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Ukraine: Timoschenko: Wie die Revolutionsheldin zum Opfer wurde

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Timoschenko: Wie die Revolutionsheldin zum Opfer wurde

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    Die ukrainische Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko ist wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Foto: Sergey Dolzhenko dpa
    Die ukrainische Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko ist wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Foto: Sergey Dolzhenko dpa

    Kiew/Augsburg Die Frau mit dem traditionellen geflochtenen Haarkranz war die Einpeitscherin: „Die Banditen gehören ins Gefängnis“, rief Julia Timoschenko während der Orangenen Revolution, die Ende 2004 für zweieinhalb Wochen die Ukraine erschütterte, den Tausenden auf dem Majdan zu, dem Unabhängigkeitsplatz im Herzen der Hauptstadt

    Heute sitzt Julia Timoschenko im Gefängnis, und der „Bandit“ Viktor Janukowitsch ist Präsident. 2010 hatten beide um das höchste Amt im Staat gekämpft – in der Stichwahl siegte der als „Mann Moskaus“ geltende Janukowitsch (49 Prozent) gegen die amtierende Ministerpräsidentin Timoschenko (45,5 Prozent). Seither geht die Justiz gegen die einstige Ikone der Revolution vor. Ein 2009 abgeschlossener Gasvertrag mit Russland, in dem die Ukraine angeblich zu hohe Lieferpreise akzeptierte, lieferte den Vorwand für eine Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs.

    Urteil gegen Timoschenko hart kritisiert

    Dieses Urteil wird sowohl im Westen als auch in Moskau hart kritisiert. Die russische Regierung will sich nicht nachsagen lassen, Timoschenko über den Tisch gezogen zu haben. Die Europäer und die USA sind „tief besorgt“ über den brutalen Umgang mit der dem Westen wohlgesonnenen Politikerin.

    Die 51-jährige Timoschenko, die vor kurzem in ein Straflager in Charkow (450 Kilometer östlich von Kiew) gebracht wurde, leidet wohl an einem Bandscheibenvorfall. Von ukrainischen Ärzten will sie sich nicht behandeln lassen, weil sie um ihr Leben fürchtet. Die prominente Gefangene berichtet auch über Misshandlungen und begann einen Hungerstreik.

    Deutsche Mediziner, die sie im Gefängnis untersuchen durften, erklärten Timoschenko mit Blick auf künftige Gerichtsverfahren für verhandlungsunfähig. In diesen anstehenden Prozessen wird ihr vorgeworfen, in der Zeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Staatsmittel veruntreut zu haben.

    Timoschenko in undurchsichtige Geschäfte in der Ukraine verstrickt

    Timoschenko, die damals den Spitznamen „Gasprinzessin“ trug, war zu jener Zeit ebenso wie ihr Ehemann in undurchsichtige Geschäfte verstrickt. Überdies gehörte sie zum politischen Establishment. 1999 stieg sie zur Vize-Ministerpräsidentin auf – und war damit Stellvertreterin ihres heutigen Intimfeindes Janukowitsch. Doch bereits im Jahr darauf fiel sie in Ungnade, musste einige Wochen im Gefängnis verbringen und ging dann in die Opposition.

    Der Sieg der Orangenen Revolution, der Ende 2004 auch dank Timoschenko gelang, wurde im Westen als Durchbruch für die Demokratie gefeiert. Doch an die Macht gelangt, konnten die Revolutionäre ihre Versprechen nicht einlösen. Timoschenko und Präsident Viktor Juschtschenko (auffällig war sein von Narben durchfurchtes Gesicht, die Folge eines Dioxinanschlags) zerstritten sich gnadenlos. Im Land herrschten teils chaotische Verhältnisse und wirtschaftlich ging es nicht voran. Diese schlechte Leistungsbilanz trug mit dazu bei, dass bei der Präsidentenwahl 2010 mit Janukowitsch ein Vertreter des vorrevolutionären politischen Systems gewann.

    Der neue Präsident, dem einerseits autoritäre Tendenzen, andererseits aber auch Effizienz nachgesagt werden, packte Strukturreformen an. Er trieb aber auch die Vorbereitungen für die Fußball-Europameisterschaft  voran, deren Gelingen angeblich gefährdet war.

    Bei der EM-Vergabe schien die Ukraine auf einem guten Weg

    Im Jahr 2007 – also zur Regierungszeit der Revolutionäre – hatte der Europäische Fußball-Verband (Uefa) die „Euro 2012“ an Polen und die Ukraine gemeinsam vergeben. Damals schien die Ukraine auf einem guten Weg zu sein. Hätte jemand die heutige Situation vorhergesehen, hätte vielleicht doch Italien den Zuschlag bekommen, das eigentlich als Favorit galt.

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