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US-Wahlkampf: Erster gemeinsamer Auftritt: Team Biden greift jetzt an

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Erster gemeinsamer Auftritt: Team Biden greift jetzt an

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    Joe Biden will Präsident werden, Kamala Harris seine Vize. Im Wahlkampf ist die Rollenverteilung klar. Er gibt den ruhigen Staatsmann, sie die forsche Angreiferin.
    Joe Biden will Präsident werden, Kamala Harris seine Vize. Im Wahlkampf ist die Rollenverteilung klar. Er gibt den ruhigen Staatsmann, sie die forsche Angreiferin. Foto: Carolyn Kaster, dpa

    Kein Handschlag. Keine Umarmung. Kein Bad in der Menge. Und kein Applaus des Publikums. Der erste gemeinsame Auftritt des designierten Spitzenduos der US-Demokraten für das Weiße Haus in einer leeren Turnhalle vermittelte am Mittwoch ein Gefühl dafür, wie ungewöhnlich der Präsidentschaftswahlkampf in Corona-Zeiten sein wird. Und er machte deutlich, wie Joe Biden und Kamala Harris ihre Rollen verteilen wollen.

    Der 77-jährige Präsidentschaftskandidat trat als ruhiger und erfahrener Staatsmann auf. Seine mehr als zwei Jahrzehnte jüngere designierte Stellvertreterin präsentierte sich als dessen Unterstützerin, als Anklägerin von Präsident Donald Trump, Interessensvertreterin der Migranten und charismatische Botschafterin des Wandels zum Besseren. "Wir brauchen mehr als einen Sieg am 3. November“, sagte Harris: "Wir brauchen ein Mandat, das belegt, dass die vergangenen paar Jahre nicht repräsentieren, wer wir sind und wer wir sein wollen.“

    US-Wahlkampf: Normalerweise ist die Präsentation eine große Show

    Normalerweise ist die Präsentation des "running mate“, des designierten Stellvertreters oder der designierten Stellvertreterin des Herausforderers, eine der großen Showveranstaltungen im amerikanischen Wahlkampf. Die damalige Kandidatin Hillary Clinton und ihr Vize Tim Kaine traten vor vier Jahren vor tausenden begeisterten Anhängern in einem Stadion in Miami auf. Biden und Harris wählten eine schmucklose Turnhalle in Wilmington, dem Wohnort des Präsidentschaftskandidaten. Sie betraten den Raum, in dem nur wenige Reporter und Kameraleute waren, mit Gesichtsmasken, die sie erst am Rednerpult ablegten. Schon damit setzten sie sich von Trump ab, der den Mund-Nasen-Schutz verweigert.

    Joe Biden: Kamala Harris' Nominierung sei Botschaft an „kleine schwarze und braune Mädchen“

    "An diesem Morgen wachten kleine Mädchen in der ganzen Nation auf – vor allem kleine schwarze und braune Mädchen, die so oft übersehen werden. Heute sehen sie sich selbst vielleicht zum ersten Mal auf eine neue Weise“, führte Biden seine künftige politische Partnerin ein. Die schwarze Senatorin ist Tochter einer Inderin und eines Jamaikaners, die sich während der Studentenproteste der 1960er Jahre in Kalifornien kennengelernt hatten. Biden lobte sie als klug, zäh, erfahren und "eine bewährte Kämpferin für das Rückgrat dieses Landes“. Er erwähnte noch einmal, dass sie mit seinem an einem Gehirntumor verstorbenen Sohn Beau befreundet gewesen sei und ernannte sie zum Ehrenmitglied seiner Familie.

    Ähnlich warmherzig sprach Harris über den Spitzenkandidaten. "Er ist jemand, der niemals fragt: 'Warum passiert das mir?‘. Stattdessen fragt er: 'Wie kann ich euer Leben besser machen?‘“, lobte sie – eine von mehreren Spitzen gegen Amtsinhaber Trump. Als sie über die Zusammenarbeit mit Beau Biden in ihrer Zeit als kalifornische Generalstaatsanwältin berichtete, kämpfte Biden sichtbar mit den Tränen. Beau Biden war ebenfalls ein Jurist, der 2015 an einem Gehirntumor starb. "Wegen seines Mitgefühls, seiner Leidenschaft und seines Pflichtgefühls bin ich stolz, mit ihm anzutreten“, sagte Harris.

    Corona-Krise: Kamala Harris greift Donald Trump scharf an

    In scharfem Kontrast dazu standen die Angriffe der Ex-Staatsanwältin auf Trump. "Wir haben einen Präsidenten, der sich mehr um sich sorgt als um die Menschen, die ihn gewählt haben“, sagte sie und warf Trump komplettes Versagen in der Corona-Krise vor. Seinetwegen stünde "alles, was uns wichtig ist – unsere Wirtschaft, unsere Gesundheit, unsere Kinder, die Art von Land, in dem wir leben – auf dem Spiel“.

    Obwohl es kein Publikum und keinen Beifall gab, wirkte der gemeinsame Auftritt des Spitzenduos deutlich dynamischer als Bidens bisherige Solo-Botschaften aus dem Keller seines Hauses. Die jüngere Harris bringt erkennbar Feuer in die Kampagne. Das sehen offenbar auch die Spender so: Binnen 24 Stunden nach ihrer Ernennung überwiesen sie mehr als 26 Millionen Dollar, das Doppelte des bisherigen Rekords, an Bidens Wahlkampfteam.

    Am Ende der Präsentation, die kaum länger als 30 Minuten dauerte, kamen die Ehepartner der beiden Kandidaten auf die Bühne und vermittelten mit herzlichen Umarmungen zumindest für einen Augenblick den Eindruck von Normalität. Joe Biden hatte schon seine Maske aufgesetzt, als ein Reporter dessen Stellvertreterin noch die Frage zurief, was denn ihre Botschaft für die erwähnten schwarzen Mädchen sei. Harris zögerte keine Sekunde. "Glaubt an die Zukunft dieses Landes!“, lautete ihre Replik.

    Donald Trump kontert mit Wirtschaftszahlen

    Kurz nachdem Biden und Harris die Bühne verließen, betrat im Weißen Haus Präsident Donald Trump das Podium für eine Pressekonferenz. Er zeigte zunächst Grafiken, die unter anderem ein Wachstum am Aktienmarkt und eine Erholung der Nachfrage nach Autos darstellten. "Wir machen uns unglaublich gut“, versicherte er. Anders als Biden und Harris, so die klare Botschaft: Der Wirtschaft des Landes drohe bei einem Wahlsieg der beiden eine "Depression, wie man sie noch nie gesehen hat."

    Joe Biden (li.) will im November Amtsinhaber Donald Trump herausfordern.
    Joe Biden (li.) will im November Amtsinhaber Donald Trump herausfordern. Foto: Matt Rourke/Patrick Semansky, dpa

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