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Uneinigkeit bei den Grünen: Das letzte Wort hat die Basis

Uneinigkeit bei den Grünen

Das letzte Wort hat die Basis

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    Die Grünen wollen als erste Partei in Deutschland ihre Spitzenkandidaten für den Bundestagswahlkampf per Urwahl bestimmen.
    Die Grünen wollen als erste Partei in Deutschland ihre Spitzenkandidaten für den Bundestagswahlkampf per Urwahl bestimmen. Foto: dpa

    An Joschka Fischer kommt bei den Grünen keiner vorbei. Auch Jürgen Trittin nicht. Vor zehn Jahren schrieb der damalige Vizekanzler und Außenminister der rot-grünen Regierung Geschichte. Die Grünen präsentierten ihr ebenso prominentes wie populäres Zugpferd auf ihren Wahlplakaten offiziell als ihren Spitzenkandidaten. Trotz geltender Quote und Doppelspitze. Und die Rechnung ging auf. Die Partei kam auf 8,6 Prozent der Stimmen und sorgte damit maßgeblich für die Fortsetzung der rot-grünen Koalition.

    Jürgen Trittin darf nicht, was 2002 Joschka Fischer durfte

    Ein Jahrzehnt später ist Jürgen Trittin, damals Umweltminister, das, was Joschka Fischer damals war: die unumstrittene Nummer eins der Grünen, das Kraftzentrum, auf das alles zuläuft, das Gesicht und der Kopf der Partei. Doch im Gegensatz zu Joschka Fischer darf er bei der Bundestagswahl im September kommenden Jahres nicht als alleiniger Spitzenkandidat antreten. Ihm wird in jedem Falle eine Frau an die Seite gestellt. Die Entscheidung darüber soll bei einer Urwahl der rund 59.000 Mitglieder voraussichtlich im November fallen, wenn mehrere Bewerberinnen ihr Interesse an diesem Posten anmelden. Als bislang einzige Kandidatin hat sich bereits Parteichefin Claudia Roth ins Gespräch gebracht. An ihrer „grundsätzlichen Bereitschaft“, sich „in der Spitze einzubringen“, habe sich nichts geändert, sagte sie am Montag in Berlin.

    Den Weg für die Urwahl machten die „großen Vier“, die Parteichefs Claudia Roth und Cem Özdemir sowie die Fraktionschefs im Bundestag, Renate Künast und Jürgen Trittin, bei einem Treffen am Samstag in der Parteizentrale frei. Sie einigten sich darauf, dass es weder eine alleinige Spitzenkandidatur eines Mannes, also Trittin, noch ein mehrköpfiges Spitzenteam geben soll. Am Montag folgten auch der Bundesvorstand und der Parteirat dem Vorschlag des Spitzenquartetts, auch wenn sich vereinzelt Widerstand regte. Es sei im Interesse der Partei, „Personalstreit zu verhindern“, sagte die Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms. Und Volker Ratzmann, Bundeskoordinator der grün-roten Landesregierung von Baden-Württemberg, monierte, eine lange Urwahl, in der mehrere Personen gegeneinander antreten, erscheine ihm „wenig hilfreich“.

    „Es gibt keine Personaldebatte“

    Doch dies blieben Einzelstimmen. „Wir gehen in die Bundestagswahl mit einer quotierten Doppelspitze“, verkündete eine sichtlich zufriedene Claudia Roth nach der Sitzung, das heißt mit mindestens einer Frau an der Spitze, aber auch zwei Frauen seien denkbar. Bis zur Sitzung des Länderrats am 28. April in Lübeck soll eine Urabstimmungsordnung erarbeitet und in die Satzung aufgenommen werden, danach können sich potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten bewerben. Die Grünen, die im Bund derzeit bei etwa 13 Prozent liegen, versprechen sich davon neue Aufmerksamkeit.

    Spekulationen, Trittin und Roth hätten sich unter vier Augen bereits auf die Spitzenkandidatur geeinigt, wies Roth entschieden zurück. „Es gibt keine Personaldebatte.“ Bisher habe sich noch niemand beworben, auch Trittin nicht. Gleichwohl gilt es als sicher, dass der Fraktionschef wie schon bei der Bundestagswahl 2009 die Liste anführt. Dagegen scheint seine Kollegin Renate Künast aus dem Rennen zu sein.

    Sie hat nach ihrem schweren Dämpfer bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus die Unterstützung des Realo-Flügels verloren. Einzelne Realos hatten sich sogar ausdrücklich für eine alleinige Spitzenkandidatur von Trittin ausgesprochen, obwohl dieser dem linken Flügel zugerechnet wird. Um dies zu verhindern, war Claudia Roth in die Offensive gegangen und hatte sich für die Quote ausgesprochen. Mit ihr als Parteichefin werde es keinen alleinigen männlichen Spitzenkandidaten geben. Am Montag verteidigte sie ihr Vorpreschen noch einmal. Die Quote, sagte sie, sei eine „grüne Erfolgsgeschichte“, es gebe keinen Grund, sie ohne Not zur Disposition zu stellen.

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