Man kann Donald Trump nicht nachsagen, dass er nicht auch Charme hat. In dem großen Interview, das er der deutschen Bild-Zeitung und der britischen Times gegeben hat, schmiert er seiner Leserschaft auch Honig ums Maul: Ja, er liebe die Deutschen, schließlich stamme sein Vater von dort, bekundet der in die Politik gewechselte Immobilienmogul. Und die Engländer mag er auch, schließlich sei seine Mutter Schottin gewesen und habe zeitlebens die Queen verehrt ...
Aber sonst lautet die Botschaft des 70-Jährigen, der am Freitag in sein neues Amt eingeführt wird, unmissverständlich: Wer nicht in meinem Sinne spurt, der wird meine harte Hand zu spüren bekommen. Das ist ganz die Tonlage aus dem Wahlkampf. Sie hat sich nicht verändert. Bis in die Wortwahl hinein.
So erklärt Trump auch im aktuellen Interview die Nato für „obsolet“. Genau diese Vokabel hat er bereits im vergangenen Juli im Gespräch mit der New York Times gebraucht – Monate, bevor der Exzentriker im November überraschend die Präsidentenwahl gewann. Doch noch immer kann er damit Verunsicherung auslösen. Das westliche Verteidigungsbündnis habe die Äußerung „mit Besorgnis aufgenommen“, teilt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier gestern nach einem Treffen mit der Nato-Spitze in Brüssel mit.
Die USA bezahlen 70 Prozent des Nato-Haushaltes
Worum geht es bei der Nato? In erster Linie ums Geld. Trump will nicht mehr hinnehmen, dass die USA einseitig die finanzielle Hauptlast tragen. Washington gibt rund 3,6 Prozent der amerikanischen Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) für die Verteidigung aus. Doch nur weitere vier der insgesamt 28 Nato-Länder erreichen wenigstens die Marke von zwei Prozent des BIP, auf die man sich seit langem geeinigt hat (Großbritannien, Estland, Griechenland, Polen). Deutschland zum Beispiel wendet nur 1,2 Prozent für Verteidigungsausgaben auf. Die Folge: Die USA bezahlen rund 70 Prozent des Nato-Haushalts, weil andere viele Milliarden zu wenig beisteuern. Das wollten schon etliche US-Präsidenten ändern. Aber keiner hat bisher so unverblümt wie Trump mehr Geld eingefordert.
Will der künftige US-Präsident nun die Nato auflösen, der er überdies zu wenig Engagement im Kampf gegen Terroristen anlastet? So weit geht er nicht, es bleibt bei dunklen Drohungen. Im Wahlkampf hatte er einst gesagt, die Beistandsgarantie gelte im Falle seiner Wahl zum Präsidenten nur noch für jene Länder, die „ihre Verpflichtungen uns gegenüber erfüllt haben“. Experten rechnen dennoch nicht mit radikalen Veränderungen. Zum einen misstrauen viele republikanische Politiker Russlands Präsident Wladimir Putin und halten deswegen die Nato für unverzichtbar. Zum anderen haben Trumps Kandidaten für das Außen- und das Verteidigungsministerium impulsive Wahlkampf-Äußerungen ihres Chefs längst relativiert.
Das ist Donald Trump
Donald Trump ist der aktuelle Präsident der USA. Fakten und Zahlen zu ihm.
Donald Trump, geboren am 14. Juni 1946, ist das vierte von fünf Kindern des Immobilienunternehmers Frederick Trump Jr. und seiner Frau Mary Anne MacLeod.
Trumps Großeltern Frederick Trump und Elisabeth Christ stammen aus Kallstadt in der Pfalz und waren nach Amerika ausgewandert.
Trump studierte Wirtschaftswissenschaft an der Fordham University in New York und an der renommierten Wharton School in Philadelphia.
Schon als Student machte Trump sich selbstständig, indem er mit einem vom Vater gestellten Startkapital von 200.000 Dollar preiswert marode Häuser erwarb, sanierte und teuer weiter verkaufte.
1974 übernahm er das Unternehmen des Vaters und realisierte Bau- und Hotelprojekte in den USA und anderen Ländern. Zu den bekanntesten zählen in New York der Trump Tower, der Trump World Tower sowie das Trump Building.
Die Geschäftsfelder des Donald Trump sind vielfältig: Er investierte in Aktien, besitzt eine Modelagentur und betreibt 18 Golfplätze. Aus dem Geschäft mit Spielbanken und einer eigenen Fluglinie zog er sich dagegen zurück.
