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USA: Trump-Herausforderer Biden fast nur in der Defensive

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Trump-Herausforderer Biden fast nur in der Defensive

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    Die Zweifel mehren sich auch bei den Demokraten, ob Joe Biden tatsächlich der richtige Mann ist, um US-Präsident Donald Trump bei den Wahlen 2020 zu besiegen.
    Die Zweifel mehren sich auch bei den Demokraten, ob Joe Biden tatsächlich der richtige Mann ist, um US-Präsident Donald Trump bei den Wahlen 2020 zu besiegen. Foto: Paul Sancya, dpa

    Es soll ein jovialer Scherz sein, doch tatsächlich offenbart der Spruch, mit dem Joe Biden am Mittwochabend seine schwarze Konkurrentin Kamala Harris begrüßt, das ganze Dilemma des Favoriten für die demokratische Präsidentschaftskandidatur. „Sei nicht zu streng mit mir, Kleines!“, ruft der 76-Jährige der 54-Jährigen lächelnd zu. Er war Vizepräsident, sie ist Senatorin. Man kennt sich privat, und deswegen haben ihn ihre harten persönlichen Attacken beim letzten Mal verletzt. Trotzdem klingt die Aufforderung paternalistisch und weltfremd.

    Alle gegen einen – das nämlich ist das Prinzip bei der zweiten Debattenrunde der Trump-Herausforderer. Zehn Männer und Frauen stehen auf der Bühne des historischen Filmpalastes Fox Theatre in Detroit, doch Biden ragt bei den Umfragen mit einem Vorsprung von 15 Punkten heraus. Also steht der frühere Obama-Stellvertreter wie schon vor einem Monat in Miami unter Dauerbeschuss.

    Joe Biden muss öfter nach Worten suchen

    Man kann diese Versuchsanordnung mit gutem Grund aberwitzig finden, weil sich der amtierende Präsident bei Cheeseburgern und Cola schlapp lachen dürfte, während die Demokraten kaum eine positive Botschaft für potenzielle Wähler aussenden. Aber so ist das System der amerikanischen Vorwahlen. Und Donald Trump würde Biden kaum zaghafter anfassen. Deshalb verfolgen professionelle Beobachter genau, ob sein Auftritt überzeugt.

    Das tut er nicht. „Die gute Nachricht ist, dass Biden so gut war, wie er sein kann“, urteilt anschließend David Axelrod, der frühere Obama-Kampagnenmanager, und setzt hinzu: „Das ist auch die schlechte Nachricht.“ Zwar wirkt Biden bei dem Schlagabtausch deutlich agiler, präsenter um kämpferischer als beim letzten Mal. „Wir müssen die Seele unseres Landes retten!“, kontert er das Klein-Klein der parteiinternen Auseinandersetzungen. Doch meist bleibt er trotzdem in der Defensive. Öfter sucht er nach Worten, verhaspelt sich mehrmals, bricht Sätze unvermittelt mit einem „anyway“ ab und buchstabiert am Ende die Adresse seiner Webseite falsch.

    Biden hat die Bevölkerung auf seiner Seite, aber nicht die Partei

    Das alles wären Schönheitsfehler, wenn dahinter nicht ein grundlegendes Problem stünde: Biden ist ein Held aus einer anderen Zeit. Vier Jahrzehnte lang hat er die amerikanische Politik maßgeblich bestimmt und vielen gilt er als Obamas Nachlassverwalter. Eigentlich möchte er sich nicht in eine Schlammschlacht begeben. Doch seine Partei hat sich verändert und er trägt eine Geschichte mit sich herum. Immer wieder wird er wegen früherer Aussagen zur Gleichbehandlung der Rassen, zum Irak-Krieg oder zum Freihandel angegriffen. „Wir reden über Dinge, die lange, sehr lange zurückliegen“, antwortet er. Doch sein strahlendes Lächeln ist eingefroren, seine Witze wirken angestaubt und seine Positionen müssen in immer kürzeren Abständen nachjustiert werden.

    In Detroit steht Biden vor allem wegen seiner Verteidigung von Obamacare und seines Einsatzes für harte Strafgesetze in der Kritik. Die meisten Kandidaten wollen das Gesundheitssystem inzwischen durch eine radikale staatliche Bürgerversicherung für alle ersetzen. Und viele fordern, den illegalen Übertritt der Grenze zu Mexiko zu entkriminalisieren. Beides lehnt Biden ab. Er hat damit die Mehrheit der Bevölkerung auf seiner Seite. Doch in der Debatte punkten kann er nicht.

    Ein anderer Kandidat erinnert an Barack Obama

    Der frühere Vizepräsident sei „nicht souverän genug aufgetreten, um die Spitzenreiterrolle überzeugend beanspruchen zu können“, urteilt die „New York Times“ anschließend treffend. Das gilt übrigens erst recht für Kamala Harris, die Frau, die in Miami seinen Nimbus brach. In Detroit arbeitet sie sich derart impertinent an Biden ab, dass sie am Ende selbst wegen ihrer Plädoyers für die Todesstrafe als Staatsanwältin von Kalifornien mächtig unter Druck gerät. Die Rolle des Überraschungssiegers fällt dieses Mal Cory Booker, dem schwarzen Senator von New Jersey, zu. Mit seinem coolen Lächeln weckt er nicht nur beim Publikum nostalgische Erinnerungen an Obama.

    „Herr Präsident“, redet Biden seinen Nebenmann einmal irrtümlich an, um sich dann schnell zu verbessern: „Entschuldigung: Herr künftiger Präsident!“ Das macht den Lapsus nicht viel besser.

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