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Vereinte Nationen: Gerd Müller kandidiert für UN-Spitzenjob

Vereinte Nationen

Gerd Müller kandidiert für UN-Spitzenjob

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    Auch nach seinem Rückzug aus dem Bundeskabniett will Gerd Müller Entwicklungspolitik betreiben.
    Auch nach seinem Rückzug aus dem Bundeskabniett will Gerd Müller Entwicklungspolitik betreiben. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Als Gerd Müller vor einigen Wochen seinen Abschied von der großen politischen Bühne ankündigte, geschah etwas Ungewöhnliches. Aus den salbungsvollen Dankesworten, die das Ende politischer Karrieren selbst dann orchestrieren, wenn in Wahrheit alle eigentlich ganz froh sind, dass der Hochgelobte endlich das Feld räumt, sprach echtes Bedauern. Als Entwicklungsminister hatte sich der CSU-Mann aus dem Allgäu parteiübergreifend Respekt erarbeitet. Doch die politischen Nachrufe waren möglicherweise verfrüht. Müller hat gute Chancen, UN-Generaldirektor zu werden.

    Es geht nicht um einen Versorgungsposten

    Die Bundesregierung schickt den 65-Jährigen als deutschen Kandidaten für die Leitung der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (Unido) ins Rennen. Häufig haben solche Nominierungen ja einen Beigeschmack. Dann ist von Versorgungsposten für altgediente Spitzenpolitiker die Rede, von einer gut dotierten Anschlussverwendung, bei der die fachliche Qualifikation nicht unbedingt das Hauptargument gewesen ist.

    Im Fall von Gerd Müller liegen die Dinge ein bisschen anders. Erstens hatte er schon im September aus freien Stücken bekannt gegeben, dass er nicht mehr für den Bundestag kandidieren wird. Er muss also gar nicht weggelobt werden. Und zweitens könnte er mit dem Wechsel von Berlin nach Wien auf anderer Ebene das fortsetzen, was er in den vergangenen Jahren mit viel Herzblut begonnen hat – als eine Art Entwicklungsminister der Vereinten Nationen.

    Es gibt weitere Bewerber für das Amt

    „Es ist ehrenvoll, als offizieller Kandidat Deutschlands, aufgrund meiner Erfahrung, für die UN-Organisation vorgeschlagen zu werden“, sagt Müller im Gespräch mit unserer Redaktion. Er wäre der erste Deutsche in diesem Amt. Ob er im November 2021 tatsächlich zum Nachfolger des Chinesen Li Yong gewählt wird, ist allerdings noch offen. „Es gibt weitere starke Bewerber“, betont er selbst. Dank der Rückendeckung der Bundeskanzlerin gehört Müller aber sicherlich zu den Favoriten. Als Minister arbeitet er schon jetzt eng mit der Organisation zusammen, die er künftig leiten könnte. Die Unido bezeichnet er als „wichtigen Partner Deutschlands“, wenn es darum geht, die Perspektiven in armen Ländern zu verbessern.

    Kein Politiker, der nur am Schreibtisch entscheidet

    Seit er 2013 Entwicklungsminister wurde, hat der gebürtige Krumbacher viele dieser Länder und Krisengebiete selbst besucht. Leid, Ungerechtigkeit und die ohnmächtige Wut der Menschen, die er dort traf, wurden seine ständigen Begleiter. Wenn er etwa in brasilianischen Slums oder im Flüchtlingslager von Moria unterwegs war. Für Politiker, die glauben, auf solche Erfahrungen verzichten und ihre Entscheidungen genauso gut vom Schreibtisch aus treffen zu können, hat er wenig Verständnis. Er fragt sie dann gerne, ob sie schon mal in dem Land waren, über das sie da gerade sprechen. Doch es geht ihm nicht darum, seine Kollegen vorzuführen. Er will ein Bewusstsein dafür schaffen, dass der Blick auf die Welt ein ganz anderer sein kann, wenn man durch die Augen der Betroffenen schaut.

    Müller wirkte in der CSU oft wie ein einsamer Rufer

    Gerade in der CSU wirkte Müller mit dieser Einstellung häufig wie ein einsamer Rufer. Einer von denen, die das Christliche und Soziale im Parteinamen wortwörtlich meinen. Etwa, wenn es darum ging, eine Strategie zu entwickeln, wie man die Flüchtlingskrise dauerhaft in den Griff bekommen könnte. Als seine Parteifreunde Horst Seehofer und Markus Söder noch von der „Herrschaft des Unrechts“ oder „Asyltourismus“ sprachen, arbeitete Müller schon seit Jahren daran, die Ursachen zu bekämpfen, die so viele Millionen Menschen weltweit in die Flucht treiben. Er ist felsenfest davon überzeugt, dass nicht Obergrenzen, Zäune oder die Gefahr, im Mittelmeer zu ertrinken, diese Leute davon abhalten werden, sich irgendwie nach Europa durchzuschlagen, sondern nur bessere Lebensbedingungen und Zukunftsaussichten in ihrer Heimat. Als Entwicklungsminister hat er genau daran gearbeitet. Doch seine Mission ist noch nicht zu Ende.

    Lesen Sie dazu auch: Ulrichspreis: Sie tun das, was Gerd Müller fordert

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