit 1950 die innere Sicherheit im Blick. Zudem erstellt der Inlandsgeheimdienst jedes Jahr einen Verfassungsschutzbericht. Dieser befasst sich unter anderem mit Links- und Rechtsextremisten sowie Islamisten. Die bis zu 2700 Mitarbeiter des BfV gewinnen einen Großteil ihrer Informationen aus sogenannten offenen Quellen - von der Zeitung bis zu öffentlichen Veranstaltungen. Verfassungsschützer haben keine polizeilichen Befugnisse. In Deutschland ist der Verfassungsschutz nicht zentralisiert. Das BfV ist für den Bund zuständig, daneben hat jedes der 16 Bundesländer eine eigene Verfassungsschutzbehörde. Das BfV ist gegenüber diesen Länder-Ämtern nicht weisungsbefugt.

    dpa, Stand: August 2012

    Die Zahl der Extremisten stagniert weitgehend, ihre Taten werden aber immer gewalttätiger. Rund 16.560 Straftaten wurden 2013 als rechtsextremistisch eingestuft. Davon waren mehr als 80 Prozent so genannte Propagandadelikte wie etwa Volksverhetzung. Besonders auffällig ist die Zunahme fremdenfeindlicher Gewalttaten um 20,4 Prozent auf 473 Taten. Als "Kristallisationspunkte" für solche Taten dient laut Verfassungsschutz oftmals der Unmut über die steigende Zahl der Asylbewerber. Knapp 4500 Straftaten wurden als linksextrem motiviert eingestuft, die größte Gruppe bildeten dabei Sachbeschädigungen. Die Zahl linksextrem motivierter Gewalttaten stieg stark um 26,7 Prozent auf 1110. Sie richteten sich oft gegen Polizeibeamte.

    Wie hoch ist das Risiko eines Terroranschlags?

    Von konkreten Anschlagsplänen wissen die Verfassungsschützer nach eigenen Angaben derzeit nichts. Das theoretische Risiko eines radikalislamisch motivierten Anschlags schätzen sie aber als ziemlich hoch ein. Im Visier haben sie vor allem junge Islamisten, die als Kämpfer nach Syrien gehen und von dort radikalisiert nach Deutschland zurückkehren. Der Anschlag eines französischen

    Was wissen die Verfassungshüter über die Gedankenwelt der Extremisten?

    Das ist Salafismus

    Salafisten wollen Staat, Rechtsordnung und Gesellschaft nach mittelalterlichen Regeln umgestalten. Sie sehen sich als Verfechter eines unverfälschten Islams, lehnen Reformen ab und betreiben die Errichtung eines islamistischen Gottesstaates.

    Das Bundesamt für Verfassungsschutz bezifferte die Zahl radikal-islamistischer Salafisten in Deutschland bis Ende Oktober 2016 auf 9200. Es radikalisieren sich dabei immer mehr junge Menschen.

    Motor der Radikalisierung ist oft das Internet. Eine autoritäre Erziehung, innerfamiliäre Gewalt und soziale Unsicherheit verstärken Studien zufolge die Bereitschaft junger Menschen, selbst gewalttätig zu werden und sich von Islamisten vereinnahmen zu lassen.

    In der rechtsextremen Szene beobachten die Verfassungsschützer "im hohen Maße irrational argumentierende, von Gewaltphantasien und apokalyptischen Bildern geprägte Personen", wie es in dem Jahresbericht heißt. Gedankliche Grundlage von Linksextremen sei "die Ablehnung des Kapitalismus, den Linksextremisten mit unserer gesamten Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung gleichsetzen". Gewalttaten gegen Polizisten "gelten im linksextremistischen Spektrum als legitim und werden weitgehend akzeptiert". Im Islamismus beobachten die Verfassungshüter ein buntes Spektrum an Richtungen: "Allen Ausprägungen gemeinsam ist der Missbrauch der Religion für politische Ziele."

    Welche Rolle spielt das Internet?

    Ohne Internet wären die Aktivitäten der Extremisten in heutiger Form gar nicht mehr denkbar. Das Internet garantiere "eine schnelle Verbreitung und enorme Reichweite mit weitgehenden Gestaltungsfreiheiten", heißt es im Verfassungsschutzbericht. Islamisten nutzten das Netz zur Mobilisierung und Rekrutierung. Syrien-Kämpfer berichten demnach fast in Echtzeit über Facebook und andere Plattformen etwa über Kampferlebnisse in Syrien und locken damit Nachahmer an. Rechtsextreme benutzten das Netz derzeit häufig für massive Kampagnen gegen Asylbewerber. Linksextreme seien über Internetplattformen vernetzt und etablierten dort eine antikapitalistische Gegenöffentlichkeit.

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