Das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen Acta kommt demnächst zu den Akten. Im Europäischen Parlament erscheint eine Zustimmung immer unwahrscheinlicher. Noch im Laufe dieser Woche will der Chef der sozialdemokratischen Fraktion, Hannes Swoboda, das Nein festklopfen. Die bisherigen Analysen hätten gezeigt, dass der Vertrag „grundsätzlich in die falsche Richtung geht“, sagte der österreichische Sozialdemokrat. „Die Freiheit des Internet darf nicht weiter beschränkt werden.“
Eine konservativ-liberale Mehrheit für Acta ist nicht in Sicht
„Wir können den Vertrag nicht abändern, also ist die einzige verantwortliche Antwort, die wir den Bürgerinnen und Bürgern geben, ihn abzulehnen“, betonte der SPD-Europa-Politiker Bernd Lange. Zuvor hatte bereits der Berichterstatter des Parlamentes in Straßburg, der Brite David Martin, durchblicken lassen, dass er bei der entscheidenden Sitzung im Handelsausschuss am 25. April ebenfalls eine Ablehnung empfehlen werde. Eine konservativ-liberale Mehrheit pro Acta ist ebenfalls nicht in Sicht.
Zweifel auch in den Reihen der Unionsabgeordneten
Die Befürworter in den Reihen der Unionsabgeordneten werden täglich weniger. Und die liberale Führungsriege verteilt seit Wochen Positionspapiere gegen das umstrittene Abkommen. „Man kann sagen: Acta ist tot“, betonte am Montag ein führendes Mitglied des Europäischen Parlamentes gegenüber unserer Zeitung. Auf dem Höhepunkt der Proteste und kurz nach der Aussetzung der Beratungen in Deutschland rief das Barroso-Team den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an, um feststellen zu lassen, ob Acta einen Eingriff in die Charta der Grundrechte darstelle, die zum Lissabonner Vertrag gehört. Das Urteil steht noch aus. Das Parlament wird wohl im Juni entscheiden.
Die Folgen des Abkommens nicht abgeschätzt
Das Ende des Acta-Vertrages wäre eine schwere Niederlage für die Kommission, die das Abkommen – teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit – mit Industrienationen wie den USA und Japan ausgehandelt hatte. Gegner halten der Verwaltung auch vor, keine Folgeabschätzung der aktuellen Vertragsinhalte vorgenommen, sondern stattdessen ein überholtes Papier zum Richtlinienentwurf über die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums recycelt zu haben.
Videoclip mit Hintergrundmusik nicht mehr erlaubt
„Wenn wir Acta ablehnen, sollten wir der EU-Kommission genau sagen, warum, und ihr auch Alternativvorschläge machen“, erklärte der CDU-Europa-Abgeordnete Daniel Caspary. Die Kritiker werfen dem Abkommen vor, dass es zu einer Unterordnung der Meinungsfreiheit unter den Urheberrechtsschutz führe. Außerdem würden weite Bereiche des Internet kriminalisiert, weil zum Beispiel der Videoclip von einer Party, bei der im Hintergrund ein geschützter Song läuft, künftig nicht mehr gezeigt werden dürfte.