Neue Sanktionen gegen Russland: Auf der am Samstag im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Sanktionsliste stehen der Leiter des Inlandsgeheimdienstes, Nikolai Bortnikow, der Chef des Auslandsgeheimdienstes, Michail Fradkow, sowie weitere Mitglieder des russischen Sicherheitsrats. Auch der tschetschenische Präsident Ramsan Kadirow wurde mit Kontosperrungen und Einreiseverboten belegt.
EU weitet Sanktionen gegen Einzelpersonen aus
Streitthemen zwischen Russland und dem Westen
Verletzung von Menschenrechten, demokratische Defizite: Der Konflikt in der Ukraine ist nicht der einzige Zankapfel zwischen Russland und dem Westen.
SYRIEN: Präsident Wladimir Putin dringt auf eine Politik ohne Einmischung in fremde Belange. Diese Haltung führt zu Streit zwischen Russland und dem Westen im Syrien-Konflikt. Putin lehnt eine einseitige Unterstützung der Opposition ab. Aber der Westen ist auf Moskau angewiesen, um Druck auf den syrischen Machthaber Baschar al-Assad auszuüben.
RAKETENABWEHR: Der Streit über die geplante Nato-Raketenabwehr in Europa schwelt seit vielen Jahren. Russland ist dagegen, weil es eine Gefahr für die eigenen strategischen Atomwaffen sieht.
Ende 2013 hatte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen gesagt, das System richte sich «in keiner Weise gegen Russland». Er reagierte auf eine Drohung, in der russischen Ostsee-Exklave Kaliningrad im Baltikum Raketen zu stationieren. Moskau fordert aber schriftliche Garantien.
SNOWDEN: Wegen des russischen Asyls für den früheren amerikanischen Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden gerieten US-Präsident Barack Obama und Kremlchef Wladimir Putin aneinander. Obama hatte deshalb vor dem G20-Gipfel in St. Petersburg im September 2013 ein Treffen mit Putin abgesagt. Die USA wollen Snowden wegen Geheimnisverrats vor Gericht stellen. Er hatte die weitreichenden Abhöraktionen des US-Geheimdienstes NSA enthüllt.
GEFANGENE: Michail Chodorkowski oder die Frauen von Pussy Riot - diese kürzlich freigelassenen Gefangenen hatte Amnesty International als politisch Verfolgte anerkannt. Doch Moskau weist den Vorwurf von sich, dass Menschen wegen ihrer politischen Überzeugungen inhaftiert werden und verweist seinerseits auf das umstrittene Lager Guantánamo.
HOMOSEXUELLE: Wer gegen das Verbot von «Homosexuellen-Propaganda» verstößt und im Beisein von Minderjährigen positiv über Homo-, Bi- oder Transsexualität spricht, muss mit saftigen Geldstrafen rechnen. Kritik und Empörung kommt von vielen Seiten, unter anderem von US-Präsident Barack Obama und der Bundesrepublik. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warnte bei den Olympischen Winterspielen vor Homophobie.
MENSCHENRECHTE: Auch auf anderen Feldern beklagen Bürgerrechtler und westliche Politiker die Verletzung von Menschenrechten. So sind Morde an Bürgerrechtlern nicht aufgeklärt. Auch die Arbeit als kritischer Journalist kann lebensgefährlich sein - Anna Politkowskaja etwa wurde 2006 in Moskau erschossen. Sie hatte über Kriegsverbrechen in Tschetschenien berichtet.
MENSCHENRECHTE: Im vergangenen Jahr sorgten Razzien gegen Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen für Empörung. Im Streit über Menschenrechte verweist Moskau oft darauf, dass Russland etwa die Todesstrafe nicht vollstrecke, im Unterschied zu anderen Staaten.
Die EU-Botschafter hatten sich am Donnerstag darauf verständigt, die Sanktionen auf 15 Einzelpersonen sowie auf jeweils neun Institutionen Unternehmen auszuweiten. Auch Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland rücken immer näher. Am Freitag einigten sich die Mitgliedstaaten "im Prinzip" auf ein Maßnahmenpaket, das etwa auf Rüstungsgeschäfte und russische Banken zielt, wie aus Diplomatenkreisen verlautete.
Ukraine-Krise: Bislang 72 Einreiseverbote und Kontosperren
Bisher hatte die EU Einreiseverbote und Kontosperren gegen 72 Ukrainer und Russen erlassen, die sie für die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich macht. Hinzu kamen zwei Unternehmen auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim.
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy will, dass die EU noch stärkere Sanktionen gegen Russland erlässt. Van Rompuy bat am Samstag die 28 Staats- und Regierungschefs der EU um Zustimmung zu neuen Wirtschaftssanktionen. In einem von der "Financial Times" veröffentlichten Brief bat er die Regierungschefs, persönlich die EU-Botschafter anzuweisen, den geplanten Maßnahmen zuzustimmen. Damit soll ein weiterer EU-Sondergipfel vermieden werden.
Van Rompuy will Wirtschaftssanktionen gegen Russland
Die Botschafter sollen nach Van Rompuys Wunsch am Dienstag den ersten EU-Wirtschaftssanktionen gegen Russland zustimmen. Dabei geht es unter um eine Erschwerung des Zugangs zum EU-Kapitalmarkt für russische Banken, ein Verbot künftiger Waffenexporte, ein Ausfuhrverbot für sowohl zivil als auch militärisch nutzbare Güter und ein Exportverbot für Spezialanlagen zur Ölförderung. Die Staats- und Regierungschefs hatten sich im März die Entscheidung persönlich vorbehalten. Dies würde jedoch einen Sondergipfel vor dem am 30. August geplanten Sondergipfel nötig machen.
Das Sanktionspaket treffe "die richtige Balance" hinsichtlich des Verhältnisses von Kosten und Nutzen, schrieb Van Rompuy. "Es wird eine starke Wirkung auf Russland und nur mäßige Folgen für die europäische Wirtschaft haben". afp/dpa/AZ