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Ukraine: Ukraine-Krise: Was die zu sagen haben, die keiner gefragt hat

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Ukraine-Krise: Was die zu sagen haben, die keiner gefragt hat

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    Karl-Theodor zu Guttenberg hat zwar keiner gefragt. Zur Krise in der Ukraine hat er aber trotzdem etwas zu sagen.
    Karl-Theodor zu Guttenberg hat zwar keiner gefragt. Zur Krise in der Ukraine hat er aber trotzdem etwas zu sagen. Foto: Peter Kneffel (dpa)

    Wer es gut mit Eva Herman meint, könnte eine Geschichte über die frühere Nachrichtensprecherin so beginnen:

    Eines muss man der 55-Jährigen lassen, sie liefert verblüffend einfache Antworten auf schwierige Fragen. Da ist zum Beispiel die Frage, wer denn nun verantwortlich ist für die Eskalation in der Ostukraine. Herman muss nicht lange nachdenken. Schuld ist für sie die Europäische Union. Und die Amerikaner natürlich. „Warum legt der Westen es immer wieder gezielt auf Provokationen an?“, fragt sie in ihrer Kolumne, die regelmäßig auf der Internetseite des Rundfunksenders Stimme Russlands erscheint.

    Der Sender ist übrigens in staatlicher Hand und gilt als Sprachrohr des Kremls. Da freut man sich natürlich über die vermeintlich prominente Fürsprecherin aus Deutschland. Dass Herman in ihrer Heimat zuletzt nur noch durch ausgedehnte Tauchgänge in diversen Fettnäpfchen aufgefallen ist, scheint den Russen entgangen zu sein.

    Auch Karl-Theodor zu Guttenberg meldet sich zu Wort

    Hauptsache, die Gastautorin ist auf Kreml-Linie. Herman gibt sich Mühe und wirft die Frage auf, „was eigentlich noch passieren muss, bis Wladimir Putin der Kragen platzt“. Der russische Präsident quasi als besonnener Diplomat, der um des Friedens Willen die ständigen Provokationen erduldet.

    Chronologie der Ukraine-Krise

    1. Dezember 2013: Hunderttausende fordern in Kiew den Sturz des pro-russischen Präsidenten Viktor Janukowitsch.

    18. Februar 2014: Bei neuen Straßenschlachten kommen Dutzende Menschen ums Leben.

    22. Februar: Janukowitsch fliegt ins ostukrainische Charkow, lehnt aber einen Rücktritt ab. Das Parlament erklärt ihn später für abgesetzt und macht seinen Chef Alexander Turtschinow zum Übergangspräsidenten.

    27. Februar: Bewaffnete besetzen auf der ukrainischen Halbinsel Krim Regierungsgebäude. Das prorussische Krim-Parlament will eine Volksbefragung zum künftigen Status der Region und setzt die Regierung ab.

    1. März: Russlands Föderationsrat stimmt auf Bitten von Putin einem Militäreinsatz auf der Krim im Grundsatz zu.

    11. März: Das Krim-Parlament beschließt die Unabhängigkeit der Halbinsel. Als Reaktion verfügt die Europäische Union Sanktionen gegen Russland. Auch US-Präsident Barack Obama verhängt Sanktionen.

    16. März: Die Krim stimmt in einem Referendum für den Beitritt zu Russland. Die USA und die EU verschärfen ihre Strafmaßnahmen.

    6. April: Bei Demonstrationen im russischsprachigen Osten der Ukraine besetzen moskautreue Aktivisten Verwaltungsgebäude in den Millionenstädten Charkow und Donezk sowie später in weiteren Orten. Sie fordern Referenden über eine Abspaltung der Ostukraine von Kiew und rufen eine souveräne Volksrepublik aus.

    13. April: Ein «Anti-Terror-Einsatz» gegen die Separatisten in der Stadt Slawjansk fordert Tote und Verletzte. Kiew wirft Moskau vor, die Unruhen mit eingeschleusten Provokateuren zu schüren. Russlands Außenminister Sergej Lawrow weist die Vorwürfe zurück.

    18. April: Bei einem internationalen Treffen in Genf wird ein Friedensplan beschlossen. Wichtigster Punkt: Die Separatisten in der Ostukraine sollen die Waffen niederlegen und besetzte Gebäude räumen.

    22. April: Die Regierung in Kiew setzt ihren Militäreinsatz im Osten des Landes fort. Zuvor hatte US-Vizepräsident Joe Biden bei einem Besuch in Kiew mit Hilfszusagen für die Ukraine der prowestlichen Führung demonstrativ den Rücken gestärkt.

    25. April: Als Reaktion auf die Militäroffensive im Osten der Ukraine beginnt Russland ein Manöver im Grenzgebiet. Putin verurteilt den ukrainischen Armee-Einsatz als «sehr ernstes Verbrechen», das Folgen für die Regierung in Kiew haben werde. Der Kreml und Washington beschuldigten sich gegenseitig, nichts zu einer Entspannung der Lage beizutragen.

    Den wahren Aggressor sieht Herman in den USA. Bereits im Juli stellt sie fest: „Wir pfeifen immer noch die schiefen Noten der Onkel-Sam-Leute mit, obwohl die so weit weg sind. Die Russen, die uns viel näher sind, verteufeln wir in vorauseilendem Gehorsam. Warum bloß?“

    Dort, im so fernen Amerika, sitzt ein anderer Deutscher, der sich gerne ungefragt zu Wort meldet. Gerade hat Karl-Theodor zu Guttenberg den Regierenden in aller Welt mal wieder die Leviten gelesen. Im Wall Street Journal bezeichnet der hierzulande längst abgeschriebene Shootingstar a. D. die europäischen Politiker als „Schlafwandler“, die „die Folgen ihrer Untätigkeit nicht erkennen“. Dass sie die Bedrohung durch Putins Russland nicht ernst genug nähmen, sei Ausdruck „wahnhafter Entrückung“. Findet er jedenfalls. Und man fragt sich, was Eva Herman dazu sagen würde. Egal. Eine Idee, wie man Moskau stoppen könnte, hat Guttenberg sowieso nicht. Wie gut, dass er nicht mehr selbst regieren muss.

    Apropos: Die Bundesregierung kommt in seiner Abrechnung einigermaßen glimpflich davon. Der CSU-Politiker schießt sich lieber auf die Europäische Union ein. Dass sich in Brüssel nun eine gerade mal 41-jährige Italienerin um die Außenpolitik kümmern soll, hält „KT“ für einen „historischen Fehler“. Er muss es wissen, schließlich wurde er selbst einst mit 37 Jahren zum Bundesminister ernannt.

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