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Corona: Unbehandelte Krankheiten im Lockdown: Regierung schließt Todesfälle nicht aus

Corona

Unbehandelte Krankheiten im Lockdown: Regierung schließt Todesfälle nicht aus

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    Während des Corona-Lockdowns gab es zum Teil dramatisch weniger dringende Behandlungen für Krebs- und Herzpatienten.
    Während des Corona-Lockdowns gab es zum Teil dramatisch weniger dringende Behandlungen für Krebs- und Herzpatienten. Foto: Jakob Stadler (Archiv)

    Herzinfarkte, Schlaganfälle, Krebserkrankungen: Die Corona-Pandemie hat in den deutschen Krankenhäusern auch bei dringlichen Fällen während des Lockdown zu teils dramatisch weniger Behandlungen geführt. Die Bundesregierung schließt nicht aus, dass dies auch zu zahlreichen vermeidbaren Todesfällen geführt hat, wie aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervorgeht, die unserer Redaktion vorliegt.

    Mehrere Krankenkassen haben inzwischen entsprechende Daten vorgelegt: Wie der Wissenschaftlichen Institut der AOK, errechnet hat, ging allein bei den Versicherten der größten gesetzlichen Krankenkasse die Zahl der Klinikbehandlungen im Lockdown-Zeitraum bundesweit im Vergleich zum Vorjahr um 157.000 zurück. Das sind 39 Prozent weniger als in den entsprechenden März- und Aprilwochen des vergangenen Jahres.

    Während des Lockdowns wurden 31 Prozent weniger Herzinfarkt-Notfälle behandelt

    Dabei ging einerseits – wie beabsichtigt – die Zahl der planbaren und damit aufschiebbaren Eingriffe zurück. So sank beispielsweise die Zahl der Einsetzungen künstlicher Hüftgelenke wegen Arthrose um 79 Prozent. Allerdings zeigen sich auch starke Rückgänge bei der Behandlung von lebensbedrohlichen Notfällen wie Herzinfarkten um 31 Prozent und Schlaganfällen um 18 Prozent. Auch bei Lungen- und Darmkrebs gingen die Operationszahlen teilweise um mehr als 20 Prozent zurück, obwohl sie als dringlich gelten.

    „Das Eingeständnis der Bundesregierung, dass die Corona-Pandemie-Maßnahmen zu einer deutlich spürbaren Unterauslastung des Gesundheitswesens geführt haben, wirft enorme Fragen auf“, sagt der stellvertretende FDP-Fraktionschef Michael Theurer. „Es drängt sich der Verdacht auf, dass unklare Botschaften der Bundesregierung und insbesondere des Bundesgesundheitsministers viele Menschen verunsicherten“, kritisiert der Oppositionspolitiker – und fordert eine große Aufklärungskampagne. „Menschen trauten und trauen sich offenbar aus Angst vor Corona nicht, sich trotz Symptomen in ärztliche Behandlung zu begeben. Dies ist lebensgefährlich.“

    Angst vor Corona wohl Hauptgrund für unterlassene Behandlungen

    Auch der Geschäftsführer des AOK-Instituts, Jürgen Klauber, sieht in Patientensorgen einen Hauptgrund für unterlassene Behandlungen. Ein Beispiel seien die um 37 Prozent gesunkenen Einlieferungen wegen Vorstufen eines Schlaganfalls: „Diese starken Rückgänge in der Behandlung von echten Notfällen weisen darauf hin, dass betroffene Patientinnen und Patienten in der Phase des Lockdown den Rettungsdienst seltener alarmiert haben“, sagt Klauber. Die Aufklärung für Notfälle müsse daher verbessert werden. Seit Ende des Lockdown stiegen die Behandlungen, lägen aber weiter deutlich unter dem Vorjahreswert.

    Nach den ersten, noch vorläufigen Zahlen des Gesundheitsministeriums lagen während des Lockdowns „die Sterbefälle in den Kalenderwochen 13 bis 18 um insgesamt 7486 Sterbefälle höher als im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019“. Bei 7083 Todesfällen in diesem Zeitraum „handelte es sich um solche, die zuvor laborbestätigt an Covid-19 erkrankt waren“, erklärt das Ministerium. „Auf welche Ursachen die verbleibenden 403 zusätzlichen Todesfälle zurückzuführen sind, ist der Bundesregierung nicht bekannt.“ Denn bislang lägen dem Bund „keine gesicherten Daten vor, in welchem Umfang Krankheiten wegen Covid-19 nicht behandelt wurden“.

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