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Union: Die Kritik an Wirtschaftsminister Altmaier wird immer lauter

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Die Kritik an Wirtschaftsminister Altmaier wird immer lauter

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    Der Gegenwind für den Bundeswirtschaftsminister nimmt zu. Immer mehr Wirtschaftsverbände fordern: Peter Altmaier muss nun bei zentralen Fragen liefern.
    Der Gegenwind für den Bundeswirtschaftsminister nimmt zu. Immer mehr Wirtschaftsverbände fordern: Peter Altmaier muss nun bei zentralen Fragen liefern. Foto: Bernd von Jutrczenka (dpa)

    Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) scherzt gerne ob seiner Leibesfülle, dass er der gewichtigste Minister im Kabinett ist. Seine schiere Masse kann er gut gebrauchen, tobt doch gerade ein wuchtiger Sturm über seinem Kopf. Entfacht hat ihn nicht etwa der politische Gegner, der Wirbel braute sich in den eigenen Reihen zusammen. Die Wirtschaftspolitiker von

    Die in Deutschland immens wichtigen Familienunternehmen hat Altmaier schon länger gegen sich. Sie sprechen von einem „Totalausfall“ und loben sogar den Sozialdemokraten Sigmar Gabriel, der es besser gemacht habe. Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ist unzufrieden und mosert an Altmaier herum, der eigentlich der natürliche Verbündete der Unternehmen sein müsste.

    Hans Michelbach fordert: "Altmaier muss liefern"

    Die Wirtschaftspolitiker aus der Union verlangen von ihrem Minister nicht weniger als einen Kurswechsel. „Wir erwarten, dass Altmaier reagiert. Er muss liefern“, sagt der CSU-Abgeordnete Hans Michelbach unserer Redaktion. Ein Sturz des Ministers und die Übergabe des Amtes an Friedrich Merz seien aber nicht geplant. „Wir halten

    Und dann zählt er auf, was die Mitglieder des PKM verlangen. Erstens die komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags, zweitens die steuerliche Forschungsförderung für den Mittelstand und drittens einen Vorstoß zum Abbau von Bürokratie. Für Altmaiers Industriepolitik, die dominante nationale Konzerne wie Deutsche Bank, Siemens und die Autohersteller schützen will, haben Michelbach und seine Verbündeten nichts übrig. „Das ist Politik à la Putin, Trump und China. Das ist nicht die Soziale Marktwirtschaft, die den Wettbewerb in das Zentrum stellt“, kritisiert der 69-Jährige. Dazu zählt er auch die von der Bundesregierung eingefädelten Fusionsverhandlungen von Deutscher Bank und Commerzbank. „Gehen die zusammen, fehlt dem Unternehmen der Wettbewerb um eine günstige Finanzierung“, meint Michelbach.

    Der Zorn auf den ersten CDU-Wirtschaftsminister seit Ludwig Erhard und seinem heute vergessenen Nachfolger Kurt Schmücker speist sich aus verschiedenen Fehlern Altmaiers. Zunächst luden er und die Kanzlerin das Amt mit dem Mythos Erhards gewaltig auf, um das eigene Lager über den Verlust des Finanzministeriums hinwegzutrösten. „Das Wirtschaftsministerium ist das Kraftzentrum der Sozialen Marktwirtschaft. Es liegt an uns, dass wir daraus etwas machen, das ist der Auftrag“, hatte Kanzlerin Angela Merkel ihrem Vertrauten mit auf den Weg gegeben.

    Gegenwind für Wirtschaftsminister Peter Altmaier auch von Seiten der CSU: Wirtschaftspolitiker Michelbach fordert einen Kurswechsel.
    Gegenwind für Wirtschaftsminister Peter Altmaier auch von Seiten der CSU: Wirtschaftspolitiker Michelbach fordert einen Kurswechsel. Foto: David Ebener, dpa (Archiv)

    Den Auftrag hat er bislang nicht erfüllt. Zunächst schaffte er es über Monate nicht, einen Staatssekretär für die Generationenaufgabe Energiewende zu finden. Die zu Beginn seiner Amtszeit versprochene Politik für Firmengründer und junge Unternehmen blieben leere Worte, sodass der Start-up-Bundesverband ihm heute sogar eine Anti-Politik vorwirft. Die angekündigte Mittelstandsstrategie ist noch nicht fertig. Diese Verzögerungen und Versäumnisse brachten ihm den Titel des Ankündigungsministers ein und bestätigten in den Augen seiner Kritiker seinen Ruf als Plaudertasche.

