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USA: Auf Tauchstation in Florida: Trump ignoriert aktuelle Lage in den USA

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Auf Tauchstation in Florida: Trump ignoriert aktuelle Lage in den USA

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    Kurz vor Weihnachten macht sich Donald Trump mit seiner Frau Melanie auf den Weg nach Mar-a-Lago in West Palm Beach. Von dort meldete sich der US-Präsident mit wütenden Tweets.
    Kurz vor Weihnachten macht sich Donald Trump mit seiner Frau Melanie auf den Weg nach Mar-a-Lago in West Palm Beach. Von dort meldete sich der US-Präsident mit wütenden Tweets. Foto: Chris Kleponis, Imago Images

    Das Fernsehen zeigte gerade Bilder aus Nashville, wo eine Bombendetonation eine ganze Straße verwüstet hatte, als sich Donald Trump am Weihnachtsmorgen den wirklich wichtigen Themen zuwandte. Aufgebracht griff der Präsident zum Handy und beschwerte sich, dass die US-Modemagazine seit vier Jahren seine elegante Ehefrau Melania nicht auf ihren Titelbildern gezeigt hätten. „Sie ist die Größte aller Zeiten“, urteilte der einstige Organisator von Schönheitswettbewerben und beschimpfte die Blätter als „Fake News“.

    Der Tweet war nicht die bizarrste Wortmeldung des Regierungschefs, der sich über die Feiertage auf sein Anwesen bei Palm Beach in Florida zurückgezogen hat, wo er Golf spielt, Fernsehen schaut und auf Twitter wütet. Die Wahlen in Afghanistan seien sicherer als in den USA, behauptete er ernsthaft und stilisierte sich zum Opfer eines „Coups“ von Russland, der Ukraine und der Linken. Während in den USA täglich rund 3000 Menschen an Covid-19 sterben, ein Terroranschlag das Land erschüttert, Millionen ihre Arbeitslosenunterstützung verlieren und am Dienstag ein Shutdown der Regierung droht, taucht der Präsident ab.

    Trump weigert sich, das Corona-Hilfspaket zu unterzeichnen

    „Er ist einfach wütend auf alle und will so viel Ärger verursachen wie möglich“, zitierte die Washington Post einen Kenner des Weißen Hauses. Kurz vor den Feiertagen hatte Trump nicht nur sein Veto gegen das Verteidigungsbudget eingelegt. Er weigert sich seither auch, das von beiden Kammern des Kongresses verabschiedete, 900 Milliarden Dollar schwere Corona-Paket samt des damit verbundenen Haushaltsentwurfs zu unterzeichnen. Damit stürzen die USA kurz vor dem Jahreswechsel in eine dramatische Lage. Schon am Wochenende lief die Arbeitslosenunterstützung für rund 14 Millionen Freiberufler und Selbstständige in der Corona-Krise aus. An Silvester endet der Kündigungsschutz für elf Millionen Haushalte, die wegen der Pandemie mit der Miete im Rückstand sind und nun die Zwangsräumung fürchten müssen. Schließlich geht am Montagabend um Mitternacht den Bundesbehörden das Geld aus – dann können diese ihre Beamten nicht mehr bezahlen.

    Der künftige Präsident Joe Biden kritisiert immer wütender den destruktiven Kurs von Donald Trump.
    Der künftige Präsident Joe Biden kritisiert immer wütender den destruktiven Kurs von Donald Trump. Foto: Carolyn Kaster, AP, dpa

    Eindringlich warnt daher der künftige Präsident Joe Biden: „Die Verantwortungslosigkeit hat verheerende Folgen.“ Selbst wenn die Hilfszahlungen durch die Blockade nur verzögert würden, könnte das schwersten Schaden anrichten, argumentiert auch Michele Evermore von der Bürgerrechtsgruppe National Employment Law Project: „Zwangsvollstreckungen, Hunger, Obdachlosigkeit oder gar Selbstmord (…) können nicht durch einen Scheck in drei Wochen behoben werden.“ Noch dramatischer wären die Konsequenzen, wenn der Konflikt bis zum 3. Januar andauert. An diesem Tag endet nämlich die Amtsperiode des Kongresses, und das mühsam ausgehandelte Paragrafenwerk würde zu Makulatur.

    Medien diagnostizieren eine Sucht nach Aufmerksamkeit beim Präsidenten

    „Trump hat sich komplett aus der Führung der Nation verabschiedet“, urteilt die New York Times. Dass es bei dem Präsidenten tatsächlich um eine Aufstockung der direkten Hilfen von derzeit 600 auf 2000 Dollar pro Kopf geht, wie er seit Tagen behauptet, glauben nur wenige Beobachter. Schließlich hatte er während der Verhandlungen im Kongress diese Forderung nicht erhoben, und sein Finanzminister Steven Mnuchin nannte den Deal „fabelhaft“. Als Motiv vermuten US-Medien eine Mischung aus verzweifelter Aufmerksamkeitssucht, narzisstischer Kränkung über die Wahlniederlage und Rachefeldzug gegen die vermeintlich Verantwortlichen. In einer Twitter-Tirade warf Trump während der Feiertage den Republikanern im Senat, seinem Justizministerium, dem FBI und dem Supreme Court vor, sich zu wenig für ihn eingesetzt zu haben.

    Rätselraten um Trumps 2000-Dollar-Scheck

    In einer Sondersitzung des Repräsentantenhauses wollen die Demokraten an diesem Montag nun den vom Präsidenten geforderten 2000-Dollar-Scheck zur Abstimmung stellen. Eine Zustimmung der Republikaner gilt als ausgeschlossen. Umgekehrt dürften sich die Demokraten weigern, das mühsam ausgehandelte Paket wieder aufzuschnüren und andere Leistungen zu streichen. Wie ein Ausweg aussehen könnte, ist völlig offen.

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