Trump veröffentlicht 16 Bücher, die als Ratgeberliteratur von Verhandlungs- und Geschäftspraxis handeln.
Trump hatte immer wieder kurze Gastauftritte in Filmen und Fernsehserien, wie in Kevin – Allein in New York, Der Prinz von Bel-Air oder Sex and the City. 2004 und 2015 war Trump Gastgeber der US-amerikanischen Comedy-Show Saturday Night Live des Senders NBC.
Donald Trump heiratete 1977 das tschechische Model Ivana Marie Zelníčková, mit der er drei Kinder hat. 1992 folgte die Scheidung. Trump war kurzzeitig mit Carla Bruni liiert, der jetzigen Gattin des ehemaligen französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. Von 1993 bis 1999 hieß Trumps Ehefrau Marla Maples. Mit der Schauspielerin hat er eine Tochter.
2005 heiratet er das Model Melania Knauss, mit der er einen weiteren Sohn hat. Inzwischen ist er achtfacher Großvater.
Trump ist ein politisches Chamäleon: 1987 registriert er sich bei den Republikanern, wechselt 1999 zur Independence Party, 2001 zu den Demokraten und 2009 wieder zu den Republikanern.
Im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft im Jahr 2016 provozierte Trump mit rassistischen und sexistischen Aussagen. Er beleidigte Behinderte und drohte, seine Konkurrentin Hillary Clinton ins Gefängnis zu schicken.
Bei der US-Wahl am 8. November 2016 gelang es ihm dennoch, eine deutliche Mehrheit der Wahlmänner hinter sich zu vereinen.
Konkreter wird Trump mit seinen Drohungen gegenüber der Automobilindustrie, die er für die Vernichtung von industriellen Arbeitsplätzen in den USA verantwortlich macht. Im Bild-Interview spricht er auch einen deutschen Hersteller an und droht ihm dieselben Sanktionen an wie Ford und anderen US-Unternehmen: „Ich würde BMW sagen, wenn sie eine Fabrik in Mexiko bauen und Autos in die USA verkaufen wollen ohne eine 35-Prozent-Steuer, dann können sie das vergessen.“
Merkel will Zusammenarbeit mit Trump suchen
Doch auch damit kann er keinen allzu großen Schrecken auslösen. Zum einen fertigt BMW die für den US-Markt wichtigen sportlichen Geländelimousinen ohnehin großenteils in den USA. Zum anderen rütteln die Münchner aber auch nicht am geplanten Werk im mexikanischen San Luis Potosí. Dort sollen von 2019 an 3er-Limousinen für den Weltmarkt vom Band laufen.
Zweifel, ob Trump alles wahr machen kann, was er so sagt, machen sich breit. So meint der Präsident des deutschen Verbands der Automobilindustrie, Matthias Wissmann, gestern listig, es müsse sich erst noch zeigen, „ob und wie“ Trumps Ankündigungen umgesetzt werden. Mit Importsteuern könnten sich die USA auch „langfristig ins eigene Fleisch schneiden“.
Und wie wird Trumps Verhältnis zu Bundeskanzlerin Angela Merkel aussehen? „Ich respektiere sie, ich mag sie, aber ich kenne sie eben nicht“, sagt Trump im Bild-Interview über die CDU-Chefin – um ihr dann gleichzeitig einen „äußerst katastrophalen Fehler“ anzulasten, nämlich „all diese Illegalen ins Land zu lassen“. Diesen Vorwurf hat die Kanzlerin schon oft gehört. Sie hat dies zwar nie als Fehler eingestanden, aber auf dem CDU-Parteitag im Dezember in Essen sagte sie: „Eine Situation wie die des Sommers 2015 kann, soll und darf sich nicht wiederholen.“ Sich über die Bewertung der Flüchtlingskrise mit Trump zu streiten, wird sich also für niemanden lohnen.
Folglich geht die Kanzlerin, ihrer Art gemäß, ganz pragmatisch an die Sache heran: Sie werde „natürlich“ die Zusammenarbeit suchen – „wenn er im Amt ist“, sagt sie. Merkel wartet also erst einmal ab, wie lange Trump noch im Wahlkampfmodus bleibt. Dass sie von ihm dafür umgehend eine Nackenmassage erhält wie einst von George W. Bush, ist nicht zu erwarten.