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Ukraine-Konflikt: Nach Geiselnahme: Diskussion um riskante Mission der Militärbeobachter

Ukraine-Konflikt

Nach Geiselnahme: Diskussion um riskante Mission der Militärbeobachter

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    Im Fokus: Die gefährliche Mission deutscher Militärbeobachter wirft Fragen an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf.
    Im Fokus: Die gefährliche Mission deutscher Militärbeobachter wirft Fragen an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Die deutschen Geiseln sind wieder frei – die Diskussion über ihren Einsatz aber ist deswegen nicht zu Ende. Angela Merkel hat sich vor allem über die Kritik von CSU-Vize Peter Gauweiler geärgert, der die gesamte Beobachtermission in der Ukraine infrage stellt. „Das ist die persönliche Meinung von Herrn Gauweiler“ lässt sie ihren Sprecher Steffen Seibert ausrichten. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), in deren Auftrag die Militärbeobachter unterwegs waren, spiele nach wie vor eine wichtige Rolle in diesem Konflikt. „Die Bundesregierung steht zu diesen Inspektionen“, sagt Seibert – und stellt die Gegenfrage: „Wann, wenn nicht jetzt?“

    Was haben die Geiseln über ihre Gefangennahme erzählt?

    Offenbar sind sie nicht zufällig in die Hände der Aufständischen gefallen. Die acht Beobachter aus Deutschland, Dänemark, Tschechien, Schweden und Polen seien auf einem Rastplatz in der Nähe der Stadt Slawjansk von „hochprofessionellen Kräften“ gefangen genommen und danach der selbst ernannten Bürgermiliz des Separatistenführers Wjatscheslaw Ponomarjow übergeben worden, sagt der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Jens Flosdorff. Spekulationen, sie hätten sich leichtfertig in ein umkämpftes Gebiet begeben, weist er zurück: „Es gibt keine Indizien für ein Fehlverhalten.“ Solche Missionen seien nie ohne Risiko und obendrein nichts Neues für die Bundeswehr. Unter anderem hat sie auch im Bosnien-Konflikt in den neunziger Jahren speziell geschulte Soldaten aus ihrem Zentrum für Verifikationsaufgaben für die Inspektionen der OSZE abgestellt. Im Moment hat sie einen Aufklärer in Slowenien und drei weitere in Georgien im Einsatz.

    Welchen Spielregeln folgt eine solche Mission – und welche Befugnisse haben die Beobachter?

    Anders als die Blauhelme der Uno oder die deutschen Truppen in Afghanistan haben sie keinen klar umrissenen operativen Auftrag und auch keine Waffen dabei. Mit ihrem militärisch geschulten Blick tragen sie, vereinfacht gesagt, lediglich Fakten über die Stärke der jeweiligen Streitkräfte oder deren Bewaffnung zusammen. Angefordert hat die Inspekteure die Regierung in Kiew, die auch gemeinsam mit der OSZE deren Auftrag definiert hat. Dabei wird praktisch auf den Quadratmeter genau festgelegt, innerhalb welcher Korridore die Beobachter sich bewegen, ob sie Kameras mitführen dürfen und welches Land den jeweiligen Einsatz leitet. In einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk hat der deutsche Oberst Axel Schneider seine Arbeit so beschrieben: „Wir sprechen mit Militärangehörigen, besuchen militärische Einrichtungen und machen uns so ein Bild, in welchem Zustand die bewaffneten Kräfte sind, was sie leisten können und ob sie offensiv oder defensiv ausgerichtet sind.“

    Die Beobachtermission läuft in jedem Fall noch bis zu den Wahlen am 25. Mai. Schickt die Bundeswehr dazu noch einmal Soldaten?

    Nein, vorerst nicht. Bereits im März hat die OSZE die Inspektion in der Ukraine bis Ende Mai „durchgeplant“, wie es im Militärjargon heißt. Dabei haben 29 von insgesamt 57 Mitgliedsländern zugesagt, Beobachter zu stellen. Die Bundeswehr hat ihr Soll hier schon erfüllt, in den nächsten Wochen sind unter anderem noch Briten und Spanier an der Reihe, im Moment wird die Inspektion von kanadischen Militärs gesteuert. Allerdings sind in zwei anderen, zivilen Missionen der OSZE noch 18 Deutsche in der Ukraine, am Mittwoch folgen fünf weitere. Auch unter den 1000 Wahlbeobachtern, die vor der Wahl in die Ukraine kommen, werden vermutlich dutzende von deutschen Experten sein.

    Welche Lehren zieht Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen aus der Geiselnahme? Reagiert sie auf Anfragen der OSZE künftig vielleicht zurückhaltender?

    Das ist nicht zu erwarten, Kanzlerin und Ministerin betonen unisono die Notwendigkeit solcher Inspektionen. Für die Sicherheit der Beobachter ist dabei im Übrigen stets das Land verantwortlich, in dem sie sich aufhalten – in diesem Fall wäre das die ukrainische Polizei gewesen. Ob sie die Geiselnahme hätte verhindern können und warum Schneiders Soldaten keine Uniform trugen, ist noch unklar. „Die Abläufe werden genau aufgearbeitet“, verspricht Ministeriumssprecher Flosdorff. Nach ihrer Heimkehr allerdings hatten die vier deutschen Geiseln zunächst Dringenderes zu tun: Sie erholen sich im Moment bei ihren Familien.

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