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USA: Die Geschichte einer verbitterten Frau

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Die Geschichte einer verbitterten Frau

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    Wieder auf der Bühne: Hillary Clinton mit ihrem Buch.
    Wieder auf der Bühne: Hillary Clinton mit ihrem Buch. Foto: Drew Angerer, getty images

    Nach der Niederlage, als alles vorbei war und Hillary Clinton die politische Bühne verlassen hatte, saß sie auf dem Rücksitz ihres Autos. In diesem Moment habe sie nicht einmal mehr sprechen können, alle Energie sei aufgebraucht gewesen. So zumindest erzählt es die ehemalige demokratische Präsidentschaftskandidatin in diesen Tagen, in denen sie durch die USA tourt, um für ihr neues Buch zu werben.

    „What Happened“ (auf Deutsch: „Was geschehen ist“) heißt das Werk, das in dieser Woche auf Englisch erschienen ist. Es ist eine bittere Erzählung. Ein Jahr ist es erst her, dass in den USA ein unerbittlicher Wahlkampf tobte. Dass Clinton bei einer Gedenkveranstaltung zu den Terroranschlägen vom 11. September einen Schwächeanfall erlitt und Amerika tagelang über die Fitness der Kandidatin diskutierte. Dass Donald Trump die Eltern eines getöteten muslimischen Soldaten beleidigte. Dass der damalige FBI-Chef James Comey die Ermittlungen zu Clintons E-Mail-Affäre wieder aufnahm. Am Ende verlor Clinton die Wahl. Das alles wirkt Jahre entfernt, längst bestimmt Trump jeden Tag mit ganz anderen Themen die Nachrichten. Der Ausnahmezustand hält an, aber Clinton ist Geschichte.

    Ihr Buch ist ein Versuch, ein bisschen die Deutungshoheit zu behalten. So schildert Clinton den Moment im Juli 2016, als Comey ihr vorwarf, sie habe sich extrem nachlässig verhalten, als sie als Außenministerin einen privaten E-Mailserver für ihre dienstliche Korrespondenz nutzte. „Mein erster Instinkt war, dass mein Wahlkampflager zurückschlagen sollte und erklären müsse, dass Comey seine Grenzen überschritten hat“, schreibt sie. Ihre Berater hätten ihr das ausgeredet. „Im Nachhinein betrachtet war das ein Fehler.“ Einer von vielen Fehlern, die die Demokratin aufzählt. „An jedem Tag als Kandidatin wusste ich, dass Millionen Menschen auf mich zählten, und ich konnte den Gedanken nicht ertragen, sie im Stich zu lassen. Aber ich tat es.“ Und weiter: „Ich habe es nicht hingekriegt. Und damit muss ich für den Rest meines Lebens zurechtkommen.“

    Sie bedauere es, dass sie einen Teil der Trump-Anhänger als „bedauerliches Pack“ bezeichnet habe. Damit habe sie dem Republikaner ein Geschenk gemacht. Und dann zitiert sie Studien, die belegen sollen, dass Trumps Kernanhänger eben tatsächlich Anschauungen hätten, die „bedauerlich“ seien. Clinton beschreibt auch ihre Abneigung gegenüber Trump. Als der Republikaner bei einer der TV-Debatten hinter ihr gestanden habe, habe sie Gänsehaut bekommen. „Donald Trump lauerte hinter mir. Wir waren auf einer kleinen Bühne und wo auch immer ich hinging, er folgte auf Schritt und Tritt, er starrte mich an, machte Grimassen. Es war unglaublich unangenehm.“

    Was ist die Motivation für dieses Buch? „Ich denke, das Land ist in Gefahr, und ich versuche, Alarm zu schlagen“, sagt Clinton. Trump verstehe nicht einmal ansatzweise die strategische Gesamtlage in der Welt und was man tun müsse, um sich vorzubereiten. Deshalb werde sie nicht still sein. Das Buch sei eine „aufrichtige und schwarzhumorige“ Beschreibung ihres Gemütszustands direkt nach der Niederlage gegen Donald Trump, meint die New York Times. Clinton bewege sich „zwischen Bereuen und Zorn, manchmal in einem Absatz“, schreibt die Washington Post.

    Für ihre Gegner ist das Buch ein weiterer Beleg dafür, dass es den Clintons immer nur ums Geld gehe. So listete die rechte Nachrichtenseite Breitbart genüsslich auf, wie viel Eintritt Clinton für ihre Lesetour verlange. Aber Clinton ist auch immer noch beliebt. In New York ist die Faszination für die 69-Jährige ungebrochen. Schon Stunden vor der Ticketausgabe für eine Lesung standen Fans vor einem Buchladen an und wollten die Nacht über ausharren. Karten sollte es erst ab 7 Uhr morgens geben. (dpa)

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