Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Union lenkt ein: Angela Merkel: Gauck soll neuer Bundespräsident werden

Union lenkt ein

Angela Merkel: Gauck soll neuer Bundespräsident werden

    • |
    Joachim Gauck liegt in der Gunst der Wähler ganz vorne. Offenbar hat sich die Koalition nun auch auf ihn geeinigt.
    Joachim Gauck liegt in der Gunst der Wähler ganz vorne. Offenbar hat sich die Koalition nun auch auf ihn geeinigt.

    Die Union akzeptiert den Ex-DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck nun doch als Bundespräsidenten.  Die schwarz-gelbe Koalition hat sich mit SPD und Grünen auf den DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck als Kandidat für das Bundespräsidentenamt geeinigt. Das teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntagabend nach Verhandlungen der Spitzen der fünf Parteien im Kanzleramt mit. Merkel sagte, Gauck soll neuer Bundespräsident werden. Merkel sagte, sie verbinde mit Gauck vor allem die gemeinsame Vergangenheit in der DDR. Für Gauck habe sich der Weg von der Kirche in die Politik von fast alleine ergeben. Ihn zeichne aus, ein "wahrer Demokratielehrer" geworden zu sein.

    Zuvor war von einer schweren Koalitionskrise die Rede

    Peter Altmaier, Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktionsfraktion im Bundestag, twitterte am Sonntagabend: "Gauck ist der Beweis, dass es uns ernst war mit gemeinsamem Kandidat. Dank an alle für gute und originelle Vorschläge." Zuvor wurde schon von einer schweren Koalitionskrise gesprochen, weil die FDP sich für Gauck aussprach, die Unionsspitze aber vorerst angab, Joachim Gauck keinesfalls unterstützen zu wollen. Es wurde sogar davon gesprochen, dass sich die Regierungskoalition in ernsthafter Gefahr befinde. Diese Gefahr ist jetzt wohl abgewendet.

    CDU lehnte Gauck als Bundespräsident zunächst ab

    Die CDU-Spitze lehnte den ehemaligen  DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck als Kandidaten für das Amt des  Bundespräsidenten zunächst ab. Der 72-jährige  Gauck war der Favorit von SPD und Grünen und hatte auch aus der FDP  Zuspruch erhalten. Der parteilose Theologe war Christian Wulff im Juni 2010  knapp unterlegen.

    FDP erwärmt sich für Gauck

    Die FDP jedoch hatte am Sonntagnachmittag  in den Verhandlungen über einen neuen Bundespräsidenten eine Tür für den SPD-Favoriten Gauck geöffnet. Die FDP-Spitze sprach sich einstimmig für Gauck aus. Parteichef Philipp Rösler und Fraktionschef Rainer Brüderle gingen mit diesem Vorschlag zurück in die Verhandlungen mit der Union. Die von CDU und CSU vorgeschlagenen Kandidaten - der frühere EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber und der CDU-Politiker Klaus Töpfer - waren im FDP-Präsidium abgelehnt worden. Brüderle sagte in einem am Sonntag vor dem Spitzentreffen der Koalition aufgezeichneten Interview für den ARD-"Bericht aus Berlin": "Das ist ohne Frage ein respektabler und anzuerkennender Kandidat, und wir sind im Dialog, ob beim Schluss die Entscheidung in diese Richtung geht oder in eine andere." Der 2010 bei der Bundespräsidentenwahl gegen Christian Wulff unterlegene Gauck hat bei den Liberalen viele Anhänger.

    Gauck: "Rufen Sie doch Frau Merkel an"

    Der mögliche Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten, Joachim Gauck, schweigt weiterhin zu seinen Ambitionen. "Rufen Sie doch Frau Merkel an", antwortete Gauck lachend am Sonntagvormittag vor einem Podiumsgespräch in Wien auf die Frage von Journalisten. "Ich habe doch zu diesem Thema die ganze Zeit nichts gesagt. Deshalb warte ich mal bis morgen oder übermorgen. Schau'n wir mal."

    Joachim Gauck weiterhin Favorit der Sozialdemokraten

    Das ist Joachim Gauck

    Bundespräsident Joachim Gauck hat ein bewegtes Leben hinter sich. Seine wichtigsten Stationen.

    Gauck kommt 1940 in Rostock zur Welt. Sein Vater ist Kapitän, seine Mutter gelernte Bürofachfrau. Sein Vater wird von den Russen wegen angeblicher Sabotage in einem Lager in Sibirien verschleppt, als Gauck sechs Jahre alt ist. Er kommt erst viele Jahre später wieder frei.

