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Vatikan: Bericht: Papst Franziskus beurlaubt Erzbischof Georg Gänswein

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Bericht: Papst Franziskus beurlaubt Erzbischof Georg Gänswein

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    Einem Bericht zufolge hat Papst Franziskus den Präfekten des Päpstlichen Hauses, Erzbischof Georg Gänswein (links), beurlaubt.
    Einem Bericht zufolge hat Papst Franziskus den Präfekten des Päpstlichen Hauses, Erzbischof Georg Gänswein (links), beurlaubt. Foto: Evandroinetti, ZUMA Wire, dpa

    Er fehlte zuletzt bei Besuchen ausländischer Politiker und auch bei der Generalaudienz wurde er nicht gesichtet: Der deutsche Kurienerzbischof Georg Gänswein ist offenbar im Vatikan in Ungnade gefallen. Der 63-Jährige soll nach einem Medienbericht von seinem Amt als Präfekt des Päpstlichen Hauses beurlaubt worden sein. Papst Franziskus habe ihn auf „unbestimmte Zeit“ freigestellt, berichtete die gut informierte katholische Zeitung Die Tagespost unter Berufung auf Quellen im Vatikan. „Der Privatsekretär des emeritierten Papstes bleibt als Leiter der Präfektur, die für den Ablauf der öffentlichen Audienzen des Papstes zuständig ist, im Amt, ist aber freigestellt, um mehr Zeit Benedikt XVI. widmen zu können“, schreibt das Würzburger Blatt.

    Der Vatikan stellt die Personalie anders dar. Es habe eine „gewöhnliche Umverteilung verschiedener Pflichten und Funktionen des Präfekten des Päpstlichen Hauses gegeben, die auch die Rolle des Privatsekretärs des emeritierten Papstes betreffen“. Um welche Aufgaben es sich handelt, gibt er nicht bekannt.

    Beim Thema Zölibat sind sich die beiden Päpste uneinig

    Gänswein ist Präfekt des Päpstlichen Hauses und zugleich Privatsekretär von Benedikt XVI. Der 63-Jährige lebt hinter den Mauern des Kirchenstaates mit dem emeritierten Papst zusammen und hält dessen Erbe hoch. Als Präfekt ist er gleichzeitig für die Besuche und Audienzen von Papst Franziskus zuständig. So empfängt er Staatsoberhäupter und Politiker aus dem Ausland und koordiniert alle Besuche. Zuletzt wurde diese Doppelrolle wiederholt infrage gestellt. Denn aus ihr erwächst der Konflikt, auf wessen Seite der gebürtige Schwarzwälder steht.

    Hinter den Kulissen des Vatikans tobt nämlich ein Kampf um die Meinungshoheit vor allem in Fragen der Ehelosigkeit für Priester. Der emeritierte Papst Benedikt war im Januar als Co-Autor für ein Buch des konservativen Kardinals Robert Sarah aufgetaucht. Der Titel des Werks: „Aus den Tiefen unserer Herzen“ („Des profondeurs de nos coers“). Darin plädieren die beiden Geistlichen vehement für die Ehelosigkeit. Gänswein sprach später zwar von einem Missverständnis. Benedikt habe nie als Co-Autor auftreten wollen. Sarah wiederum twitterte Briefe von ihm, die zeigen, dass dieser durchaus von einer geplanten Veröffentlichung wusste. Von „Lügen“ und „Verleumdung“ war die Rede. Franziskus soll außer sich gewesen sein. Kein Wunder: Das Buch wird als Affront gegen den Papst gewertet, der noch im Februar ein postsynodales Schreiben veröffentlichen will, in dem es auch um den Zölibat gehen wird.

    Robert Sarah ist im Vatikan seit längerem als Gegner von Franziskus bekannt. Doch auch Gänswein ist eine der Schlüsselfiguren im kirchlichen Machtkampf. Die Buchveröffentlichung ist nur ein Beispiel in einer Reihe von Aktionen, die sein Engagement für Franziskus infrage stellen: Italienische Medien schreiben von einer heftigen Begegnung zwischen dem Deutschen und dem amtierenden Papst. Franziskus soll gesagt haben, dass er Gänswein „nicht mehr sehen“ wolle.

    Mitunter mischt sich Georg Gänswein auch handfest in die Politik ein

    Georg Gänswein ist in Riedern am Wald im Südschwarzwald geboren und aufgewachsen. 1996 startet er seine Karriere im Vatikan. Seit 2003 ist er Assistent von Joseph Ratzinger und nach dessen Wahl zum Papst im April 2005 auch dessen Privatsekretär. Benedikt XVI. ernennt ihn Ende 2012 zudem zum  Erzbischof und Präfekt des Päpstlichen Hauses. Wo Benedikt schweigt, redet Gänswein. Der Privatsekretär hält Bild, Bunte & Co. auf dem Laufenden über Interna des Päpstlichen Hauses. Ob es nun Fußballfieber, der Tagesablauf im päpstlichen Haushalt oder immer wieder zuletzt das Befinden des Heiligen Vaters ist. Zumal der Emeritus selbst zu schwach für Auftritte ist. Jüngst baumelt ein Lebkuchenherz „Dahoam is Dahaom“ mit weiß-blauer Zuckerverzierung fürs Bayerische Fernsehen an der Tür von Benedikts Wohnung („Hier ist alles Bayern“). Auch über Michael Schumachers Gesundheitszustand nach dessen tragischem Skiunfall plauderte Gänswein („Seine Hände waren warm“) mit zweijähriger Verspätung herzergreifend zu Weihnachten 2018. Mitunter mischt sich Gänswein auch handfest in die Politik ein. So lobte er Bayerns Ministerpräsident Markus Söder für seinen Kreuzerlass und fuhr dem Münchner Kardinal Reinhard Marx über den Mund („Eine wenig erleuchtete Wortmeldung“).

    Papst Benedikt XVI. und Georg Gänswein im Jahr 2013.
    Papst Benedikt XVI. und Georg Gänswein im Jahr 2013. Foto: Michael Kappeler, dpa (Archiv)

    Sollte Papst Franziskus Gänswein tatsächlich suspendiert haben, wäre es nicht das erste Mal, dass er gegen Hardliner in den Reihen des Vatikan vorgeht, die seinen Reformkurs behindern und als Spaltpilz wirken. Im Sommer 2017 hat er die Amtszeit von Kardinal Gerhard Ludwig Müller als Leiter der Glaubenskongregation nicht verlängert. Der deutsche Kardinal übte immer wieder Kritik an den Veränderungswünschen des Papstes. Die Absicht, die „Ränder der Kirche“ zu stärken, „klingt populistisch plausibel und kommt medial sicher gut rüber, klingt aber in einem theologisch geschulten Ohr schrill und schräg“, sagte der einst mächtige Kirchenmann im vergangenen Frühjahr.

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