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Umwelt: Kanadas schmutzige Seite

Umwelt

Kanadas schmutzige Seite

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    Erdölgewinnung im kanadischen Alberta: Der Tagebergbau für Ölsand gilt als einer der Hauptgründe für den starken Anstieg der Treibhausgase.
    Erdölgewinnung im kanadischen Alberta: Der Tagebergbau für Ölsand gilt als einer der Hauptgründe für den starken Anstieg der Treibhausgase. Foto: Foto: imago

    Ottawa Empfindlicher hätte Kanada den globalen Klimaschutz kaum treffen können. Nur Stunden nach dem Ende der Weltklimakonferenz von Durban sagte sich die Regierung in

    Zwar beteuert die Regierung in Ottawa, beim neuen Weltklimaabkommen wieder mit dabei zu sein. Doch der Vertrag ist noch nicht geschrieben. Er soll bis 2015 erarbeitet werden und erst 2020 in Kraft treten, so der Beschluss von Durban. Bis dahin ist eine Verlängerung des im Dezember 2012 auslaufenden Kyoto-Protokolls das einzige Instrument gegen die bedrohlich zunehmende Erwärmung der Erde.

    Offiziell begründet Kanada seinen Schritt mit der Ungleichheit beim derzeitigen Klimaschutz. Die beiden größten Sünder, die USA und China, würden ungebremst Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre schicken, bemängelte der kanadische Umweltminister Peter Kent.

    Die USA sind nicht an Auflagen gebunden, weil sie das Kyoto-Abkommen nie ratifiziert haben. China war 1997 bei der Verabschiedung des Protokolls zunächst als Entwicklungsland vom CO2-Abbau ausgenommen worden – ebenso wie Indien, Brasilien und Südafrika. Auf der Weltklimakonferenz im japanischen Kyoto hatten sich 160 Vertragsstaaten verpflichtet, den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen bis 2012 um mindestens fünf Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu senken. Kanada war durch Kyoto an eine Reduzierung seiner Emissionen um sechs Prozent gebunden. Stattdessen ist der Ausstoß seit 1997 weiter gestiegen – um 30 Prozent im Vergleich zum zugesagten Klimaziel.

    Um dieses zu erfüllen, müsste die Regierung allen Verkehr von den Straßen verbannen und die Heizung in allen Gebäuden des Landes abdrehen, sagte Umweltminister Kent. Die kanadische Opposition wirft der Regierung dagegen Panikmache vor und verweist darauf, dass der konservative Premier Stephen Harper nach seinem Amtsantritt alle Klimaschutzprogramme nach seinem Wahlsieg radikal zusammenstrich.

    Viele Umweltpolitiker, wie der deutsche Grünen-Energieexperte Hans-Josef Fell, vermuten, dass der wichtigste Grund für das Vorgehen der kanadischen Regierung der Schutz der Erdölbranche als einer der großen Wirtschaftszweige in Kanada ist. Die Gewinnung von Erdöl im Tagebergbau aus Ölsanden und Ölschiefern gilt als Hauptursache für den starken Anstieg der Treibhausgase in Kanada. „Gerade der Abbau von Ölsanden ist in vielfacher Weise extrem klimaschädlich – durch die großflächige Abholzung von Wäldern, den hohen Erdgaseinsatz bei der Ölgewinnung und bei der Verbrennung des gewonnenen Erdöles“, sagt Fell, der nun einen Boykott kanadischen Erdöls fordert. Tatsächlich ist kanadisches Erdöl sogar in den USA verrufen. US-Präsident Barack Obama verschob kürzlich den Bau einer Pipeline von Kanada nach Texas.

    Umweltexperten warnen vor negativem Beispiel

    Die deutsche Bundesregierung reagierte gestern gelassen auf den Ausstieg. „Dass Kanada aus diesem Regime heraus will, ist keine politische Neuigkeit“, sagte Umweltminister Norbert Röttgen. Nun komme es auf die Umsetzung der Beschlüsse des Klimagipfels von Durban an. Die Klima-Expertin des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Ann-Kathrin-Schneider, betonte dagegen, „dass Kanada unmittelbar nach dem Ende des Weltklimagipfels von Durban aus dem Kyoto-Abkommen aussteigt, ist zynisch und bestätigt das Misstrauen der Schwellenländer gegenüber den Industrieländern“.

    Nach Ansicht des Kieler Klimaforschers Mojib Latif beweist Kanadas Handeln ein allgemeines politisches Versagen beim Klimaschutz: „Das unterstreicht nur das, was in Durban schon klar geworden ist, das Thema ist inzwischen weg von der Agenda der internationalen Politik“, kritisierte er. Der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen habe sich seit 1990 nicht verringert, sondern sei um 40 Prozent gestiegen. „Das heißt, es gab Klimaschutz nur auf dem Papier, aber nicht real“, betonte Latif. (dpa, AZ)

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