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Vatikan: Regensburger Bischof zum Kardinal ernannt - Benedikt XVI. mit dabei

Vatikan

Regensburger Bischof zum Kardinal ernannt - Benedikt XVI. mit dabei

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    Der emeritierte Papst Benedikt und sein Nachfolger Franziskus begrüßen sich im Petersdom.
    Der emeritierte Papst Benedikt und sein Nachfolger Franziskus begrüßen sich im Petersdom. Foto: Frustaci, dpa

    Für Erzbischof Gerhard Ludwig Müller dürfte es eine große Freude, aber vor allem auch eine Erleichterung sein. Zusammen mit 18 anderen Geistlichen aus aller Welt erhob Papst Franziskus den 66-Jährigen am Samstag in den Kardinalsstand. Eigentlich ist dies für den Chef der Glaubenskongregation im Vatikan eine Selbstverständlichkeit - doch Berichte, der theologische Ziehsohn des zurückgetretenen Papsts Benedikt XVI. sei ein Franziskus-Gegner, schürten Zweifel.

    Müllers Berufung aus Regensburg in den Vatikan gehörte im Jahr 2012 zu den späten Personalentscheidungen Benedikts, mit denen der altersmüde deutsche Papst sein theologisches Erbe zu sichern versuchte. Müller steht in der Tradition des emeritierten Papstes: Er orientiert sich in seinen Schriften streng an der Theologie und nicht an gesellschaftlichen Fragestellungen. Das Amt des Glaubenshüters ist für ihn das des Bewahrers alter Traditionen. Ganz so verstand auch Benedikt, damals noch Kardinal Joseph Ratzinger, als Glaubenspräfekt seine Aufgabe.

    Franziskus bestätigt Personalentscheidungen von Benedikt

    Wegen dieser klaren Positionierung Müllers wurde im vergangenen Jahr mit Spannung erwartet, ob der so stark den Menschen zugewandte Franziskus den Schüler Benedikts im Machtzentrum des Vatikans behalten würde. Doch nicht nur das - Franziskus bestätigte den Präfekten in einer seiner ersten Personalentscheidungen im Amt. Jetzt machte der Papst Müller gleich bei seiner ersten Runde der Kardinalsernennungen zum Purpurträger.

    Wie genau es zwischen dem Deutschen und dem Argentinier steht, ist damit nicht beantwortet. Müller selbst ging zuletzt in die Offensive und versuchte, jeden Eindruck von Zwietracht zu zerstreuen. "Gegen schlechte Fantasien helfen keine rationalen Argumente", widersprach er in einem Interview Berichten, er sei der hartnäckigste Gegner von Franziskus. Dieser habe vielmehr "ein brüderliches und freundschaftliches Verhältnis zu allen seinen engsten Mitarbeitern" - folglich also auch zu ihm.

    Müller gilt als renommierter Theologe

    Das ist Papst Franziskus

    Franziskus, mit bürgerlichem Namen Jorge Mario Bergoglio, wurde am 17. Dezember 1936 als Sohn italienischer Einwanderer in Argentinien geboren.

    Sein Vater war Bahnangestellter in der argentinischen Hauptstadt. Dort ging er auf eine technische Schule, die er als Chemie-Techniker absolvierte.

    Mit 21 Jahren ging Bergoglio ins Priester-Seminar.

    Nach seiner Priesterweihe 1969 folgte Bergoglio Theologiestudien und wurde 1973-1979 zum Provinzial des Jesuitenordens berufen.

    Der Jesuit übernahm 1998 die Erzdiözese von Buenos Aires und wurde 2001 zum Kardinal berufen. 

    2001 wurde Jorge Mario Bergoglio zum Kardinal berufen. 

    In den letzten Jahren kollidierte Bergoglio mehrfach mit den Regierungen von Néstor und Cristina Kirchner. Er kritisierte Korruption und Armut, außerdem wandte er sich gegen die Legalisierung der Homo-Ehe in Argentinien.

    Bergoglio wurde in der Vergangenheit der "Kardinal der Armen" genannt.

    Mit 76 Jahren und seiner etwas gebrechlichen Gesundheit ging Jorge Mario Bergoglio in die neue Papstwahl eher als Außenseiter unter den Favoriten.

    Im fünften Wahlgang wurde Bergoglio dann zum neuen Papst gewählt.

    Bergoglio nennt sich als Papst Franziskus.

    Franziskus ist der erste Südamerikaner an der Spitze der katholischen Kirche.

    Mit dem Namen erinnert der Argentinier an Franz von Assisi (um 1181-1226), einen der meistverehrten Heiligen überhaupt.

    Bereits in den ersten Monaten nach seiner Wahl zeigt sich Franziskus als Reformer. Er will nach eigener Aussage eine Kirche, in der auch die Armen, Schwachen und Unterdrückten Platz haben.

    Zwischen beiden zeigt sich vor allem eine innere Nähe in ihrer Haltung zur Befreiungstheologie. Diese aus der armen südamerikanischen Bevölkerung erwachsene Strömung mit linken Positionen bis hin zu marxistischen Tendenzen wurde in der katholischen Kirche lange mit Argwohn beobachtet. Doch im September leitete Franziskus einen Meinungswandel ein und empfing den geistigen Vater der Befreiungstheologie, den Peruaner Gustavo Gutiérrez. Dieser ist seit langem ein enger Freund Müllers.

    Der an Silvester 1947 in Mainz geborene Arbeitersohn hat großes Renommee als Theologe. Unter seinen inzwischen über 400 wissenschaftlichen Veröffentlichungen gilt seine im Jahr 1995 erschienene, äußerst traditionsbewusste "Katholische Dogmatik" als wichtigstes Werk.

    Doch Müller scheut sich trotz seiner Bildung nicht vor scharfen Worten. So nannte er vor einem Jahr die in Europa verbreitete Kritik an der Kirche eine "Pogromstimmung" - der NS-Vergleich sorgte für Empörung. In der Debatte um den für seinen protzigen Bischofssitz kritisierten Limburger Franz-Peter Tebartz-van Elst verteidigte Müller diesen offensiv und sprach von einer Medienkampagne.

    Gewinnt Müller durch seine Ernennung zum Kardinal an Einfluss?

    Unpopulär ist auch seine Haltung zur Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene. Während Papst Franziskus für diese "Barmherzigkeit" forderte und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, in seinem Freiburger Bistum Wege für eine Zulassung der Betroffenen zur Kommunion eröffnete, lehnt Müller dies als ausgeschlossen ab.

    Doch was unter Benedikt schwer vorstellbar war, ereignete sich unter Franziskus: Müller bekam Widerworte, der Münchener Kardinal Reinhard Marx beschied ihm etwa, er könne die Debatte nicht einfach abwürgen. Im kommenden Oktober will der Papst das Problem diskutieren lassen. Das Ergebnis wird zeigen, ob Müller mit seiner Ernennung zum Kardinal auch an Einfluss gewinnt - oder ob Franziskus sich weiter stark am Menschen orientiert. afp/AZ

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