    Nach dem Abitur studiert Joachim Gauck Theologie in Rostock und arbeitet dann ab 1967 als Pastor in Lüssow. Sein eigentlicher Berufswunsch Journalist zu werden, lässt sich in der DDR nicht erfüllen.

    Ab 1974 wird Joachim Gauck wegen seiner kritischen Predigten von der Stasi beobachtet.

    Als sich in der DDR Ende der achtziger Jahre Widerstandsgruppen formieren, wird Gauck Mitbegründer und Sprecher des „Neuen Forums“. Er leitet unter anderem Gottesdienste und führt Großdemonstrationen an.

    Das Ende des DDR-Regimes und die Wendezeit nennt Gauck die "prägende Zeit meines Lebens".

    1990 leitet er als Abgeordneter der frei gewählten DDR-Volkskammer den Sonderausschuss zur Kontrolle der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit.

    Am Tag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 übernimmt Joachim Gauck die nach ihm benannte Stasi-Unterlagen-Behörde. Bis zum Jahr 2000, als er die Leitung an Marianne Birthler abgiebt, avanciert Gauck zum bekanntesten Gesicht der DDR-Demokratiebewegung.

    Nach dem Mauerfall trennt sich der Theologe von seiner Frau und findet eine neue Lebenspartnerin aus dem Westen - eine Journalistin aus Nürnberg. Bis heute sind beide nicht miteinander verheiratet.

    2003 wird Joachim Gauck aus den Reihen der FDP erstmals als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten ins Spiel gebracht.

    2005 wird Joachim Gauck, damals 65 Jahre alt, Ehrendoktor der Universität Augsburg.

    Der Vater von vier Kindern und mehrfache Großvater engagiert sich auch im Verein „Gegen Vergessen für Demokratie“. Als Vorsitzender kümmert er sich zusammen mit vielen Mitstreitern um die Aufarbeitung der Geschichte der Diktaturen in Deutschland.

    Im Sommer 2010 wird er von SPD und Grünen zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominiert. Dass er bei der durch Horst Köhlers Rücktritt nötig gewordenen Wahl knapp an Wulff scheitert, ändert nichts an seiner Beliebtheit.

    2011 sorgt Gauck für Schlagzeilen, als er Thilo Sarrazin für sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ Mut attestiert. „Er hat über ein Problem, das in der Gesellschaft besteht, offener gesprochen als die Politik“, sagte Gauck, wobei er sich den den Inhalten des Buches distanzierte.

    Nach dem Rücktritt von Christian Wulff wird Gauck von Union, FDP, Grünen und SPD zum gemeinsamen Kandidaten für die Wahl eines neuen Bundespräsidenten nominiert.

    Am 18. März 2012 wählt ihn die Bundesversammlung mit großer Mehrheit zum Bundespräsidenten, am 23. März wird er vereidigt.

    Der frühere DDR-Bürgerrechtler war im Juni 2010 gegen den inzwischen zurückgetretenen Amtsinhaber Christian Wulff angetreten und im dritten Wahlgang unterlegen. Die SPD bezeichnet den langjährigen Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde weiterhin als ihren "Favoriten" für das Präsidentenamt.

    Auf die Frage, ob die Anforderungen an einen künftigen Bundespräsidenten inzwischen ins Unermessliche gestiegen seien, antwortete der 72-Jährige: "Nein, wenn wir so eine Mischung aus Engel oder Königin erwarten würden, das wäre ja peinlich. Wir sind eine Demokratie und aus unserer Mitte kommen die Menschen, die wir für die besonderen Ämter bestimmen. Sie sind wie sie sind."

    Mehrheit der Deutschen für Gauck

    Dürfen die Wähler selbst über den neuen Bundespräsidenten entscheiden, wäre ein Sieg Gaucks relativ sicher: In einer Forsa-Umfrage für RTL-Aktuell sagten 46 Prozent der Befragten, sie hielten Gauck für geeignet. Beim ARD-Deutschlandtrend waren es am Freitag 43 Prozent. In der aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid, die in der "Bild am Sonntag" veröffentlicht wurde, sprechen sich sogar 54 Prozent der Befragten für Joachim Gauck aus. An zweiter Stelle folgen mit jeweils 34 Prozent Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sowie SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), Ex-Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) sowie der derzeitige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) belegen die Plätze vier bis sechs.

    Unabhängig von der Person wünschen sich laut Emnid-Umfrage 79 Prozent der Befragten einen Präsidentschaftskandidaten von außerhalb des Politikbetriebes. Lediglich 16 Prozent gaben an, der Kandidat solle ein ausgewiesener Parteipolitiker sein.

    AZ/dpa

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden