Die Vereidigung von Joe Biden als 46. US-Präsident wird am Mittwochmittag (Ortszeit) das Ende der turbulenten Amtszeit von Donald Trump besiegeln. Trump will das Weiße Haus bereits früh am Morgen verlassen und als erster Präsident seit Andrew Johnson im Jahr 1869 der Amtseinführung seines Nachfolgers vor dem Kapitol in Washington fernbleiben.
Trump wünschte der neuen Regierung in einer am Dienstag veröffentlichten Videobotschaft an die Nation Erfolg - ohne Biden beim Namen zu nennen. Der gedachte am Abend vor seiner Amtseinführung mit der künftigen Vizepräsidentin Kamala Harris im Herzen der Hauptstadt der mehr als 400.000 Corona-Toten im Land.
Die Machtübergabe in den USA wird angesichts ihrer beispiellosen Begleitumstände in die Geschichte eingehen: Wegen der Corona-Pandemie gibt es für Biden zum einen kein Massenpublikum. Die Erstürmung des Kapitols durch gewalttätige Trump-Anhänger vor zwei Wochen hat die Behörden zudem zu erheblich verschärften Sicherheitsvorkehrungen veranlasst. Weite Teile der US-Hauptstadt sind abgeriegelt. Die Polizei wird nach Pentagon-Angaben von rund 25.000 Soldaten der Nationalgarde unterstützt.
Barack Obama, George W. Bush und Bill Clinton nehmen an der Amtseinführung von Joe Biden Teil, Trump bleibt fern
Die USA hätten keine Zeit zu verlieren, wenn es darum gehe, die Krisen anzupacken, denen die Nation gegenüberstehe, schrieb Biden am Dienstagabend (Ortszeit) auf Twitter. "Deshalb werde ich mich nach meiner Vereidigung morgen gleich an die Arbeit machen." Biden verbrachte die Nacht in Washington unweit des Weißen Hauses. Bei seinem Abschied aus seinem Heimatbundesstaat Delaware war er sichtlich bewegt.
Die ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama, George W. Bush und Bill Clinton haben ihre Teilnahme an Bidens Amtseinführung zugesagt. Mit ihnen wollte Biden im Anschluss einen Kranz am Grab des unbekannten Soldaten am Nationalfriedhof im nahe gelegenen Arlington ablegen. Wegen der Corona-Pandemie fällt die traditionelle Ballnacht am Tag der Amtseinführung aus, stattdessen ist eine virtuelle Feier geplant.
Auch Trumps Stellvertreter Mike Pence hat seine Teilnahme an der Zeremonie zur Amtseinführung angekündigt. Zur geplanten Abschiedszeremonie von Trump am Militärflughafen Andrews bei Washington dagegen wollte er nicht kommen, wie aus dem vom Weißen Haus veröffentlichten Programm von Pence für Mittwoch hervorging. Trump will im Anschluss nach Florida fliegen. Zwischen dem Präsidenten und seinem Vize war es zum Schluss zum Bruch gekommen.
Abschiedsrede: Donald Trump lobt seine Arbeit als Präsident
In seiner Abschiedsrede sagte Trump: "In dieser Woche führen wir eine neue Regierung ins Amt ein und beten für ihren Erfolg, damit Amerika sicher und wohlhabend bleibt." Er lobte seine Arbeit als Präsident und sagte an die Adresse der neuen Regierung: "Die Welt respektiert uns wieder. Bitte verlieren Sie diesen Respekt nicht." Seine Regierung habe ihre Ziele erfüllt und die Stärke Amerikas zu Hause und im Ausland wieder hergestellt.
Über Wochen hatte Trump mit äußerst fragwürdigen Methoden versucht, Bidens Sieg bei der Wahl am 3. November nachträglich zu kippen. Sein Widerstand gegen seine Niederlage gipfelte vor knapp zwei Wochen in dem Angriff seiner Anhänger auf das Kapitol, wodurch die Zertifizierung der Wahlergebnisse unterbrochen werden musste. Zuvor hatte Trump seine Unterstützer bei einer Kundgebung aufgestachelt. In seiner Videobotschaft sagte Trump nun: "Politische Gewalt ist ein Angriff auf alles, was wir als Amerikaner wertschätzen. Sie kann niemals toleriert werden."
