US-Präsident Donald Trump hat seinen ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn begnadigt und sich damit dem Vorwurf des Machtmissbrauchs ausgesetzt. "Es ist mir eine große Ehre bekanntzugeben, dass General Michael T. Flynn eine vollständige Begnadigung erhalten hat", schrieb Trump am Mittwoch auf Twitter.
Der pensionierte General war in die Russland-Affäre um mögliche Wahlbeeinflussung aus Russland verstrickt. Führende Demokraten im US-Kongress warfen Trump vor, sehenden Auges den Rechtsstaat zu untergraben.
Der Republikaner könnte vor dem Ende seiner Amtszeit am 20. Januar noch weitere Personen begnadigen. Von diesem Recht haben auch frühere Präsidenten wie Barack Obama bis zu ihrem letzten Tag im Amt Gebrauch gemacht.
Im Januar hatte Flynn beantragt, sein Geständnis zurückzuziehen
Flynn war 2017 nur etwas über drei Wochen als Nationaler Sicherheitsberater im Weißen Haus im Amt tätig gewesen. Später räumte er im Zuge der Ermittlungen wegen möglicher russischer Einflussnahme auf die US-Präsidentenwahl 2016 ein, die Bundespolizei FBI belogen zu haben. Auch Vizepräsident Mike Pence soll er in der Angelegenheit belogen haben. Flynn war der einzige, der sich in den Untersuchungen des FBI-Sonderermittlers Robert Mueller für schuldig bekannte.
Im Januar hatte Flynn beantragt, sein Geständnis zurückzuziehen, kurz bevor ein Urteil in seinem Verfahren erwartet wurde. Das Justizministerium forderte im Mai in einem höchst ungewöhnlichen Schritt ein Ende des Verfahrens. Man sei nicht überzeugt, dass die Anhörung Flynns im Januar 2017 auf einer legitimen Ermittlungsbasis erfolgt sei, hieß es dazu unter anderem. Trump hatte Flynn daraufhin als "Helden" gefeiert.
Der Fall hing nach dem umstrittenen Vorstoß des Justizministeriums bei einem Bundesgericht fest. Die dort zuständige Richterin hatte nicht zugestimmt, die Vorwürfe gegen Flynn fallen zu lassen.
Trump spricht sieht in Russland-Ermittlungen eine "Hexenjagd"
Die Möglichkeit der Begnadigung seines Vertrauten durch Trump stand seit längerem im Raum. Im März hatte der Präsident erklärt, eine "vollständige Begnadigung" ernsthaft in Betracht zu ziehen. Nach Trumps Darstellung ist Flynn von der Justiz und vom FBI unfair behandelt worden. Immer wieder beklagte er sich darüber, dass Flynn von der Justiz verfolgt worden sei. "Sie haben Flynn wegen Lüge angeklagt und er hat nicht gelogen", sagte Trump etwa im Oktober in einem Interview. Nach seinen Worten waren die Russland-Ermittlungen eine reine "Hexenjagd".
Vor der Präsidentenwahl am 3. November wurden die juristischen Auseinandersetzungen im Fall Flynn erneut zum Thema: Die Republikaner versuchten ihre Anhänger zu mobilisieren, indem sie das Bild einer Verschwörung des Establishments gegen Trump zeichneten.
Einen ähnlichen Tenor hatte am Mittwoch die Erklärung von Trumps Sprecherin Kayleigh McEnany: "General Flynn sollte keine Begnadigung benötigen. Er ist ein unschuldiger Mann." Er sei zum "Opfer parteiischer Regierungsbeamter" geworden, die versucht hätten, die Wahlen von 2016 zu untergraben. McEnany warf Mitarbeitern der Regierung von Ex-Präsident Barack Obama vor, eine "friedliche Machtübergabe" an seinen Nachfolger hintertrieben zu haben.
Demokraten werfen Trump Machtmissbrauch vor
Der Stabschef des Weißen Hauses, Mark Meadows, bezeichnete Flynn auf Twitter als "amerikanischen Patrioten". "Was die Linke ihm und seiner Familie in diesen vergangenen 4 Jahren angetan hat, darf in Amerika nie wieder zugelassen werden."
Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, warf Trump Machtmissbrauch zugunsten eines zurecht verurteilten Missetäters vor: "Flynns Taten haben eine ernsthafte und gefährliche Verletzung unserer nationalen Sicherheit dargestellt." Die Begnadigung sei ein weiterer Beweis dafür, dass Trump die Regeln des Rechtsstaats nicht achte.
Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Repräsentantenhaus, Adam Schiff, schrieb auf Twitter: "Donald Trump hat seine Begnadigungsbefugnis wiederholt dazu missbraucht, Freunde zu belohnen und diejenigen zu schützen, die ihn gedeckt haben." (dpa)
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