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Mit diesem Plan geht Trump in eine mögliche zweite Amtszeit

US-Wahlen 2024

Trumps Drehbuch für eine zweite Amtszeit

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    Donald Trump geht mit klaren Erwartungen seiner Anhängerschaft in den Wahlkampf. Eine zweite Amtszeit ist zuletzt wahrscheinlicher geworden.
    Donald Trump geht mit klaren Erwartungen seiner Anhängerschaft in den Wahlkampf. Eine zweite Amtszeit ist zuletzt wahrscheinlicher geworden. Foto: Chris Szagola, dpa

    Es ist nur eine Vermutung. Doch dass bei der Heritage Foundation, einer der wichtigsten und am besten vernetzten rechtskonservativen Aktivistengruppen der Vereinigten Staaten, in der vergangenen Woche die Sektkorken geknallt haben, ist mehr als wahrscheinlich. Das Stottern, der starre Blick, die Sätze, die im Nirgendwo endeten: Präsident Joe Bidens desaströser Auftritt beim TV-Duell gegen seinen republikanischen Konkurrenten machen eine zweite Amtszeit Donald Trumps wahrscheinlicher. Die Kräfteverhältnisse haben sich verschoben. Das weiß man auch in den Washingtoner Büros der Denkfabrik. Biden, der Trump-Besieger von 2020, er wirkt auf einmal wie ein Geschenk. Auch deshalb kündigt die Heritage Foundation sicherheitshalber schon an: Sollten die Demokraten doch noch versuchen, ihren Spitzenkandidaten auszutauschen, werde man einen Rechtskrieg entfachen. Tatsächlich wächst der Druck auf Biden. Ein demokratischer Kongressabgeordneter aus Texas preschte voran und rief ihn öffentlich zum Rückzug auf. Es geht um viel. Weit über die Person der beiden Kandidaten hinaus.

    Nicht nur in den Schubladen, sondern offen für alle einsehbar auf der Homepage der Foundation findet sich ein Konzept, das mit dem Namen „Projekt 2025“ überschrieben ist. Es ist das, was sich die Rechtskonservativen für eine zweite Amtszeit Trump vorstellen, ein politisches Drehbuch für ein anderes Amerika. Es skizziert auf fast 1000 Seiten, wie der Republikaner die staatlichen Institutionen am effektivsten umbauen könnte, um seine eigene Agenda umzusetzen. Die Anleitung für den politischen Übergang umfasst Pläne zur Steuerung der Einwanderung und schlägt sogar Personen für den Mitarbeiterstab des Weißen Hauses vor. Experten sollen durch Getreue ersetzt werden. Weniger von dem als übergriffig empfundenen Staat, weniger vom als belastend empfundenen Umweltschutz. Das wichtige Justizministerium soll einen Teil seiner Unabhängigkeit verlieren. Schon lange droht Trump damit, seine politischen Feinde auch juristisch zu verfolgen. „Es reicht nicht aus, dass die Konservativen Wahlen gewinnen“, heißt es auf der Website. „Wenn wir das Land aus dem Griff der radikalen Linken befreien wollen, brauchen wir sowohl eine Regierungsagenda als auch die richtigen Leute, die bereit sind, diese Agenda vom ersten Tag der nächsten konservativen Regierung an umzusetzen.“ Ziel ist es, das Land und sein System dauerhaft zu verändern. 

    Donald Trump will das Chaos seiner ersten Amtszeit vermeiden

    Ob sich Trump an die Regie-Anweisungen hält, ist freilich offen. „Die Heritage Foundation ist nur eine Organisation unter mehreren, die einen Entwurf erarbeitet haben für die Zeit nach einem möglichen Sieg von Donald Trump“, sagt Sudha David-Wilp von der US-Stiftung German Marshall Fund Berlin. „Das ,Project 2025‘ ist also nicht der eine Plan für eine zweite Amtszeit, aber es ist sicher einer der wichtigsten und bekanntesten. Sollte Trump im November gewählt werden, wird er ihn sich genau anschauen.“ Denn auch dessen Ziel ist es, das Chaos der Anfangszeit, das noch in seiner ersten Amtszeit geherrscht hatte, zu vermeiden. So manches Vorhaben scheiterte damals an der fehlerhaften Umsetzung, Gerichte bremsten den Präsidenten genauso aus wie Behörden. „In seiner ersten Amtszeit hatte Donald Trump zumindest zu Beginn keinen wirklichen Plan. In seinem Team waren noch Mitglieder, denen er nicht unbedingt vertraut hat, etablierte Persönlichkeiten aus dem konservativen Lager, auf die er angewiesen war und bei denen er immer das Gefühl hatte, zurückgehalten zu werden“, sagt David-Wilp. „Das ist diesmal anders: Er umgibt sich nur noch mit Loyalisten und er hat konkrete Ziele.“ 

