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Verbraucherschutz: Handy, Streaming, Fitness: Abzocker haben es bald schwerer

Verbraucherschutz

Handy, Streaming, Fitness: Abzocker haben es bald schwerer

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    Abzocke im Internet - ein ständiges Ärgernis für Verbraucher. Doch mit dem neuen Vertragsrecht ist ein Werkzeug da, um die Abzocke einzudämmen.
    Abzocke im Internet - ein ständiges Ärgernis für Verbraucher. Doch mit dem neuen Vertragsrecht ist ein Werkzeug da, um die Abzocke einzudämmen. Foto: Andrea Warnecke, dpa

    Den Handy-Vertrag nicht rechtzeitig gekündigt, einem aufdringlichen Telefonwerber auf den Leim gegangen, noch mehr als ein Jahr an das teure Fitnessstudio gebunden: Für viele Verbraucher sind die langen Kündigungsfristen in ihren Verträgen ein Ärgernis. Vom nächsten Jahr an allerdings werden sie aus ihnen deutlich leichter und schneller herauskommen.

    Nach einer jetzt vom Bundestag beschlossenen Gesetzesänderung sollen Ein-Jahres-Verträge zum Standard werden. Außerdem können Kunden dann mit einer Frist von nur noch einem Monat kündigen – üblich waren bisher drei Monate. Die Regelung gilt für ab Januar neu geschlossene Verträge. Für alte Verträge, die sich ins Jahr 2022 hinein verlängern, gilt aber bereits die verkürzte Kündigungszeit.

    Verträge für Handy, Streaming oder Fitness: Im Netz gibt es künftig einen "Kündigungsbutton"

    „Lange Vertragslaufzeiten und lange Kündigungsfristen beschränken die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher und hindern sie an einem Wechsel zu attraktiveren und preisgünstigeren Angeboten“, kritisiert Justizministerin Christine Lambrecht (SPD). „Verbraucherinnen und Verbraucher werden immer noch viel zu häufig über den Tisch gezogen und benachteiligt.“ Künftig dürfen Verträge für Handys, Streamingdienste oder Fitnessstudios in der Regel nur noch ein Jahr laufen, Laufzeiten von zwei Jahren sind zwar noch erlaubt, allerdings muss der Anbieter gleichzeitig auch ein Angebot über einen maximal 25 Prozent teureren Ein-Jahres-Vertrag vorlegen. Bei Angeboten im Internet muss es außerdem einen gut sichtbaren „Kündigungsbutton“ geben, damit Verträge dort genauso einfach beendet werden können, wie sie vorher geschlossen wurden. Vor der stillschweigenden Verlängerung eines Vertrages muss der Anbieter überdies auf die bevorstehende Verlängerung und die Kündigungsmöglichkeit hinweisen.

    Für die Verträge mit Strom- oder Gasversorgern gilt die Neuregelung nicht. Sie seien durch das Sonderkündigungsrecht bei einem Umzug heute schon verbraucherfreundlicher als beispielsweise Handy-Verträge mit zwei Jahren Laufzeit, sagt der SPD-Abgeordnete Karl-Heinz Brunner, der die Reform mit ausgehandelt hat. Verboten wird allerdings der Abschluss von Versorgerverträgen durch Energiekonzerne oder von ihnen beauftragte Dienstleister am Telefon. „Ein besonders großes Ärgernis sind telefonisch aufgeschwatzte Verträge über Strom- und Gaslieferungen“, betont Ministerin Lambrecht gegenüber unserer Redaktion. Häufig seien sich Verbraucher dabei gar nicht bewusst, dass es um einen neuen Liefervertrag gehe. „Damit ist zukünftig Schluss: Vertragsschlüsse am Telefon sind bei diesen wichtigen Verträgen nicht mehr möglich.“

    Verbraucherschützer sind noch nicht zufrieden mit dem neuen Vertragsrecht

    Klaus Müller, dem Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, geht das neue Gesetz allerdings nicht weit genug. Zwar mache es den Alltag der Verbraucher sicherer und Schluss mit überlangen automatischen Vertragsverlängerungen bei Abos oder Handyverträgen, räumt er gegenüber unserer Redaktion ein. „Allerdings bleiben einige blinde Flecken, denen sich eine künftige Bundesregierung annehmen muss.“ Dazu zählten der Schutz vor untergeschobenen Verträgen an der Haustür und die Länge der Erstvertragslaufzeiten.

    Mit der Reform des Vertragsrechtes unternimmt die Koalition auch einen weiteren Anlauf zur Eindämmung unseriöser und betrügerischer Telefonwerbung. Diese Form der Werbung ist bereits jetzt nur nach einer vorherigen Einwilligung des Verbrauchers erlaubt – viele Werber aber ignorieren dies einfach. Teilweise, sagt SPD-Experte Brunner, riefen sie potenzielle Kunden sogar von Rufnummern aus an, die nur für diesen einen Anruf erzeugt würden – eine Rückverfolgung bei den jährlich rund 60.000 Beschwerden ist damit praktisch unmöglich. Künftig müssen Unternehmen genau dokumentieren, wie ein Kunde ihnen seine Einwilligung zu einem Verkaufsgespräch erteilt hat, Betrügern drohen Bußgelder von bis zu 50.000 Euro.

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