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Urteil zur Fünf-Prozent-Klausel: Kleine Parteien – große Chancen

Urteil zur Fünf-Prozent-Klausel

Kleine Parteien – große Chancen

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    Die Karlsruher Verfassungsrichter kippen die Fünf-Prozent-Hürde für Europawahlen in Deutschland.
    Die Karlsruher Verfassungsrichter kippen die Fünf-Prozent-Hürde für Europawahlen in Deutschland. Foto: dpa

    Für die Piraten oder die Tierschutzpartei kommt das Urteil erst einmal zu spät – doch bei der nächsten Europawahl 2014 könnte diesen Parteien der Schritt in das Europäische Parlament gelingen. Denn das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat gestern entschieden, dass die in Deutschland geltende Fünf-Prozent-Sperrklausel bei den Europawahlen gegen die Chancengleichheit der Parteien verstößt und damit verfassungswidrig ist.

    Der klagende Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim und zwei weitere Wähler hatten darauf verwiesen, dass bei der EU-Wahl 2009 wegen der Sperrklausel rund 2,8 Millionen deutsche Wählerstimmen unbeachtet geblieben sind. Rund die Hälfte der 27

    Fünf zu drei Stimmen

    Das mit fünf zu drei Stimmen ergangene Urteil hat dem Gericht zufolge keine Auswirkungen auf die Sperrklausel bei Bundestagswahlen. Dort seien stabile Mehrheiten für die Wahl einer handlungsfähigen Regierung nötig. Dieses Ziel könne durch eine Zersplitterung des Parlaments in viele kleine Gruppen gefährdet werden.

    Im Gegensatz dazu wählt das EU-Parlament keine Regierung. Zudem ist das Gesetzgebungsverfahren der EU nicht von einer Parlamentsmehrheit abhängig. Da nach Auffassung des Gerichts aus diesem Grund die Funktionsfähigkeit des EU-Parlaments durch zusätzliche Kleinparteien nicht gefährdet ist, sei die deutsche Sperrklausel unzulässig.

    Wenig begeistert zeigte sich der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber von dem Urteilsspruch. „Ich muss das natürlich akzeptieren, aber ich befürchte schon, dass die Durchsetzung der deutschen Interessen durch eine zu befürchtende Zerfledderung schwieriger wird.“

    Urteilsbegründung "nachvollziehbar"

    Der Passauer Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter hält die Urteilsbegründung für zwar „nachvollziehbar“, merkte aber an, dass es sich in der Hauptsache auf „politische“ anstatt auf „rechtliche Argumente“ stütze. „Ich neige eher der Ansicht von Richter Udo di Fabio zu, der Wahlrechtsfragen für Fragen der politischen Gestaltung des Gesetzgebers hält, bei denen sich das Gericht eher zurückhalten sollte“, sagte er unserer Zeitung.

    In der Tat hatten die Verfassungsrichter Rudolf Mellinghoff und di Fabio den Urteilsspruch in einem Sondervotum kritisiert. Ihrer Ansicht nach ist die Sperrklausel zulässig, weil sie Funktionsbeeinträchtigungen des EU-Parlaments verringern soll.

    Doch von Arnim hatte nicht in allen Punkten Erfolg: Er scheiterte mit seiner Kritik an den sogenannten „starren Listen“ bei EU-Wahlen: Eine Liste mit den Bewerbern einer Partei wird als „starr“ bezeichnet, wenn der Wähler sich nur für die Liste als solche entscheiden kann, aber keinen Einfluss darauf hat, in welcher Reihenfolge die Kandidaten bei der Sitzverteilung zum Zuge kommen. Laut Urteil dürfen sich die Mitgliedstaaten auf Grundlage des EU-Rechts für oder gegen starre Listen entscheiden.

    Markus Ferber fordert Direktwahlkreise für Europawahl

    Ferber fordert seit Jahren Direktwahlkreise in Deutschland bei Europawahlen: „Dadurch würde die Verankerung der Europaabgeordneten vor Ort verbessert, der europäischen Politik ein Gesicht gegeben und die gefühlte Distanz zwischen

    Für den Berliner Parteien- und Wahlforscher Oskar Niedermayer muss die Europawahl „viel politischer“ werden. „Es muss für den Wähler klar werden, wofür die großen Fraktionen im EU-Parlament stehen – darüber weiß doch kaum jemand Bescheid“, sagte Niedermayer unserer Zeitung. (mit afp)

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