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Ukraine: Schon 77 Menschen gestorben, Krisengespräche sind unterbrochen

Ukraine

Schon 77 Menschen gestorben, Krisengespräche sind unterbrochen

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    Demonstranten in Kiew protestieren gegen die Regierung.
    Demonstranten in Kiew protestieren gegen die Regierung. Foto: Sergey Dolzhenko, dpa

    In der Ukraine sind die Gespräche mit Staatspräsident Viktor Janukowitsch und der Opposition für eine politische Lösung für eine Verhandlungspause unterbrochen worden. In der europäischen Delegation war am Freitagmorgen in Kiew von "sehr schwierigen Verhandlungen" die Rede. Die Gespräche hätten die ganze Nacht gedauert. Am Vormittag solle weiterverhandelt werden. Auf europäischer Seite werden die Gespräche von Außenminister Frank-Walter Steinmeier und seinem polnischen Kollegen Radoslaw Sikorski geführt. Die EU hat einen Fahrplan zur Lösung des Machtkampfs vorgeschlagen.

    Mindestens 77 Tote

    Bei den blutigen Straßenkämpfen von Regierungsgegnern und Sicherheitskräften in der Ukraine sind seit Dienstag mindestens 77 Menschen ums Leben gekommen. Das teilte das Gesundheitsministerium in Kiew am Freitag mit. Hunderte Menschen seien zudem verletzt worden bei den Auseinandersetzungen um den zentralen Unabhängigkeitsplatz in Kiew - den Maidan. Die Lage in der Nacht war vergleichsweise ruhig, wie Augenzeugen berichteten. Demonstranten rüsteten sich allerdings für neue Zusammenstöße mit der Polizei. Das ukrainische Parlament hatte ein Ende des staatlichen Anti-Terror-Einsatzes gegen die Regierungsgegner beschlossen.

    Beck: "Das ist ein Krieg gegen das Volk"

    Die Grünen-Abgeordnete und frühere Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck, hat den ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch für die vielen Toten bei den blutigen Straßenschlachten in Kiew verantwortlich gemacht. "Das ist ein Krieg eines gnadenlosen Regimes gegen das Volk", sagte Beck der Deutschen Presse-Agentur. Sie hält sich zurzeit in Kiew auf. Bundestag befasst sich mit Ukraine-Krise

    Die Gewaltausbrüche auf dem Maidan seien kein Bürgerkrieg. "Es kämpfen nicht Bürger gegeneinander." Zwar könne es radikale Kräfte geben. "Aber wenn man sich diese Massen von Menschen anschaut ... , ist das eine Volksbewegung gegen ein Regime." Bei den Protesten gehe es nicht um den Assoziierungsvertrag der Ukraine mit der EU: "Der spielt längst keine Rolle mehr."

    Heckenschützen der Regierung schießen auf Demonstranten

    Beck, die Obfrau im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages ist, macht sich derzeit in Kiew ein Bild von der Lage rund um den Maidan-Platz. Auch die Grünen-Politikerin berichtet von Heckenschützen der  Regierungstruppen, die von Dächern in die Menge schießen würden. Sie kenne das aus Bosnien-Herzegowina und der Hauptstadt Sarajevo: "Diese Scharfschützen sind wahllos, und sie zielen es darauf ab, Menschen zu töten."

    Die weitere Entwicklung in der Ukraine ist nach den Worten von Beck kaum vorherzusagen. "Was passiert, weiß niemand", sagte sie. "Die Situation ändert sich stündlich." Es sei zu hoffen, dass der Weg für eine Verfassungsänderung frei gemacht wird und damit für eine Konsensregierung der nationalen Einheit. So könnte vielleicht ein Ausweg gefunden werden. Es sei auch zu hoffen, dass Vertreter aus dem Janukowitsch-Lager ausscheren: "Es ist schwer vorstellbar nach diesen Toten, dass er weiter Präsident der Ukraine bleiben kann." Steinmeier will in der Ukraine vermitteln

    Unglaubliche Selbstorganisation der Demonstranten

    Mit Blick auf die aktuelle Rolle der Opposition bei den Protesten sagte Beck, es herrsche auf dem Maidan-Platz eine unglaubliche Selbstorganisation durch die Demonstranten: "Es gebt ein festes Zusammengeschweißtsein, wie wir es gar nicht kennen."

    Die Radikalisierung der Massen auf dem Maidan sei auch dadurch vorangetrieben worden, weil die politischen Führer immer wieder mit leeren Händen auf den Platz gekommen seien. Dies habe es für sie immer schwerer gemacht, noch Führungspersönlichkeit zu bleiben. Daran habe der Westen einen Anteil. Beck: "Es gibt im Augenblick eine sich selbst organisierende Volksbewegung." dpa

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