    Es ist nicht das erste Mal, dass die Heritage Foundation versucht, die amerikanische Politik zu beeinflussen. Schon als Ronald Reagan in den 80er-Jahren ins Weiße Haus eingezogen war, legte die Stiftung dem Präsidenten ihre Ideen vor – und behauptet bis heute, dass Reagan Kopien des Manifests an „jedes Mitglied seines Kabinetts“ verteilt habe und dass zwei Drittel der ausgesprochenen politischen Empfehlungen entweder „angenommen oder in Angriff genommen“ wurden. Seither ist nicht nur die Heritage Foundation nach rechts gerückt, sondern auch die Republikaner haben sich verändert. „Die republikanische Partei ist heute komplett zur Trump-Partei geworden – seine Schwiegertochter Lara ist erst in diesem Jahr zur Co-Vorsitzenden gewählt worden“, sagt David-Wilp. „Es besteht also kein Zweifel, dass Trump die Republikaner beherrscht. Das bedeutet nicht, dass es in den USA keine Konservativen mehr gibt, die alles andere als glücklich sind darüber, wie Trump Konservatismus definiert – manche halten ihn nicht einmal für konservativ.“ Doch der Wunsch nach Macht überlagert vieles, der Kipppunkt, an dem der Trumpismus noch eingehegt werden konnte, scheint überschritten. 

    Wie könnte eine zweite Amtszeit von Trump aussehen?

    Spätestens der Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 und die Tatsache, dass noch nicht einmal dieser massive Angriff auf die Demokratie Trump schaden konnte, gelten vielen als Beweis dafür. „Unmittelbar nach dem 6. Januar waren die meisten Amerikaner schockiert über die Ereignisse“, sagt die Expertin. „Wir wissen, dass es eine große Anzahl von Waffenbesitzern gibt. Aber zu sehen, wie die Hauptstadt, die Spitze der amerikanischen Demokratie, von einem Mob angegriffen wird, war schockierend.“ Doch die meisten Leute hätten bald ihre Meinung geändert, als sie sahen, dass Präsident Trump immer noch breite Unterstützung durch seine Wähler erfuhr. 

    Vieles von dem, was im „Project 2025“ aufgeführt wird, propagiert Trump bei seinen Wahlkampfauftritten. Wirklich überraschend ist kaum etwas, die Auswirkungen werden auch dieses Mal weit über die USA hinausreichen. „Sollte Trump ein zweites Mal Präsident werden, wird er Loyalität einfordern von seinen Verbündeten“, glaubt Sudha David-Wilp. Er werde verstärkt Zölle auf Importe einführen, um Produktion und Arbeitsplätze in die USA zu ziehen. Er werde seine Vorstellungen von wirtschaftlichem Protektionismus umsetzen. Er werde, wie schon 2016, von den Europäern verlangen, für die eigene Sicherheit einzustehen – inklusive der Verteidigung der Ukraine. Und genau das sei auch der Punkt, der besonders schmerzhaft sei. „Europa hätte sich zusammenraufen müssen und einen Plan entwickeln, wie es sich für eine zweite Amtszeit Trumps positionieren kann“, sagt David-Wilp. Das sei nicht geschehen – im Gegenteil: Die Europawahl habe gezeigt, dass viele Probleme, die die USA kennen, nun auch hier größer werden. „Und das ist der Grund, warum Europa nervös sein sollte“, sagt die Expertin. „Es wird für Europa schwieriger werden, mit einer Stimme zu sprechen. Europa scheint führungslos zu sein.“ 

    Was kann Trump also noch bremsen? „Das amerikanische System der Gewaltenteilung wurde schon in Donald Trumps erster Amtszeit herausgefordert“, sagt Sudha David-Wilp. „Es hat standgehalten. Aber noch einmal: Er ist diesmal besser vorbereitet, er weiß, wie eine Regierung funktioniert.“

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