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USA: Ex-FBI-Chef Comey nennt Trump einen "Lügner"

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Ex-FBI-Chef Comey nennt Trump einen "Lügner"

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    Geschasster FBI-Chef James Comey im US-Senat: „Es ist möglich, dass wir unter dem Begriff ehrliche Loyalität etwas Unterschiedliches verstehen.“
    Geschasster FBI-Chef James Comey im US-Senat: „Es ist möglich, dass wir unter dem Begriff ehrliche Loyalität etwas Unterschiedliches verstehen.“ Foto: Brendan Smialowski, afp

    Die Kehlen im „Union Pub“ blieben zwar nicht trocken. Aber das vom Wirt versprochene Freibier für jeden Tweet Donald Trumps während der Anhörung seines gefeuerten FBI-Direktors James Comey gab es nicht. Auf Drängen seiner Anwälte hielt sich der Präsident mit Beiträgen unter @realDonaldTrump diesmal zurück. Stattdessen verschanzte er sich im Dining Room des Weißen Hauses, wo er das Drama im Kongress auf einem großen Flachbildschirm beobachtete. Wie auch seine Mitarbeiter, die das „politische Super-Bowl“ gebannt in ihren Büros verfolgten.

    Zu Recht. Denn ab dem Moment, als der Zwei-Meter-Mann Comey in schwarzem Anzug, weißem Hemd und mit roter Krawatte in den Sitzungssaal 216 des „Hart Buildings“ schritt, erlebte die Welt einen Polit-Thriller, wie ihn sich Hollywood nicht besser ausdenken könnte.

    Der Vorsitzende des Geheimdienste-Ausschusses, Richard Burr, vereidigte Comey, der nach dem „So wahr mir Gott helfe“ auf dem heißen Stuhl im Anhörungsraum Platz nahm. Der FBI-Direktor verzichtete darauf, das tags zuvor überraschend vorab veröffentlichte Eingangsstatement noch einmal vorzutragen. Brauchte er auch nicht, weil die Senatoren seine auf sieben Seiten aufgeschriebenen Begegnungen mit Trump schon auswendig aufsagen konnten.

    Comey: Trump verbreitet "Lügen, schlicht und einfach"

    James Comey am Tag seiner Anhörung in Washington.
    James Comey am Tag seiner Anhörung in Washington. Foto: Brendan Smialowski, afp

    Der Präsident hatte Comey bei drei persönlichen Vier-Augen-Begegnungen und sechs Telefonaten mehrfach gedroht, gebeten oder gedrängt, ihn öffentlich von dem Verdacht einer Zusammenarbeit mit Russland im Wahlkampf freizusprechen. Im Fall seines unhaltbar gewordenen Nationalen Sicherheitsberaters Michael Flynn, gegen den zu diesem Zeitpunkt bereits Ermittlungen liefen, war Trump noch einen Schritt weitergegangen. „Ich hoffe, Sie können das fallenlassen“, soll er Comey bei einem Treffen am Valentinstag unter vier Augen im Oval Office gesagt haben.

    Comey bestätigte all das bei der Anhörung. Das Beste aber hob sich der Medien-Profi für das öffentliche Spektakel auf. Die wechselnden Erklärungen für seinen Rauswurf am 9. Mai hätten ihn „sehr irritiert“, erklärte der einst für die Spionage-Abwehr zuständige FBI-Mann. Er nehme es Trump schon ab, wenn er sage, „dass er mich wegen der Russland-Ermittlungen gefeuert hat“.

    Dann holt er zum großen Schlag gegen das aus, was er als Schmieren-Kampagne des Weißen Hauses gegen seine Person versteht. Der Mann im Oval Office, der ihn bei dem russischen Außenminister als „Verrückten“ (nutjob) diffamierte, verbreite nichts als „Lügen, schlicht und einfach“. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Huckabee Sanders, fühlte sich umgehend bemüßigt, definitiv zu erklären, „dass der Präsident kein Lügner ist“.

    Comey bekräftigte die Rolle Russlands bei dem Angriff auf die Präsidentschaftswahlen. Mehrere republikanische Senatoren versuchten den gefeuerten FBI-Direktor zu bewegen, Trump vom Vorwurf der Behinderung der Justiz reinzuwaschen. Der Präsident habe doch nur gesagt, „er hoffe“, Comey werde etwas nicht tun, zitiert ihn etwa Senator Jim Risch.

    "Ich habe nicht gehorcht", sagt Comey

    „Ich habe das als Befehl verstanden“, weist Comey die semantische Spielerei zurück. „Das sollte ich tun. Ich habe nicht gehorcht.“ Er sei sich sicher, Sonderermittler Robert „Bob“ Mueller werde diesen Aspekt untersuchen. Er widersprach Berichten, wonach seine Aussagen vor dem Komitee mit Mueller abgestimmt seien.

    Comey bestätigte dagegen zur Überraschung der Anwesenden, dass er „einen Freund gebeten habe“, die nach den Trump-Gesprächen angefertigten Memoranden an die Presse weiterzuleiten. Warum er die Erinnerungsprotokolle anfertigte? „Ich war besorgt, der Präsident würde über unsere Unterhaltungen lügen – darum begann ich Notizen zu machen“, so Comey. „Ich wusste, dass irgendwann der Tag kommen würde, an dem ich mich und das FBI verteidigen müsste.“

    Wiederholt wies der Mann auf dem heißen Stuhl Fragen zur Substanz und dem Stand der Russland-Ermittlungen zurück. Dazu könne er nur hinter verschlossenen Türen Auskunft geben. Dass sich Justizminister Jeff Sessions aus der Aufsicht über die Untersuchungen wegen Befangenheit zurückzog, habe ihn „nicht überrascht“.

    Zu Trumps Drohung, Comey möge aufpassen, was er sage, weil Mitschnitte von seinen Gesprächen mit ihm vorliegen könnten, sagte der gefeuerte FBI-Chef: „Lordy, ich hoffe, es gibt solche Tonbänder.“ Trump-Sprecherin Sanders dazu: Sie „wisse nicht, ob es ein Aufnahmesystem gibt“.

    Nach zwei Stunden stellt der demokratische Senator aus West Virginia, Joe Manchin, die Gretchen-Frage: „Glauben Sie, das Verhalten des Präsidenten lässt sich als Behinderung der Justiz verstehen?“ Comeys Antwort spricht Bände. „Ich denke, das ist Bob Muellers Job.“

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