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Verdachtsfall AfD: Verfassungsschutz beobachtet AfD: Der Anfang vom Ende der AfD?

Verdachtsfall AfD

Verfassungsschutz beobachtet AfD: Der Anfang vom Ende der AfD?

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    Alexander Gauland ist empört: Der Verfassungsschutz nimmt die AfD jetzt noch stärker in den Blick. Für seine Partei kommt die Entscheidung zu einem ungünstigen Zeitpunkt.
    Alexander Gauland ist empört: Der Verfassungsschutz nimmt die AfD jetzt noch stärker in den Blick. Für seine Partei kommt die Entscheidung zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Foto: Omer Messinger, Getty Images

    Es war ein politischer Paukenschlag, der an diesem Mittwochmorgen durch Berlin hallte: Das Bundesamt für Verfassungsschutz wird künftig die AfD stärker unter die Lupe nehmen. Die Partei wurde als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. Damit ereilt die Bundespartei das gleiche Schicksal wie bereits vier ihrer Landesverbände: Die AfD in Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt ist bereits im Visier der Sicherheitsbehörden. Doch wie schwer der Vorwurf auch tatsächlich wiegt, muss sich erst noch zeigen: Eine Einstufung als Verdachtsfall kann in eine Beobachtung als gesichert rechtsextremistische Bestrebung münden. So war es beispielsweise beim „Flügel“ der AfD, der sich daraufhin im vergangenen April nach Druck aus der Parteispitze formal aufgelöst hatte. Es kann aber auch sein, dass sich der Verdacht nicht erhärten lässt.

    Worauf sich die Entscheidung des Verfassungsschutzes stützt, ist nicht bekannt, die Amtsspitze wollte sich am Mittwoch nicht äußern. „Aus der Logik der Sicherheitsorgane ist dieser Schritt aber überfällig“, sagt Axel Salheiser, Rechtsextremismus-Experte am „Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft“. Die Wissenschaft zeige seit Jahren, dass die Partei staatsfeindlich auftrete. Es sei für den Verfassungsschutz noch nicht einmal notwendig gewesen, die Partei mit geheimdienstlichen Mitteln auszuleuchten – die Parteibeschlüsse und das Auftreten der Repräsentanten hätten genügend Hinweise gegeben, um die Einstufung zu beschließen. Und doch sieht Salheiser die Nachricht mit gemischten Gefühlen. Denn: Das Aus für die AfD wird die Beobachtung durch den Verfassungsschutz wohl nicht bedeuten – die Auseinandersetzung mit der Partei werde auch künftig erforderlich sein.

    AfD-Fraktionschef Alexander Gauland: "Keine Anpassung an den Verfassungsschutz"

    Die AfD-Spitze spricht unterdessen von einem politischen Manöver mit dem Ziel, der AfD im Superwahljahr 2021 Schaden zuzufügen. „Das Vorgehen des Verfassungsschutzes ist skandalös“, sagt Parteichef Tino Chrupalla. „Obwohl die Behörde die Einstufung als Verdachtsfall nicht bekannt geben darf, lanciert sie entsprechende Informationen an die Medien, um auf diese Weise den demokratischen Parteienwettstreit zulasten der AfD zu beeinflussen.“ Der Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Alexander Gauland, betont: „Ich bin persönlich der Meinung: keine Anpassung an den Verfassungsschutz.“ Die Partei will mit juristischen Mitteln gegen die Entscheidung vorgehen, sieht sich als Opfer. In den östlichen Bundesländern versucht die AfD schon längst, den Verfassungsschutz ins Zwielicht zu rücken, indem sie eine Parallele zieht zwischen dem Dienst und der DDR-Staatssicherheit.

    Dieser Taktik solle man nicht auf den Leim gehen, warnt der Experte. „Die Märtyrerrolle sucht die AfD sowieso“, sagt Salheiser. Dies sei eine gängige Strategie von Rechtspopulisten, um Wählergruppen zu mobilisieren und sich von den etablierten Parteien zu distanzieren. „Da kann man nur verlieren, wenn man sich darauf einlässt“, warnt der Forscher. Wer sich antidemokratisch positioniere, müsse die Konsequenzen spüren.

    Darf ein Beamter Mitglied der AfD sein?

    Eine andere Frage ist für ihn, ob es wirklich zielführend ist, die AfD nun mit den Mitteln des Verfassungsschutzes zu bekämpfen. Künftig darf der Verfassungsschutz grundsätzlich Daten zu AfD-Mitgliedern speichern und Informanten anwerben. Solche Informanten könnten dann beispielsweise berichten, was bei internen Besprechungen geredet wird. Zu den Methoden gehört zudem der Einsatz von V-Leuten – ein Schritt, der 2003 dazu geführt hat, dass das Bundesverfassungsgericht ein Verbot der NPD abgelehnt hat. Damals hatte der Verfassungsschutz die Partei so stark unterwandert, dass eine objektive Beurteilung der Umtriebe nicht mehr möglich war. „Eine politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung wird das nicht ersetzen“, warnt Salheiser. Die AfD sei ein Symptom und Verstärker für Antiliberalismus und Demokratiefeindlichkeit. Es sei eine Illusion, dass die Partei ausschließlich vom rechten Rand der Bevölkerung lebe. Viele Anhänger der AfD sehen sich als Mitglieder der gesellschaftlichen Mitte, als Wähler mit bürgerlich-konservativen Werten.

    Für ein Verbot der NPD haben die juristischen Mittel nie gereicht.
    Für ein Verbot der NPD haben die juristischen Mittel nie gereicht. Foto: Matthias Balk, dpa (Symbol)

    Und doch könnte das Stoppzeichen der Verfassungsschützer Folgen für die Partei haben. „Gerade Beamte und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, die mit Politik der AfD sympathisieren, könnten nicht nur abgeschreckt werden, sondern für die könnte es auch dienstrechtliche Konsequenzen haben“, sagt Salheiser. „Beamte können nicht in einer vom Verfassungsschutz beobachteten, anti-demokratischen Partei aktiv sein.“ Es sei also so etwas wie ein Abstandsgebot, das der Staat nun ausspricht. Und auch für die Parteienfinanzierung dürfte die Entscheidung von großer Bedeutung sein. Bei einer Einstufung der AfD als rechtsextreme Bewegung gebe es eine Handhabe des Staates, die Geldhähne zuzudrehen.

    Das bedeutet die Entscheidung für den Wahlkampf der AfD

    Für die AfD selbst kommt die Nachricht zur Unzeit: Schon in eineinhalb Wochen wird in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg gewählt, im Herbst folgen weitere Landtagswahlen und die Bundestagswahl. Da könnte die Einstufung als Verdachtsfall zur Belastung werden. „Die etablierten Parteien werden das sehr stark zum Thema der anstehenden Landtags- und Bundestagswahlkämpfe machen“, glaubt Salheiser. „Aber ob es die Stimmenanteile der AfD dezimiert – da bin ich sehr skeptisch.“

    Die AfD war im vergangenen Jahr von 34.750 Mitgliedern auf rund 32.000 Mitglieder zum Jahresende geschrumpft – der erste Mitgliederschwund seit fünf Jahren. Trotzdem muss sie nun versuchen, weitere Mitglieder mit offen rechtsextremen Tendenzen loszuwerden. Intern wurde zudem empfohlen, auf Begriffe wie „Umvolkung“ zu verzichten, aus denen sich eine – etwa gegen Zuwanderer oder Muslime gerichtete – Mensche1nfeindlichkeit ablesen lassen könnte. (mit dpa)

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