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Union und FDP: Vergiftetes Klima in der Koalition

Union und FDP

Vergiftetes Klima in der Koalition

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    Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) lässt sich nicht beirren: Er will der FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die Stirn bieten. dpa
    Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) lässt sich nicht beirren: Er will der FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die Stirn bieten. dpa

    Sogar die Kanzlerin kam. Was reichlich ungewöhnlich ist, wenn sich der Bundesinnenminister mit seinen 16 Länderkollegen zur routinemäßigen Innenministerkonferenz trifft. Doch am Montag machte Angela Merkel eine Ausnahme und begleitete Hans-Peter Friedrich nach Frankfurt, um das Gespräch mit den für die Innere Sicherheit zuständigen Ministern zu suchen.

    An Themen mangelte es nicht, der Gesprächsbedarf war enorm. Denn in kaum einem Politikfeld liegen die Berliner Koalitionäre so weit auseinander wie im Bereich der Innen- und der Rechtspolitik, so gut wie alle Fragen sind zwischen den beiden Ressortchefs Hans-Peter Friedrich (CSU) und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) umstritten, das Klima zwischen den Koalitionären gilt als vergiftet. So streiten Christ- und Freidemokraten schon seit Monaten offen über die Neufassung des Wahlrechts, die Neuregelung der vom Bundesverfassungsgericht verworfenen Vorratsdatenspeicherung sowie die Verlängerung der befristeten und am Ende des Jahres auslaufenden Anti-Terror-Gesetze.

    So weit liegen die Ansichten auseinander, dass die neue stellvertretende SPD-Fraktionschefin Christine Lambrecht am Montag ein „Machtwort“ der Kanzlerin forderte. Union und FDP sollten aufhören, auf ihren jeweiligen „Maximalpositionen“ zu bestehen, sondern endlich konkrete Gesetzentwürfe vorlegen, auf deren Grundlage Beratungen stattfinden könnten.

    Unmittelbar vor Beginn der Innenministerkonferenz legte Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger noch einmal nach und attackierte den Koalitionspartner. „Manche Zurufe aus der Union tragen nicht eben zu einem guten Koalitionsklima bei“, sagte sie dem Berliner Tagesspiegel. Ausdrücklich verteidigte sie den von ihr vorgelegten Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung, der vorsieht, erst beim Vorliegen eines konkreten Verdachts sämtliche Telefon-, Handy- und E-Mail-Verbindungsdaten nach dem „Quick-Freeze-Verfahren“ für maximal zwei Monate einzufrieren. „Mein Vorschlag ist ein Kompromissangebot und ich erwarte, dass auf dieser Grundlage Gespräche geführt werden“, sagte die Justizministerin. Doch die Union lehnt den Gesetzentwurf als „inakzeptabel“ ab und fordert die verdachtsunabhängige Speicherung aller Verbindungsdaten für mindestens sechs Monate.

    Ausdrücklich wandte sich die bayerische FDP-Chefin auch gegen eine unbefristete Verlängerung aller Anti-Terror-Gesetze, die von der damaligen rot-grünen Bundesregierung unter dem Eindruck der Terrorangriffe des 11. September 2001 verabschiedet worden waren. Mit ihrer Partei werde es „kein pauschales Durchwinken“ geben, so Leutheusser-Schnarrenberger. Notwendig seien mehr Kontrolle und mehr Transparenz im Bereich der Nachrichtendienste. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) lehnte es ab, die Befugnisse der Geheimdienste einzuschränken. „Wenn wir solche Mittel nicht mehr haben, werden wir den Terroristen zwei Schritte hinterher sein.“ Den Liberalen warf Herrmann vor, mit ihrem Widerstand gegen schnelle und wirksame Lösungen die Berliner Koalition zu belasten.

    Eine schnelle Einigung ist nicht in Sicht, im Gegenteil. Die Innenexperten der Union werfen der Justizministerin vor, gar kein Interesse an einer Lösung zu haben, sodass die Anti-Terror-Gesetze zum Jahresende einfach auslaufen. Von „Verzögerungs- und Blockadetaktik“ ist die Rede. Die Christdemokraten erwägen, im Gegenzug sämtliche liberalen Wunschprojekte wie die Stiftung Datenschutz auf Eis zu legen. Die Justizministerin wiederum möchte das Profil der FDP als Bürgerrechtspartei schärfen und weiß dabei ihren neuen Parteichef Philipp Rösler hinter sich, der auf dem Rostocker Parteitag eine härtere Gangart gegenüber der Union angekündigt und vollmundig versprochen hatte: „Ab heute wird die FDP liefern.“ Würde er bei der Vorratsdatenspeicherung und den Anti-Terror-Gesetzen nachgeben, heißt es in FDP-Kreisen, stünde Rösler als Verlierer da, nicht in der Lage, liberale Positionen in der Koalition durchzusetzen.

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