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USA: Andrew Cuomo, der trotzige Trostspender in der Corona-Krise

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Andrew Cuomo, der trotzige Trostspender in der Corona-Krise

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    Andrew Cuomo, Gouverneur von New York, während einer Pressekonferenz. Der Politiker gibt mit seiner ruhigen Art vielen Amerikanern Trost.
    Andrew Cuomo, Gouverneur von New York, während einer Pressekonferenz. Der Politiker gibt mit seiner ruhigen Art vielen Amerikanern Trost. Foto: John Minchillo

    Die Furchen in seinem Gesicht wirken noch tiefer als sonst. Der Mann hat offensichtlich nicht viel geschlafen. „Guten Tag. Danke, dass Sie gekommen sind“, beginnt Andrew Cuomo schnörkellos seine Pressekonferenz und präsentiert sofort die neuesten Zahlen: Mehr als 75.000 Menschen haben sich bis Mittwoch allein in dem Bundesstaat mit der Lungenkrankheit Covid-19 infiziert – mehr als in Deutschland. Mehr als 1500 sind schon gestorben. „Das sind viele Verluste, viele Schmerzen, viele Tränen und viel Trauer“, fügt der Gouverneur hinzu.

    Mit einer rasanten Ansteckungsquote ist die einst quirlige Millionenmetropole New York zum Epizentrum der Corona-Pandemie geworden. Im Hudson-River, wo sonst die Touristenboote vorbeiziehen, ankert nun ein riesiges Sanitätsschiff der US-Marine. Und das Javits-Kongresszentrum, wo Cuomo seine Pressekonferenz abhält, dient als Notlazarett. Der 62-Jährige aber, der in der Vergangenheit wegen seines patriarchalischen Politikstils nicht unumstritten war, ist in der Krise zum Hoffnungsträger und Fernsehstar geworden. Seine täglichen Briefings werden US-weit übertragen und der Kontrast zu den Auftritten des Präsidenten könnte nicht größer sein.

    Während Trump übertreibt, bleibt Cuomo nüchtern 

    Während Donald Trump auf ausschweifende Vorträge mit übertriebenen Angaben und Selbstlob setzt, redet Cuomo stets knapp, präzise und nüchtern. Die Zahlen wirft er als Chart an die Wand, die Schilderungen sind schonungslos: „Die Zahlen sind beunruhigend“, sagt er: „Wir brauchen mehr Ärzte und Pfleger. Kommt, bitte helft uns!“ Doch stets schwingt ein Ton der menschlichen Anteilnahme mit. Immer wieder berichtet der Gouverneur von seiner eigenen Familie. Und niemals gibt er seinen trotzigen Humor auf, mit dem er die Stimmung aufheitert.

    Cuomo ist ein glänzender Redner und seine leicht paternalistische Art wirkt in der Krise enorm beruhigend. Die Kolumnistin Maureen Dowd fühlte sich in einem großen Porträt in der New York Times bei den Auftritten des Gouverneurs an ein wärmendes Pasta-Essen in einer italienischen Großfamilie erinnert. „Hilfe, ich glaube, ich habe mich in Andrew Cuomo verliebt!“, gestand die Szene-Autorin Rebecca Fish-bein. Mit seiner ruhigen, aber entschlossenen Art vermittelt Cuomo ein Gefühl von Sicherheit und Zusammengehörigkeit. „Natürlich geht es auch um Emotionen und Psychologie. Das ist genauso eine soziale wie eine medizinische Krise“, sagt er.

    Cuomo vermeidet persönliche Angriffe auf den Präsidenten

    Mal aufmunternd kämpferisch, mal väterlich drohend wendet sich der 62-Jährige an seine Mitbürger. „Meine Ausgangsbeschränkungen waren nicht im Sinne von ,es wäre nett, wenn…‘ gemeint“, sagt er am Montag: „Das ist verpflichtend.“ Wenn die Ballspiele in den Parks nicht unterblieben, werde er die Parks schließen. Ähnlich pädagogisch geht der Demokrat mit dem republikanischen Präsidenten um. Auf dessen Hilfe ist er angewiesen, also lobt er jede Unterstützung. Trumps Behauptung, in New York verschwinde Krankenhausmaterial, kontert er ebenso kühl wie lapidar: „Ich weiß nicht, was er sagen will.“ Doch vermeidet er persönliche Angriffe: „Wir befinden uns in einer tödlichen Situation. Das ist wichtiger als Politik. Jetzt ist die Zeit zum Zusammenstehen.“

    Immer öfter wird inzwischen in sozialen Medien und Kommentarspalten der Zeitungen spekuliert, dass Cuomo beste Chancen hätte, den spalterischen Amtsinhaber bei den Präsidentschaftswahlen im November zu schlagen. In einer aktuellen Umfrage im Bundesstaat New York kommt Cuomo auf eine Zustimmungsrate von 71 Prozent. Nur 35 Prozent der Wähler sind mit Trump zufrieden. Doch New York ist nicht Amerika. Und der Gouverneur hat abgewunken – in einem unterhaltsamen Interview mit seinem jüngeren Bruder Chris Cuomo, einem der Top-Moderatoren bei CNN. Mehrfach fragte der Journalist, ob er nicht antreten wolle. „Nein“, antwortet Andrew Cuomo denkbar knapp immer wieder: „Aber du bist ein großartiger Interviewer.“

    Andrew Cuomos Bruder ist am Coronavirus erkrankt

    Das war am Montag. Am Dienstag musste Cuomo bekannt geben, dass sein Bruder Chris positiv auf Covid-19 getestet wurde. „Er wird das schaffen“, gab sich der Gouverneur optimistisch. Frotzelnd schob er nach: „Er ist stark – wenn auch nicht so stark, wie er denkt.“

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