Der Verfassungsschutz hat brisante Akten über die Zwickauer Terrorzelle NSU vernichtet – kurz nachdem die Mordserie bekannt wurde. Ein Vertreter des Bundesinnenministeriums bestätigte das gestern vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Der Bundesverfassungsschutz leitete daraufhin eine interne Untersuchung ein.
Bundesverfassungsschutz: Disziplinarverfahren gegen Referatsleiter
Gegen einen Referatsleiter wurde ein Disziplinarverfahren in Gang gesetzt. Der Beamte müsse erklären, warum er im November 2011 die Anweisung zur Vernichtung von sieben Akten mit Informationen über thüringische Rechtsextremisten gegeben habe. Bei der „Operation Rennsteig“ zwischen 1997 und 2003 ging es um den Einsatz von V-Leuten im Umfeld des Thüringer Heimatschutzes. Die Akten enthielten aber, so heißt es, keinerlei Hinweis auf das NSU-Mördertrio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) drängte auf rasche Aufklärung der Aktenvernichtung. Er habe den Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes, Heinz Fromm, aufgefordert, „diesen Vorfall lückenlos aufzuklären“. Die Aktenvernichtung löste im Untersuchungsausschuss quer durch die Parteien Empörung aus.
Ermittlungspannen ebnen Neonazidatei den Weg
Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamtes, räumte vor dem Ausschuss ein Versagen bei den Ermittlungen zu der Mordserie ein. Er bedaure, dass die Sicherheitsbehörden nicht ihrer Schutzfunktion gegenüber den Bürgern nachgekommen seien, sagte er. „Wir haben versagt.“ Als Konsequenz aus den Ermittlungspannen beschloss der Bundestag eine zentrale Neonazidatei. In ihr sollen Informationen über gewaltbereite Rechtsextreme gebündelt werden. Union, FDP und SPD stimmten für das Gesetz, das den Aufbau der Verbunddatei vorsieht. Verfassungsschutz, Polizei und Militärischer Abschirmdienst sollen ihre Informationen in diese Datei einspeisen und so ihre Ermittlungsergebnisse austauschen. Grüne und Linke stimmten gegen das neue Gesetz. afp und dpa