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Umweltschutz: Die Landwirtschaftsministerin und Umweltverbände streiten um den Wald

Umweltschutz

Die Landwirtschaftsministerin und Umweltverbände streiten um den Wald

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    Abgestorbene Fichten in einem Waldgebiet mit gesunden Nadel- und Laubbäumen in Sieversdorf in Brandenburg.
    Abgestorbene Fichten in einem Waldgebiet mit gesunden Nadel- und Laubbäumen in Sieversdorf in Brandenburg. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Knapp ein Drittel der Fläche Deutschlands ist von Wald bedeckt, doch auf diesen elf Millionen Hektar spielt sich ein stilles Drama ab: Große Teile des Baumbestandes sind krank oder akut durch den Klimawandel gefährdet. Für Fichten und Kiefern ist es vielerorts schon zu warm geworden.

    Dabei wird ein gesunder Wald für den Klimaschutz in Zukunft mehr denn je gebraucht. Dafür muss sich einiges ändern. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat am Dienstag in Berlin erklärt, wie der Wald der Zukunft aussehen soll. „Der Wald ist unser wichtigster Klimaschützer, Hort der biologischen Vielfalt, Arbeitgeber und Erholungsort“", sagte die CDU-Politikerin.

    Jede dieser Funktionen müsse gestärkt werden, und das sei eine Aufgabe, für die man nicht in Wahlperioden, sondern in Jahrzehnten denken müsse. In der Waldstrategie bis 2050 ist vorgesehen, die bestehenden Wälder, die steigende Temperaturen nicht vertragen, in „klimaresiliente Mischwälder“ umzubauen.

    Denn der Wald binde nicht nur klimaschädliches Kohlendioxid (CO2), sondern reinige Luft und Wasser, sei Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten sowie Erholungsraum für die Menschen. Baumarten aus südeuropäischen Ländern wie die Esskastanie oder die ungarische Eiche könnten Klöckner zufolge künftig ihren Platz in den heimischen Wäldern finden. Was gepflanzt wird, solle aber nicht zentral vorgegeben, sondern nach den jeweiligen Bedingungen von Experten vor Ort entschieden werden.

    Bisherige Programme zum Umbau des Waldes sollen verstetigt werden

    Der Waldumbau soll Klöckner zufolge staatlich gefördert werden. Gefördert werden solle nicht nur die Beratung von Waldbesitzern, diese sollten direkt für die Klimaschutzleistung ihrer Flächen honoriert werden – mit Geld, das aus der Bepreisung von CO2-Emissionen stammt. Nach welchem System und in welcher Höhe die Waldbesitzer künftig bezahlt werden, stehe allerdings noch nicht fest. Darüber müsse eine künftige Bundesregierung entscheiden, sagte Klöckner.

    Bisherige Programme zum Umbau des Waldes, für die bereits 1,5 Milliarden Euro bereitgestellt wurden, sollen verstetigt werden. Klöckner verwies auf die schweren Schäden, die Dürre, Stürme, Brände und der Borkenkäfer in den vergangenen Jahren im Wald angerichtet haben. 280.000 Hektar, eine Fläche so groß wie das Saarland, müssten aktuell aufgeforstet werden. Klöckner sprach sich für eine gesunde „Balance von Ökologie, Ökonomie und sozialer Frage“ beim Waldumbau aus.

    Auch die Besitzer klein strukturierter Wälder sollen den teuren und langwierigen Umbau, der sich oft erst in Generationen rechnen werde, stemmen können. Die Bundesregierung werde dazu etwa forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse fördern, die etwa gemeinsam Pflanzmaßnahmen planen oder Maschinen anschaffen können. Zu einer nachhaltigen Waldwirtschaft gehöre auch die Verwendung von Holz – allerdings bevorzugt für langlebige Produkte. So sollen etwa künftig immer mehr Häuser aus dem nachwachsenden Rohstoff der Wälder enstehen. Die Bundesregierung strebe längerfristig eine „Holzbauquote“ von 30 Prozent an. Die Verwendung von Holz sei kein Widerspruch zum Klimaschutz. Denn Holz binde langfristig CO2 und sie daher klar im Vorteil gegenüber mineralischen Baustoffen. Bis zu 56 Prozent weniger Treibhausgas entstehe bei einem Haus, das aus Holz statt etwa aus Ziegeln gebaut sei.

    Greenpeace kritisiert das Papier als „Bankrotterklärung an ambitionierten Klima- und Naturschutz im Wald“

    Vertreter von Waldbesitzerverbänden begrüßten die Waldstrategie der Bundesregierung. Hans Georg von der Marwitz, Präsident der AGDW „Die Waldeigentürmer“ nannte das Bekenntnis zur Honorierung der Klimaschutzleistung des Waldes einen „Meileinstein“ und forderte eine unbürokratische Umsetzung. Der Deutsche Forstwirtschaftsrat lobte, die Strategie setze auf Holz als Rohstoff und stärke die Arbeitsplätze in der Forstwirtschaft.

    Umweltschützer befürchten dagegen, dass Klöckner sie mit ihrer Strategie praktisch hinter die Fichte geführt habe. So kritisiert Greenpeace das Papier als „Bankrotterklärung an ambitionierten Klima- und Naturschutz im Wald“. Und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) warf Klöckner vor, sie schütze eher die „kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen der Forst- und Holzlobby als den Wald“.

    Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte, Klöckner habe „leider die Chance verpasst, eine gemeinsame, abgestimmte Strategie der Bundesregierung vorzulegen“. Das sei schade, denn der Schutz der Wälder als Kohlenstoffspeicher sei für den Klimaschutz ungeheuer wichtig. Bei ihrer Kollegin Klöckner dagegen stehe „der Aspekt der Holzproduktion sehr im Vordergrund“. Schulze: „Wälder sind so viel mehr als Holzfabriken. Bäume müssen auch groß und alt werden dürfen.“

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