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Übergriffe in Köln: Bayerns Innenminister Hermann: "Manche Täter lachen uns aus"

Übergriffe in Köln

Bayerns Innenminister Hermann: "Manche Täter lachen uns aus"

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    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, CSU: Er will Ländern, die abgeschobene Straftäter oder Asylbewerber nicht zurücknehmen, die Entwicklungshilfe kürzen.
    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, CSU: Er will Ländern, die abgeschobene Straftäter oder Asylbewerber nicht zurücknehmen, die Entwicklungshilfe kürzen. Foto: Ulrich Wagner

    SPD-Chef Sigmar Gabriel schlägt vor, dass ausländische Straftäter ihre Strafen in ihren Heimatländern absitzen sollen. Ist das die richtige Antwort auf die Ereignisse von Köln, Herr Herrmann?

    Joachim Herrmann: Das kann in einzelnen Fällen die richtige Antwort sein. Und so etwas hat es auch schon gegeben, mit einigen Ländern hat die Bundesrepublik sogar entsprechende Abkommen geschlossen. Aber es muss auch sichergestellt sein, dass ein in Deutschland verurteilter Straftäter in seinem Heimatland nicht nach drei Tagen wieder freigelassen wird. Generell gilt: Wer bei uns gegen Gesetze verstößt, verwirkt sein Recht, in unserem Land aufgenommen zu werden – und zwar nicht erst, wenn er jemanden ermordet hat. Nur damit das klar ist: Wir reden nicht von Menschen, die ein Brötchen gestohlen haben. In Fällen von körperlicher Gewalt allerdings muss die Schwelle, von der ab jemand ausgewiesen wird, deutlich niedriger sein als drei Jahre Haft.

    Viele Länder nehmen ihre Flüchtlinge gar nicht erst zurück. Soll man ihnen tatsächlich die Entwicklungshilfe kürzen, wie Gabriel es verlangt? Das trifft am Ende doch unschuldige Menschen, die auf diese Hilfe angewiesen sind.

    Herrmann: Wir müssen die Rückführung von Straftätern oder abgelehnten Asylbewerbern deutlich beschleunigen und erweitern – auch in einige afrikanische Staaten. Wenn Länder sich weigern, diese Menschen wieder aufzunehmen, kann man meines Erachtens auch diesen Hebel ansetzen. Wir reden hier von deutschen Steuergeldern: Um Entwicklungshilfe zu erhalten, muss ein Entwicklungsland auch in solchen Fragen kooperativ sein.

    Wenn ausländische Kriminelle schneller ausgewiesen und abgeschoben werden sollen: Brauchen wir dazu tatsächlich neue Gesetze – oder haben wir nur ein Vollzugsdefizit?

    Herrmann: Die Neuregelung des Ausweisungsrechtes ist gerade erst in Kraft getreten – am 1. Januar. Umso wichtiger ist es, dass Bund und Land sich von Anfang an einig sind, wie sie diese Neuregelungen interpretieren. Das bedeutet, dass vor allem Straftäter schneller in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden. Das ist eine Frage des Vollzugs, ja. Heute lachen uns manche Täter doch aus, weil wir sie nicht abschieben, so lange ihr Asylverfahren läuft. Hier muss der Bund dafür sorgen, dass die Verfahren schneller abgeschlossen werden. Dass niemand in ein Land zurückmuss, in dem ihm Folter oder gar die Todesstrafe drohen, versteht sich von selbst.

    Abschiebungen sind Ländersache. Ist das Ergebnis am Ende nicht vorhersehbar: Einige Bundesländer, allen voran Bayern, schieben konsequent ab – und andere legen das geltende Recht dafür umso lässiger aus?

    Herrmann: Das ist in der Tat das Problem. Den wohlfeilen Reden müssen daher Taten folgen. Uns hilft es nichts, wenn die Bundespolitik vollmundig erklärt, es müsse entschlossener ausgewiesen werden, einige Länder dann aber gleich auf Tauchstation gehen. Es kann durchaus sein, dass wir die geltenden Regelungen an der einen oder anderen Stelle noch etwas präziser und verbindlicher formulieren müssen.

    Muss der öffentliche Raum besser überwacht werden, zum Beispiel per Video? Die Behörden in Köln tun sich schwer, die einzelnen Täter zu identifizieren und zu überführen.

    Herrmann: Entscheidend ist, dass die Polizei ein überzeugendes Einsatzkonzept hat, dass Verdächtige festgenommen werden und dass zügig ermittelt wird. Wir werden nicht jeden Winkel Deutschlands mit Video überwachen können. Das Besondere in Köln war dieses Massenhafte. Für mich ist es nur schwer nachzuvollziehen, warum auch nach zwei oder drei Stunden noch immer nicht genug

    Was sagen Sie eigentlich zu dem Vorwurf, in Städten wie Köln sei das Personal bei der Polizei knapp, weil viele Bundespolizisten, die sonst an Bahnhöfen und Flughäfen Dienst tun, inzwischen entlang der bayerisch-österreichischen Grenze im Einsatz sind?

    Herrmann: Die Hauptverantwortung für das, was in Köln passiert ist, hat zweifellos die Landespolizei in Nordrhein-Westfalen. Dass die Bundespolizei stark an der Grenze gefordert ist, ist sicherlich richtig, aber darauf darf man sich in einer solchen Situation nicht herausreden.

    Heißt das, dass der Landesinnenminister zurücktreten muss?

    Herrmann: Über personelle Konsequenzen muss das Land Nordrhein-Westfalen entscheiden. Da will ich mich von Bayern aus nicht einmischen.

    Bisher sind die Flüchtlingszahlen nicht nennenswert gesunken. Wie lange will die CSU das noch mit ansehen?

    Herrmann: Wir haben eine klare Position: Die Zahl der Flüchtlinge muss deutlich reduziert werden, dazu haben sich im Prinzip auch die CDU und die Bundeskanzlerin bekannt. Jetzt kommt es darauf an, das möglichst rasch umzusetzen. Darauf werden wir auch in den nächsten Wochen mit Nachdruck drängen.

    Zur Person Joachim Herrmann ist seit Oktober 2007 bayerischer Innenminister. Der gelernte Jurist aus Erlangen zog 1998 in den Landtag ein und war unter anderem Staatssekretär im Arbeitsministerium und Fraktionsvorsitzender der CSU. Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

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