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Verbraucher: Überwachung von Lebensmitteln soll reformiert werden

Verbraucher

Überwachung von Lebensmitteln soll reformiert werden

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    Um die Verbraucher zu schützen, soll die Herstellung von Lebensmitteln bald deutlich schärfer kontrolliert werden.
    Um die Verbraucher zu schützen, soll die Herstellung von Lebensmitteln bald deutlich schärfer kontrolliert werden. Foto: Julian Stratenschulte dpa

    Nach den jüngsten Lebensmittelskandalen mehren sich parteiübergreifend die Forderungen nach einer grundsätzlichen Reform der Lebensmittelkontrollen in Deutschland. CSU-Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner unterstützte am Wochenende einen entsprechenden Vorstoß des niedersächsischen Landwirtschaftsministers Christian Meyer. Der Grünen-Politiker will der Agrarindustrie im Land die Kosten für schärfere staatliche Kontrollen in Rechnung stellen.

    „Wir brauchen mehr staatliche Kontrollen und mehr Personal“, sagte Meyer dem Focus. Dabei sei „nicht einzusehen, dass der Steuerzahler dafür aufkommen muss“. Die Gefahr, dass die Betriebe steigende Kosten auf die Preise überwälzen, schätzte Meyer gering. „Wir gehen davon aus, dass die Kosten für mehr Verbrauchersicherheit sich im geringfügigen Rahmen halten und deutlich weniger als ein Prozent des Umsatzes ausmachen.“ Außerdem würde der Steuerzahler „durch das Verursacherprinzip erhebliche Kosten“ sparen.

    Geplant ist eine deutlich schärfere Kontrolle als bisher

    Auch Bundesverbraucherministerin Aigner forderte angesichts der jüngsten Skandale, dass die zuständigen Länderbehörden „deutlich schärfer als bisher“ überwachen müssten, ob die Unternehmen ihre Pflichten einhielten. „Wenn die Bundesländer ausreichende Kontrollen nicht leisten können, liegt es auf der Hand, die amtlichen Kontrollen in Zukunft stärker als bisher durch Gebühren zu finanzieren.“

    Der Bundesrechnungshof habe festgestellt, dass die finanzielle und personelle Ausstattung der zuständigen Stellen in den Ländern oft unzureichend sei, warnte Aigner. „Kontrolle nach Kassenlage, das darf nicht sein.“ Sie warf im Skandal um das mit Schimmelgift verseuchte Tierfutter den Herstellern vor, sie hätten bei den Eigenkontrollen „eindeutig versagt“. Die Ministerin erklärte, „es gab frühzeitig Hinweise von verschiedenen Seiten, doch diese wurden offenbar ignoriert“. Der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure forderte, eine „Art Lebensmittel-Europol“ einzurichten.

    Immer mehr Landwirte von Futtermittelskandal betroffen

    Unterdessen gaben die Behörden bekannt, dass von dem Skandal um mit Schimmelpilzgift verseuchtes Tierfutter weit mehr Landwirte betroffen seien als bisher angenommen. In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen erhielten nach Behördenangaben knapp 4600 landwirtschaftliche Betriebe verdächtiges Futtermittel – tausend mehr, als noch am Freitag genannt wurden. Die Milch der betroffenen Betriebe darf nur nach einer Überprüfung ausgeliefert werden. In Proben von 79 Milchbetrieben stellten Behörden bislang keine Überschreitung des Grenzwerts für das als krebserregend geltende Schimmelgift Aflatoxin fest.

    Ob auch andere Tierprodukte betroffen sind, war zunächst unklar. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein werden Leber und Nieren geschlachteter Tiere aus betroffenen Betrieben geprüft und dürfen vorerst nicht in den Handel gebracht werden. AZ/ dpa

    Lebensmittelskandale in Deutschland

    2013: In Supermarktprodukten wird neben dem angegebenen Rindfleisch auch Pferdefleisch gefunden.

    Kurz darauf wird bekannt, dass Millionen Eier aus Freiland- und Bodenhaltung als angebliche Bio-Eier verkauft worden sein sollen.

    2012: Im Februar stellte sich heraus, dass es schwere Hygiene-Mängel bei Müller-Brot gibt. Bereits zuvor hatte die Behörde dafür Bußgelder verlangt und die Produktion wurde teilweise gestoppt. Unteranderem wurden Schaben in Backzutaten gefunden worden.

    2011: In Deutschland sterben rund 40 Menschen an den Folgen des gefährlichen EHEC-Darmkeims.

    Später stellt sich heraus: EHEC war von belasteten Sprossen aus Ägypten ausgelöst worden.

    Ende 2010/Anfang 2011: Nach dem Fund von mit Dioxin verunreinigten Futtermitteln werden tausende Bauernhöfe vorübergehend gesperrt.

    Legehennen werden getötet, der Verkauf von Eiern aus betroffenen Betrieben wird gestoppt. Auch Schweinefleisch soll belastet sein.

    Bereits im Frühjahr 2010 waren Ökohöfe gesperrt worden, an die vermutlich mit Dioxin belastetes Bio-Futtermittel geliefert worden war.

    2008: Vergammelter Mozzarella aus Italien landet auf deutschen Käsetheken.

    Insgesamt sollen rund 11 000 Tonnen des mit Würmern und Mäusekot verunreinigten Käses europaweit als frische Ware angeboten worden sein.

    2005: Mindestens 50 Betriebe und Lager sind in Geschäfte mit verdorbenem Fleisch verwickelt. Große Mengen wurden zu Döner, Bratwurst und Geflügelnuggets verarbeitet.

    2005: In zwei Filialen einer Supermarktkette werden bei Hannover Mitarbeiter beim Manipulieren von Fleischverpackungen ertappt.

    Sie hatten Hackfleisch mit abgelaufenem Verbrauchsdatum neu verpackt und so das Verfallsdatum verlängert.

    1997: Ein Skandal um illegale Rindfleisch-Importe aus Großbritannien verunsichert die Verbraucher.

    Aus Angst vor der Rinderseuche BSE werden in Deutschland Tausende Tiere getötet, der Konsum von Rindfleisch geht drastisch zurück.

    Als Auslöser der Krankheit gilt die Verfütterung von Tiermehl und Tierfett, die 2001 europaweit verboten wird.

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