    Bei anderen Themen scheitert der Gescholtene am Koalitionspartner SPD. Die Sozialdemokraten sperren sich dagegen, den Soli für alle Steuerzahler abzuschaffen und bestehen darauf, dass Gutverdiener den Aufschlag zur Einkommensteuer auch nach 2021 berappen. Bei der Ausgestaltung der Forschungsförderung für Unternehmen hat Finanzminister Olaf Scholz eine andere Ausgestaltung im Sinne als Altmaier.

    Mangelnden Einsatz für die Sache will ihm keiner seiner Gegner vorwerfen. Unablässig hält der frühere Kanzleramtsminister Reden, besucht Kongresse, empfängt Delegationen, schüttelt Hände und stellt sich der Kritik von hunderten wütenden Bürgern in Deutschland, die keine neuen Stromleitungen vor der Haustür haben wollen. Im direkten Kontakt gelingt es dem Saarländer durch seine joviale Art, die Gemüter zu beruhigen. Nach 14-Stunden-Tagen setzt sich der 60-Jährige am späten Abend noch mit Journalisten zusammen und diskutiert die große und die kleine Politik. „Sie kriegen mich, auch wenn nicht mehr viel von mir übrig ist“, eröffnet er die Runden, die sich bis zu zwei Stunden hinziehen können. Altmaier ist ein Politik-Süchtiger, der alles für seinen Job opfert. Er hat keine Familie, um die er sich kümmern muss. Auf sich selbst und seinen Körper nimmt er keine Rücksicht.

    Altmaier verfügt über ein gutes Netzwerk in der Politik

    Durch seine jahrzehntelange Präsenz in der Politik und seine Nähe zur Kanzlerin verfügt er über ein breites Netzwerk an Kontakten wie wenige in Berlin. Überrascht von der Wucht der Attacken aus dem Unternehmerlager, springen einige aus der Deckung. „Den berechtigten Ärger über die schwerwiegenden Geburtsfehler der Großen Koalition an Peter Altmaier abzulassen, richtet sich an die falsche Adresse“, sagte der sonst nie um ein deutliches Wort verlegene Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, unserer Redaktion. Es sei Finanzminister Scholz, der die Abschaffung des Solis blockiere. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wies die Kritik an Altmaier als unfair zurück.

    Dass das Amt des Wirtschaftsministers nicht sein Traumjob ist, dieser Vorwurf begleitet Altmaier seit seinem ersten Tag im Ministerium in Berlin-Mitte. Sein Herz schlägt für Europa, für Brüssel und das europäische Miteinander, das durch den Brexit und die erstarkten EU-Gegner so stark in Misskredit gekommen ist. Altmaier liebt es, bei Terminen auf europäischer Ebene viersprachig in Französisch, Niederländisch, Englisch und Deutsch zu parlieren. Die Worte „Als ich ein junger EU-Beamter war“ gehören zu seinem Stehsatz.

    Ob sich der Kreis schließt und er noch einmal nach Brüssel zurückkehrt, hängt von den Wählern und Manfred Weber ab. Sollte der CSU-Politiker als Spitzenkandidat der Konservativen keine Mehrheit bei den Europawahlen bekommen, könnte der Weg frei werden für den glücklosen deutschen Wirtschaftsminister. Merkel könnte ihrem treuen Begleiter in der Abenddämmerung ihrer Macht einen letzten Gefallen erweisen und ihn als deutschen Kommissar durchsetzen. Wird Weber allerdings wie geplant der neue EU-Kommissionspräsident, muss Altmaier in Berlin die Neustart-Taste drücken.

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