Das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der US-Republikaner glich in den vergangenen Monaten einer nicht immer ganz seriösen Casting-Show: Seit dem Frühjahr konnte das Wahlvolk mitverfolgten, wie die Bewerber auf den Beliebtheitsskalen der Demoskopen rauf- und runterrutschten, über Affären stolperten oder sich peinliche Patzer vor Fernsehkameras leisteten. Doch nun wird es ernst: Mit den Vorwahlen in Iowa beginnt am kommenden Dienstag der langwierige Ausleseprozess, an dessen Ende der Herausforderer von Präsident Barack Obama stehen wird.
Alle wichtigen Kandidaten tourten in den letzten Tagen vor dem Urnengang durch die Städte und Dörfer des kleinen Agrarstaates im Mittleren Westen und schalteten in den lokalen Sendern Werbespots. Vereint sind sie in ihrer Kritik an Obama. In ihren Augen hat der demokratische Präsident die Wirtschaft mit zu viel staatlicher Einmischung in Ketten gelegt und ist für die lahmende Konjunktur und die hohe Arbeitslosigkeit verantwortlich. "Mister President, Sie haben ihren Moment gehabt. Wir haben die Ergebnisse gesehen. Nun ist unsere Zeit gekommen", sagte etwa Mitt Romney bei einem Wahlkampfauftritt in Iowa.
Mitt Romney ist der Favorit der Republikaner
Romney gilt als Favorit für die Kandidatur der Republikaner. Der frühere Gouverneur von Massachusetts hat die meisten Spendengelder und ein gut organisiertes Wahlkampfteam im Rücken, das Establishment der Partei hält ihn für den aussichtsreichsten Obama-Gegner. "Ich denke, dass Romney die beste Wahl für uns ist", bekannte der frühere Präsident George H.W. Bush kürzlich in der Zeitung "Houston Chronicle". Doch angesichts mäßiger Umfragewerte darf sich Romney nicht zu sicher fühlen. Seine einst eher liberalen Positionen bei Themen wie Abtreibung oder Waffengesetzen lassen viele Republikaner zweifeln, ob der Mormone überhaupt ein überzeugter Konservativer ist.
Iowa macht traditionell den Auftakt bei der basisdemokratischen Kandidatenkür für die Präsidentschaftswahlen. Bei den so genannten Caucuses treffen sich Republikaner am Dienstagabend überall in dem Bundesstaat zu Wahlversammlungen, um zunächst über die möglichen Kandidaten zu diskutieren und dann abzustimmen. Die Bewerber müssen sich zwar in allen 50 Bundesstaaten dem Votum der Wähler stellen, den Vorwahlen in Iowa kommt als erstem wirklichem Test allerdings eine besondere Bedeutung zu. Wer hier gewinnt, kann mit dem Nimbus des Siegers in den Nominierungsmarathon gehen.
Meinungsforscher sahen Romney in Iowa lange im Rückstand, zuletzt lieferte er sich aber in Umfragen nach Angaben der Webseite realclearpolitics.com mit Ron Paul ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Romneys Hoffnung ist, dass er erst Iowa und dann am 10. Januar die zweite Vorwahl in New Hampshire für sich entscheiden kann. In dem Ostküsten-Staat führt er in Umfragen deutlich. Mit einem derartigen Doppelschlag, so das Kalkül, hätte er genügend Schwung, um frühzeitig die nötige Delegiertenzahl für die offizielle Kandidatenkür auf dem Parteitag Ende August zu erreichen.
In landesweiten Erhebungen konnte sich Romney jedoch nie einen klaren Vorsprung erarbeiten, in mehreren Umfragen der jüngsten Zeit lag er hinter Newt Gingrich. Der früheren Chef des Repräsentantenhauses verfügt aber über eine schwache Organisation: In Virginia wird Gingrich erst gar nicht auf dem Wahlzettel stehen, weil er nicht rechtzeitig die nötigen Unterschriften dafür hatte sammeln können.
Profitieren könnte Romney auch davon, dass die erzkonservative Tea-Party-Bewegung und der evangelikale Wählerblock sich nicht geschlossen hinter einen Bewerber gestellt haben: Ihre Lieblinge wie Michele Bachmann oder Rick Perry dümpeln in Umfragen im einstelligen Bereich. Ron Paul, der Romney in Iowa die Stirn bietet, hat zwar eine treue Anhängerschaft. Seine libertäre Forderung nach einem Minimal-Staat gilt in weiten Teilen der republikanischen Partei aber als nicht vermittelbar. afp