Rom Kurz vor Pfingsten muss der Chef der Vatikanbank IOR, Ettore Gotti Tedeschi, nach einem Misstrauensvotum des Aufsichtsrats seinen Posten räumen. Der Bankmanager, der mehr Transparenz in die Geschäfte der Vatikanbank bringen sollte, habe trotz wiederholter Mahnungen „bestimmte Aufgaben von vordringlicher Wichtigkeit nicht ausgeführt“, hieß es gestern. Die Vatikanbank stand in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Geldwäsche in der Kritik.
In italienischen Medien wurde über eine Verknüpfung mit dem als „VatiLeaks“ bekannt gewordenen Skandal – in Anspielung auf die Enthüllungsplattform „WikiLeaks“ – spekuliert. Dabei waren vertrauliche Dokumente an Medien durchgesickert, auch über das Finanzgebaren der Vatikanbank. Öffentlich wurden mögliche Fälle von Korruption in Vatikanbehörden. Selbst von einem Mordkomplott gegen den Papst war die Rede. Benedikt XVI. ließ eine Kommission, die aus drei Kardinälen besteht, ermitteln.
Immer wieder wurden vertrauliche Dokumente bekannt
Diese ist nun auf einen Verdächtigen gestoßen. Das Internetportal ilfoglio.it und die Nachrichtenagentur Ansa schreiben, es handle sich um einen engen Mitarbeiter des Papstes. Laut Ansa war der 46-Jährige seit 2006 als Kammerdiener beschäftigt. Vatikansprecher Federico Lombardi sagte, der Mann sei unberechtigt im Besitz vertraulicher Dokumente des Heiligen Stuhls gewesen. Benedikt XVI. reagierte betroffen und sprach von einer schmerzlichen Entwicklung. Lombardi zufolge wurde der Verdächtige gestern von der Vatikan-Gendarmerie festgenommen. Er sei in Haft und werde vom vatikanischen Staatsanwalt vernommen. Nach Medienberichten organisierte der Verdächtige den Haushalt des Papstes und gehörte – wie der Privatsekretär Georg Gänswein – zur „Päpstlichen Familie“.
Erst vor einer Woche war ein Buch des TV-Journalisten Gianluigi Nuzzi mit neuen Enthüllungen und Faksimile zahlreicher Dokumente erschienen. Der Vatikan kündigte daraufhin an, dass sich Personen, die vertrauliche Dokumente gestohlen, weitergegeben und kommerziell genutzt hätten, vor Gericht verantworten müssten. Turbulente Tage also für den Papst, der Pfingsten nur mit einer Messe im Petersdom feiert. Priester- oder Bischofsweihen nimmt er dieses Mal nicht vor. Denn vom 1. bis 3. Juni erwartet den 85-Jährigen das Weltfamilientreffen in Mailand. (mit dpa, kna)