Er hat eine Flut von Erlassen unterzeichnet, mit zig Staatschefs telefoniert, öffentliche Termine wahrgenommen und einen ersten Militärschlag angeordnet. Untätigkeit kann man Joe Biden wirklich nicht vorwerfen. Doch mit dem De-facto-Scheitern des 15-Dollar-Mindestlohns im Senat muss der neue US-Präsident nun seinen ersten Rückschlag wegstecken.
Mindestlohn gescheitert: Präsident Biden ist enttäuscht
„Präsident Biden ist von diesem Ergebnis enttäuscht“, räumte seine Sprecherin Jen Psaki ein. Zuvor hatte die Senats-Justiziarin erklärt, dass die stufenweise Anhebung des bundesweiten Mindestlohns auf 15 Dollar bis 2025 nicht wie geplant mit dem Corona-Hilfspaket von einer einfachen Mehrheit verabschiedet werden kann. Damit ist das Vorhaben, das vor allem progressive Demokraten propagiert hatten, in der bisherigen Form politisch tot. Zwar dringen Parteilinke wie Alexandria Ocasio-Cortez darauf, die 15-Dollar-Untergrenze trotz der Einwände durchzupeitschen, doch dazu fehlen die nötigen Stimmen.
Daneben sorgt ein zweites Problem seit Tagen für Rumoren. Im Senat steht die Bestätigung von Bidens einflussreicher Budgetdirektorin Neera Tanden an. Doch Demokraten und Republikaner verfügen über je 50 Stimmen, für eine Mehrheit könnte Vizepräsidentin Kamal Harris sorgen. Doch nachdem der demokratische Senator von West Virginia, Joe Manchin, angekündigt hat, mit Nein zu stimmen, scheint die Personalie kaum noch durchsetzbar. Die täglichen Versicherungen von Psaki, der Präsident halte an der indischstämmigen Ex-Beraterin von Hillary Clinton fest, klingen wie Durchhalteparolen.
Joe Biden kann eines seiner populärsten Projekte nicht durchsetzen
Der Widerstand gegen die beiden Vorhaben des Weißen Hauses hat unterschiedliche Gründe. Er illustriert jedoch, wie eng der politische Handlungsspielraum für Biden angesichts extrem knapper parlamentarischer Mehrheiten ist. Bidens Hoffnung auf Unterstützung von Republikanern für seine Vorhaben hat sich – etwa beim Corona-Hilfspaket – nicht erfüllt. Die Demokraten können sich daher keinen einzigen Abweichler in den eigenen Reihen erlauben. Selbst dann sind wichtige Gesetze nur unter schweren Verrenkungen mit 51 statt der eigentlich erforderlichen Supermehrheit von 60 Stimmen durch den Senat zu bringen. So stellt sich die Lage auch beim Thema „Hungerlöhne“ dar.
Laut Umfragen ist der 15-Dollar-Mindestlohn populär und wird von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt. Derzeit liegt die bundesweite Untergrenze bei nur 7,25 Dollar. Doch gibt es in den Bundesstaaten an der West- und Ostküste deutlich höhere Grenzen. Vor allem in der Mitte und im Süden des Landes würden nach Expertenschätzungen rund 17 Millionen Amerikaner von der Anhebung profitieren. Die Republikaner lehnen das Vorhaben jedoch entschieden ab und warnen vor Arbeitsplatzverlusten. Auch der demokratische Senator Manchin und seine Parteifreundin Kyrsten Sinema, die beide eher konservative Regionen vertreten, haben ein negatives Votum angekündigt. Beim linken Parteiflügel der Demokraten ist die Empörung groß – und damit der Ausgang der Kontroverse offen.
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