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Umfrage: Mehrheit fordert, dass Lehrer auch in den Ferien unterrichten

Umfrage

Mehrheit fordert, dass Lehrer auch in den Ferien unterrichten

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    In den Sommerferien in die Schule? Eltern und Lehrer sind skeptisch.
    In den Sommerferien in die Schule? Eltern und Lehrer sind skeptisch. Foto: Sebastian Gollnow, dpa (Symbolbild)

    Die meisten Schüler in Deutschland haben ihre Schulen seit Monaten nicht mehr von innen gesehen – entsprechend groß sind bei vielen die Lernrückstände. Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) schätzt, dass jeder vierte Schüler „substanzielle Wissenslücken“ hat. Ob die mit zusätzlichem Unterricht in den Sommerferien geschlossen werden können, ist allerdings umstritten. Nach einer Umfrage des Civey-Institutes im Auftrag unserer Redaktion ist eine knappe Mehrheit von 50,1 Prozent der Deutschen dafür, dass Lehrkräfte in dieser Ausnahmesituation auch in den Ferien unterrichten sollten. 37,6 Prozent sprechen sich dagegen aus, der Rest ist unentschieden.

    In Bayern fallen die Ergebnisse ähnlich aus: 47,8 Prozent würden es begrüßen, wenn Lehrer auch in den Ferien unterrichten müssten, 40 Prozent sind dagegen. Um Lernrückstände aufzuholen, plant das bayerische Kultusministerium, Schüler für zwei Wochen in den Sommerferien an die Schulen zu holen. Im Projekt „Sommerschule 21“ sollen die Schulen dann Intensivkurse in den Kernfächern wie Mathematik oder Deutsch anbieten. Für Schüler soll die Teilnahme freiwillig sein. Lehrer können sich freiwillig einbringen, außerdem können die Schulen externe Kräfte mit pädagogischer Vorerfahrung anwerben.

    Die Eltern nehmen die Lehrer in Schutz

    Aufseiten der Eltern ist die Skepsis gegenüber einer Unterrichtsverpflichtung groß. „Ich sehe es als sehr schwierig an, die Lehrer zu verpflichten“, betonte Sabrina Wetzel, Mitglied im Vorstand des Bundeselternrats gegenüber unserer Redaktion. „Viele Lehrer sind in der Corona-Zeit an ihre Grenzen gegangen und haben eine Erholung verdient.“ Sommerschule könne zwar eine Maßnahme sein, um Lernrückstände aufzuholen, aber sie dürfe nicht die einzige sein. „Der Erfolg der Sommerschule vergangenes Jahr in Baden-Württemberg war überschaubar.“ Viele Eltern hätten lieber eine Wiederholung des Schuljahres, mehr Unterricht am Nachmittag oder am Samstag und mehr Arbeitsgemeinschaften gehabt.

    Ilka Hoffmann, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, argumentiert ähnlich: „Es gibt das Gefühl, dass Fernunterricht für die Lehrer ein Spaziergang ist. Das ist aber nicht so.“ Die Schulen seien zwar teilweise geschlossen gewesen, Unterricht aber habe ja trotzdem stattgefunden. „Die Lehrerinnen und Lehrer haben nicht die Luft, zwei Wochen Sommerkurse dranzuhängen“, betonte Hoffmann. „Wir halten es für besser, wenn den Kindern ein ganzheitliches Angebot in den Ferien gemacht wird. Eine Mischung aus Lernen, Sport, Musik und Kunst. Die Vereine und freie Träger können hier mit eingebunden werden. Jetzt zwei Wochen nachzupauken, entspricht einem alten Verständnis von Schule.“

    CDU-Mann Brinkhaus wollte die Sommerferien verkürzen

    Anfang des Jahres hatte der Fraktionschef der Union im Bundestag, Ralph Brinkhaus, noch eine generelle Verkürzung der Sommerferien gefordert, um versäumten Stoff nachzuholen. Für Matthias Fischbach dagegen, den Bildungsexperten der bayerischen FDP, wäre schon die verpflichtende Rekrutierung von Lehrern in den Ferien eine „Holzhammermethode“ als Reaktion auf die durch Distanz- und Wechselunterricht entstandenen Lernlücken. „Das Versagen der Politik darf jetzt aber nicht einfach pauschal auf dem Rücken der Betroffenen vor Ort ausgetragen werden.“ Stattdessen hätte er sich lieber „faire Leistungsanreize und verbindlichere Standards beim Digitalunterricht“ gewünscht.

    Ludger Wößmann, Leiter des Münchner ifo-Zentrums für Bildungsökonomik und einer der wichtigsten Bildungsforscher Deutschlands, sieht in der Diskussion um Fördermaßnahmen und darüber, wer sie durchführt, noch etwas ganz anderes als zentral an: "Das Wichtigste ist, dass alles getan wird, damit die Ferienprogramme wirklich bei den benachteiligten Kindern und Jugendlichen ankommen", sagte er unserer Redaktion. Denn gerade sie benötigten Unterstützung, um die entstandenen Lernverluste aufzuholen. "Leider haben die Ferienprogramme die benachteiligten Kinder und Jugendlichen bisher kaum erreicht: Elf Prozent der Akademikerkinder, aber ganze zwei der Nicht-Akademikerkinder haben seit den ersten Schulschließungen an Ferienkursen teilgenommen."

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