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US-Wahlkampf: Donald Trump: "Hillary Clinton will die Merkel Amerikas werden"

US-Wahlkampf

Donald Trump: "Hillary Clinton will die Merkel Amerikas werden"

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    Donald Trump versucht, seiner Konkurrentin zu schaden: "Hillary Clinton will Amerikas Angela Merkel werden."
    Donald Trump versucht, seiner Konkurrentin zu schaden: "Hillary Clinton will Amerikas Angela Merkel werden." Foto: Michael Reynolds, dpa

    Von amerikanischen Politikern ist Bundeskanzlerin Angela Merkel einiges gewöhnt. Der bisher letzte republikanische Präsident der USA, George W. Bush, schlich sich 2006 auf dem G-8-Gipfel in St.Petersburg von hinten an die CDU-Vorsitzende heran und verpasste der perplexen Kanzlerin eine Nackenmassage. Die Bild-Zeitung wertete es als "Liebesattacke".

    Solche Zuneigung kann Merkel von dem Mann nicht erwarten, der Amerikas nächster republikanischer Präsident werden möchte: Donald Trump. Für den exzentrischen Immobilienmilliardär ist die deutsche Regierungschefin vielmehr der Inbegriff einer politischen Versagerin. Weil sie eine Million Flüchtlinge unkontrolliert über die deutschen Grenzen kommen ließ – und dadurch die Kriminalität auf ein Niveau stieg, "das niemand geglaubt hat, je zu sehen". Deswegen ist es aus der Sicht Trumps die Höchststrafe für seine Gegenkandidatin Hillary Clinton, wenn sie mit der deutschen Kanzlerin gleichgesetzt wird.

    Und dann tut er es wirklich. In einer Wahlkampfrede in Youngstown im US-Bundesstaat Ohio nennt er am Montagabend Merkels Politik "eine Katastrophe", und spricht dann den Satz: "Hillary Clinton will die Angela Merkel Amerikas werden." Danach redet er über die angeblich gestiegene Kriminalität in Deutschland – und unterstellt Clinton, absichtlich dieselben chaotischen Zustände herbeiführen zu wollen, die seiner Ansicht nach inzwischen im fernen

    Hillary Clinton wird Vergleich nicht schmerzen

    Wobei Trump jeden Beweis für seine Behauptungen schuldig bleibt. Weder, was die Absichten Clintons angeht, noch über die wahre Lage in Deutschland kann er mit Fakten dienen. Das verwundert nicht, denn die Wahrheit sieht ganz anders aus. Die deutsche Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2015 zeigt jedenfalls: Lässt man Verstöße gegen das Ausländerrecht beiseite, "liegt die Gesamtzahl der polizeilich registrierten Straftaten im Jahr 2015 in etwa auf dem Niveau der Vorjahre", so Bundesinnenminister Thomas de Maizière im Mai bei der Vorlage des Berichts. Die angebliche exorbitante Steigerung, die Trump behauptet, ist ein Märchen.

    Hillary Clinton wird der Vergleich mit Angela Merkel nicht schmerzen. Die beiden werden ohnehin oft in einem Atemzug genannt, etwa wenn es um den Titel mächtigste Frau der Welt geht. In diesem Jahr liegt Merkel auf Rang eins, direkt vor Clinton. Das Forbes-Magazin verweist zur Begründung auf Merkels Führungsrolle in der EU und die erfolgreiche Wirtschaftspolitik, hebt aber als "wohl mutigste Tat" der Kanzlerin die Aufnahme von mehr als einer Million Flüchtlinge aus muslimischen Ländern in Deutschland hervor. Aus dieser Perspektive stellt ein Vergleich mit Merkel keine Beleidigung dar.

    Angela Merkel hält sich aus US-Wahlkampf raus

    Im Berliner Bundespresseamt will sich zu der Bemerkung Trumps, der bekanntlich deutsche Wurzeln hat – sein Großvater stammte aus Kallstadt in der Pfalz –, niemand äußern. Auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) heißt es, die Kanzlerin habe auf ihrer Sommerpressekonferenz am 28. Juli bereits erklärt, dass sie sich aus dem Präsidentschaftswahlkampf in den USA heraushalten werde. Doch auch dort führt der Merkel-Clinton-Vergleich zu keinen übermäßigen Gefühlsaufwallungen. So wird der Satz zum Beispiel von der Washington Post eher beiläufig wiedergegeben.

    Viel mehr interessiert in den USA, wie Trump aus dem Umfragetief kommen will, in dem er noch immer steckt. Bei seinen Wahlkampfauftritten hat sich bereits etwas geändert: Der Kandidat, der schon so oft verbale Ausrutscher produziert hat, liest in Youngstown seine sicherheitspolitische Grundsatzrede brav vom Teleprompter ab. Auch inhaltlich fallen die Aussagen gemäßigter aus als früher. So verlangt er jetzt nicht mehr pauschal Einreiseverbote für alle Muslime, sondern will diese auf Bewohner von Staaten beschränken, die nichts gegen den Terrorismus unternehmen. Alle anderen müssten sich peniblen Gesinnungsüberprüfungen unterziehen.

    Attacken auf Hillary Clinton und den derzeitigen Präsidenten Barack Obama gehören natürlich weiter zum Trump'schen Inventar. Er wiederholt jetzt aber nicht mehr die plumpe Bemerkung, Obama und Clinton seien "die Gründer" der Terrormiliz Islamischer Staat. Er hält ihnen indes weiter vor, im Irak die Entstehung des IS ermöglicht zu haben, und ohne ein Konzept für den Tag danach in den Libyen-Krieg gegangen zu sein.

    Neue Töne auch gegenüber der Nato, die er schon mal für "obsolet" erklärt hatte. Jetzt will Trump doch mit dem westlichen Bündnis im Anti-Terror-Kampf zusammenarbeiten. Im Übrigen plant er auch, Russland mit einzubeziehen.

    Nervosität im republikanischen Lager steigt

    Ob solche Ansätze einer neuen Seriosität genügen, um Trump wieder auf Augenhöhe mit seiner Konkurrentin Hillary Clinton zu hieven, ist allerdings fraglich. Die Nervosität im republikanischen Lager steigt zusehends.

    Sollte dem Kandidaten keine Wende gelingen, wird es wohl einsam um ihn werden. Denn die republikanischen Senatoren und Abgeordneten, die sich am 8. November ebenfalls dem Votum der Wähler stellen müssen, werden dann versuchen, sich vom "Loser" Trump freizuschwimmen – und ohne Rücksicht auf den ungeliebten Präsidentschafts-Kandidaten Wahlkampf machen. Die "große alte Partei" hat schließlich die Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses zu verteidigen. Und viele Politiker sehen die Gefahr, Einfluss und Einkommen zu verlieren. Die Devise für sie kann dann nur noch heißen: Rette sich, wer kann.

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