Falls CDU-Chef Armin Laschet dachte, mit seinem Sieg im Ringen um die Kanzlerkandidatur sei die schwerste Schlacht schon geschlagen, hat er sich getäuscht. Eine Woche nach der Entscheidung scheint der Graben innerhalb der Union tiefer denn je. In Interviews schießt CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder scharf gegen seinen Rivalen. „Fünf Monate vor der Wahl steckt die CDU in einem Umfragetief, es bleiben Corona-Schwierigkeiten, und nach 16 Jahren sieht man schon Ermüdungserscheinungen der ganzen Union“, sagt er den Nürnberger Nachrichten.
Hinzu komme eine nicht geklärte strategische Frage, wie viel Modernität oder wie viel Tradition die Union zeigen solle. „Einige wollen zurück in die Zeit vor Angela Merkel. Wir wollen das nicht. Wir brauchen einen Aufbruch und eine moderne Union“, betont Söder. Dass er selbst in vier Jahren noch einmal einen Anlauf für die Kanzlerkandidatur nimmt, bezeichnet Söder als „außerordentlich unwahrscheinlich“. „Denn entweder regiert Armin Laschet die nächste Amtszeit oder wir werden eine sehr lange Amtszeit einer jungen Bundeskanzlerin erleben.“
Auch die SPD verliert in den Umfragen
Damit meint Söder Annalena Baerbock, die für die Grünen antritt und die Umfragen derzeit mächtig nach oben treibt. Ihre Partei erlebt seit der Nominierung einen regelrechten Mitgliederboom. Von Montag bis Freitag stellten nach Grünen-Angaben 2159 Menschen Beitrittsanträge. "Die Eintrittswelle in den letzten Tagen ist ein absoluter Rekord in der Parteigeschichte", sagt Bundesgeschäftsführer Michael Kellner.
Und das ist nicht die einzige gute Nachricht für die Grünen: Fünf Monate vor der Bundestagswahl wird die Union von ihnen von Platz eins verdrängt. Im Sonntagstrend des Meinungsforschungsinstituts Kantar im Auftrag der Bild am Sonntag kommen die Grünen auf 28 Prozent, die Union nur noch auf 27 Prozent. Für CDU und CSU bedeutet das einen Verlust von zwei Prozentpunkten, die Grünen legen dagegen um sechs Prozentpunkte zu. Die SPD verliert zwei Punkte und rutscht auf 13 Prozent.
Auch im Interview mit der Süddeutschen Zeitung erhöht Söder deshalb den Druck auf Laschet und distanziert sich selbst vorsorglich von schlechten Wahl-Resultaten. „Es muss schon ein Ergebnis sein, das deutlich über 30 Prozent liegt - näher an 35 Prozent“, sagt er mit Blick auf die Bundestagswahl. „Wir werden alles für ein gutes bayerisches Ergebnis tun, aber die Kernverantwortung liegt natürlich immer beim Kanzlerkandidaten, auch für das Ergebnis in Bayern. Denn heute ziehen Kandidaten die Parteien und nicht umgekehrt.“ Umfragen dürften nicht ignoriert werden, denn sie zeigten zumindest Tendenzen an.
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