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USA jagt Whistleblower: Spionage-Enthüllungen: Die verschlungene Flucht des Edward Snowden

USA jagt Whistleblower

Spionage-Enthüllungen: Die verschlungene Flucht des Edward Snowden

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    Hält die Welt in Atem: Ex-Geheimdienstler Edward Snowden.
    Hält die Welt in Atem: Ex-Geheimdienstler Edward Snowden. Foto: Glenn Greenwald/Laura Poitras (dpa)

    Die Flucht von Whistleblower Edward Snowden wird immer mehr zum Spionagethriller. Die Spur des 30-Jährigen, der von den USA wegen Spionage gesucht wird, hat sich in Moskau verloren. Viele erwarten jedoch, dass er am Mittag nach Kuba fliegen will.

    Whistleblower Edward Snowden: Asyl in Ecuador beantragt

    In Moskau gibt es indes angeblich keinen Hinweis auf den Ex-US-Geheimdienstler. Es sei unklar, wo sich Snowden aufhalte, berichtete das russische Staatsfernsehen  am Dienstagmorgen. Der Blick richte sich erneut auf die Mittagsmaschine der staatlichen Gesellschaft Aeroflot, die von Moskau-Scheremetjewo nach Havanna fliege.

    In Moskau war die Information gestreut worden, Snowden wolle über Kuba nach Ecuador reisen, wo er Asyl beantragt hat. Am Vortag verließ eine Aeroflot-Maschine Moskau allerdings ohne ihn. Die russische Expertin für Luftfahrtrecht, Lina Talzewa, warnte Snowden vor dem Flug. "Die USA können laut Chicagoer Konvention von 1944 ein Zivilflugzeug zur Landung auffordern, sollte ein Verdacht auf Rechtswidrigkeiten bestehen", sagte Talzewa. Als Beispiel führte sie den Fall einer syrischen Passagiermaschine an, die 2012 von türkischen Jets zur Landung in der Türkei gezwungen worden war.

    Snowden floh in Eile aus Hongkong

    Das Überwachungsprogramm Prism

    Prism ist ein streng geheimes Programm zur Überwachung und Auswertung von elektronischen Medien und Daten.

    Geleitet wird Prism seit 2007 von der amerikanischen National Security Agency (NSA).

    Prism ermöglicht angeblich den Zugriff auf die Internet-Kommunikation und die bei großen Konzernen gespeicherten Daten von Firmen und Privatpersonen.

    Aufgedeckt wurde die Überwachung durch Edward Snowden, einen Techniker, der für die Geheimdienste CIA und NSA arbeitete. Er informierte im Frühjahr 2013 verschiedene Medien über Prism.

    Den Zeitungen «Guardian» und «Washington Post» zufolge hat der US-Geheimdienst über Prism Zugriff auf Nutzer-Daten von Unternehmen wie Google, Yahoo, Microsoft, Apple oder Facebook.

    Die Unternehmen bestritten einen direkten Zugang der Behörden zu ihren Servern.

    Die NSA erklärte, die Internet-Überwachung sei absolut rechtmäßig. Diese sei "strikten Richtlinien" unterworfen und stünde unter "rigoroser Aufsicht", sagte NSA-Chef Keith Alexander bei einer Anhörung im Kongress in Washington.

    In Europa sorgten die Enthüllungen über Prism für heftige Kritik.

    Auch in den USA lief eine breite Koalition aus Internet- und Bürgerrechtsgruppen Sturm gegen die Spähprogramme ihrer Regierung.

    Die USA selbst rechtfertigten ihre Überwachung damit, man habe dadurch mehrere Terrorangriffe vereitelt.

    Russland hatte am Vortag mitgeteilt, einen US-Auslieferungsantrag "zu prüfen". Snowden habe das russische Hoheitsgebiet aber "nicht betreten", behauptete ein Behördensprecher. Der 30-Jährige habe "die russische Grenze nicht passiert", sagte Außenminister Sergej Lawrow in Moskau. Russische Medien hatten zuvor berichtet, der 30-Jährige habe sich im Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo aufgehalten. Dafür gab es aber keine Bestätigung.

    Seit Ende Mai befindet sich Snowden auf der Flucht. Von Hongkong reiste er am Sonntag wohl nach Russland - in großer Eile. Snowden habe so große Angst vor Überwachung  gehabt, dass seine wenigen Gäste bei einer Feier kurz vor seinem 30. Geburtstag ihre Handys im Kühlschrank seines Verstecks hätten deponieren müssen, sagte der Jurist Albert Ho.

    Snowden hatte Enthüllungen über Spionage von Anfang an geplant

    Inzwischen wurde zudem bekannt, dass Snowden seine Enthüllungen von langer Hand vorbereitet hatte: Der Informant hat sich nach eigenen Angaben von vornherein in den US-Geheimdienst eingeschleust, um dessen Schnüffeleien im Internet aufzudecken. Allein aus diesem Grund habe er den Job als IT-Techniker bei der Beratungsfirma Booz Allen Hamilton angenommen, die im Auftrag des US-Geheimdienstes NSA an der Internet-Überwachung beteiligt war, zitierte ihn die Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" vom Dienstag aus einem früheren Interview. Seine Arbeit habe ihm Zugang zu Listen mit gehackten Computern in der ganzen Welt verschafft. "Deswegen habe ich die Position vor rund drei Monaten angenommen."

    Snowden: Flucht belastet Verhältnis zwischen beteiligten Großmächten

    Die spektakulärere Flucht belastet das Verhältnis zwischen den beteiligten Großmächten: US-Außenminister John Kerry warnte China und Russland am Montag vor "Konsequenzen". Das Weiße Haus forderte Moskau zur Auslieferung des 30-Jährigen auf. Er übte scharfe Kritik an Peking und sprach von einem "schweren Rückschlag" für die Beziehungen. US-Präsident Barack Obama sagte, die USA versuchten im Gespräch mit den betroffenen Ländern "sicherzustellen, dass das Recht zum Zuge kommt". Für eine Festnahme und eine Auslieferung an die USA sieht Russland allerdings keinen Grund.

    Nach heftiger Kritik aus den USA verteidigte die Regierung von Hongkong ihre Entscheidung, den 30-Jährigen am Sonntag trotz eines US-Antrags auf Festnahme ziehen zu lassen. Regierungschef Leung Chun-ying verwies auf unzureichende Informationen der USA über die Vorwürfe und andere Formfehler, gegen die Snowden hätte Einspruch einlegen können. Die Einwanderungsbehörde teilte ferner mit, keine Mitteilung der US-Regierung erhalten zu haben, dass sein Reisepass für ungültig erklärt worden sei.

    Wikileaks: "auf einer sicheren Route" nach Ecuador

    Bei seinem Aufenthalt in Hongkong war Snowden von dem Anwalt und oppositionellen demokratischen Abgeordneten Albert Ho beraten worden. Über Mittelsmänner sei Kontakt zur Regierung der chinesischen Sonderverwaltungsregion unterhalten worden, berichteten die "South China Morning Post" und die "New York Times". Snowden sei am Freitag signalisiert worden, dass er bei einer Ausreise nicht aufgehalten werde, doch sei der 30-Jährige misstrauisch gewesen und habe um zusätzliche Versicherungen gebeten. Mit dem wachsenden Druck habe sich Snowden am Sonntagmorgen entschieden, nach Moskau zu fliegen.

    Die Enthüllungsplattform Wikileaks, die Snowden auf der Flucht unterstützt, teilte mit, dass sich dieser "auf einer sicheren Route" nach Ecuador befinde und von Diplomaten und Rechtsberatern von dpa,afp

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