Trump begnadigt Steve Bannon
Unmittelbar vor dem Ende seiner Amtszeit als US-Präsident hat Donald Trump Medienberichten zufolge seinen einstigen Chefstrategen Steve Bannon begnadigt. Das berichteten die New York Times und die Washington Post in der Nacht zum Mittwoch (Ortszeit) unter Berufung auf Mitarbeiter des Weißen Hauses. Eine offizielle Bestätigung aus dem Weißen Haus lag zunächst nicht vor. Der Sender CNN hatte zuvor gemeldet, Trump habe in den letzten Stunden seiner Amtszeit die Entscheidung getroffen, Bannon zu begnadigen.
Bannon ist Mitgründer der Internetplattform Breitbart und gehört zu den einflussreichsten Stimmen im ultra-konservativen Lager der US-Politik. Er war im Sommer festgenommen worden wegen Vorwürfen, Geld aus einer Online-Spendenaktion für den Bau einer Mauer zu Mexiko abgezweigt zu haben. Bannon plädierte auf nicht schuldig und wurde gegen Kaution freigelassen. Er stellt sich als Opfer politischer Verfolgung dar. Das Gerichtsverfahren in dem Fall sollte im Mai 2021 beginnen.
Bannon war 2016 zu Trumps Team gestoßen und übernahm die Leitung des Wahlkampfs. Dem 67-Jährigen wird ein maßgeblicher Anteil am damals überraschenden Erfolg Trumps zugeschrieben. Nach dem Wahlsieg wurde Bannon Trumps Chefstratege, musste aber 2017 seinen Hut nehmen. Kritiker werfen Trump vor, vom Begnadigungsbefugnis insbesondere für ihm nahe stehende Personen Gebrauch gemacht zu haben. Kurz vor Weihnachten hatte er bereits mehrere loyale Weggefährten begnadigt, darunter den einstigen Leiter seines Wahlkampfteams, Paul Manafort.
Joe Biden gedenkt der Corona-Toten in den USA
Nach dem Angriff auf das Kapitol war es einsam um den Präsidenten geworden. Auch einige Parteikollegen distanzierten sich von Trump - wie der Top-Republikaner Mitch McConnell. McConnell will am Mittwoch kurz vor der Amtseinführung mit Biden an einem Gottesdienst teilnehmen. Biden hat versprochen, das tief gespaltene Land zu einen - eine Mammutaufgabe angesichts der Ereignisse der vergangenen Wochen. Biden dürfte bei seiner Ansprache nach der Vereidigung die Amerikaner zur Einheit aufrufen, wie er es in den vergangenen Monaten immer wieder gemacht hat.
Thema werden dürfte auch die Corona-Pandemie, die Biden in den Griff kriegen will. Am Vorabend seiner Vereidigung ging es Biden darum, Trost zu spenden. In Gedenken an die Opfer wurden 400 Lichter entlang des Reflexionsbeckens am Lincoln Memorial in Washington entzündet. "Um zu heilen, müssen wir uns erinnern", sagte Biden bei der Zeremonie. Harris sagte, die Amerikaner hätten über viele Monate alleine getrauert. An diesem Abend trauere die Nation zusammen. Sie hoffe, dass das Land mit der Erkenntnis aus der Krise hervorgehe, die einfachen Momente mehr wertzuschätzen und sich füreinander zu öffnen.
Am Dienstag hatten die Vereinigten Staaten in der Corona-Krise einen weiteren düsteren Meilenstein überschritten: Mehr als 400 000 Menschen sind dort seit Beginn der Pandemie nach einer Infektion mit dem Erreger Sars-CoV-2 gestorben. In den vergangenen fünf Wochen wurden allein 100.000 Tote verzeichnet. In absoluten Zahlen gemessen sind die USA das Land mit den meisten nachgewiesenen Ansteckungen und Todesfällen. Biden hat die Eindämmung der Pandemie zu einer der wichtigsten Prioritäten seiner künftigen Regierung erklärt. (dpa)
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