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US-Wahl: Donald Trump: Ein Mann, ein Rätsel

US-Wahl

Donald Trump: Ein Mann, ein Rätsel

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    Donald Trump weiß sich selbst zu vermarkten. Reicht das, um Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu werden? (Archivbild)
    Donald Trump weiß sich selbst zu vermarkten. Reicht das, um Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu werden? (Archivbild) Foto: Cristobal Herrera, dpa

    Den Erfolg des Immobilienkönigs Donald Trump zu verstehen, das haben schon viele versucht. „Mein Junge hat das großartigste Gespür für die Lage“, hat Vater Fred einmal getönt. Er selbst hat es anders erklärt. „Der eigentliche Schlüssel zu meinem Geschäftsmodell ist Großspurigkeit“, schrieb er 1987 in seinem Bestseller „The Art of the Deal“. „Ich bediene die Fantasien der Leute.“

    Daran kann längst kein Zweifel mehr sein: Der Mann, der auf dem besten Weg ist, Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu werden, verbringt die kalten Monate seit Jahren im „Winter White House“, einem 126-Zimmer-Palast in Florida, den seine Erbauerin einst als Zweitresidenz für Präsidenten vorsah. Im Sommer wohnt Trump in einem spektakulären Turm an der Fifth Avenue in Manhattan.

    Trump verspricht den Wählern, Amerika wieder großartig zu machen

    Seiner Prunksucht fehlt zwar die Eleganz, mit der die Kennedys ihren Sitz zum Sehnsuchtsort stilisierten, doch das macht er mit Unbescheidenheit wett: „Make America Great Again“, der Slogan seiner Kampagne, kopiert niemand Geringeren als den zweiten großen Hoffnungsstifter, den das Weiße Haus im 20. Jahrhundert erlebt hat, Ronald Reagan.

    Amerika wieder großartig machen: Wer sonst könnte das besser verkaufen als jener Mann, dessen Name Trumpf bedeutet, der seine Bücher „Nicht kleckern, klotzen!“ nennt, seine Casinos Taj Mahal und seine Parfüms „Erfolg“ tauft? „Donald J. Trump ist die eigentliche Definition der amerikanischen Erfolgsstory“, begrüßt seine Homepage potenzielle Wähler. „Ein bisschen Übertreibung schadet nie“, hat Trump 1987 offen erklärt. Clinton und Trump feiern starke Siege in US-Vorwahlen

    Donald Trump hat seinen Namen zu einer Marke gemacht

    Als der junge Donald 1966 aus einer Jesuitenschule an die berühmte University of Pennsylvania wechselte, erklärte er seinem Professor: „Ich werde der König des New Yorker Immobilienwesens sein.“ Die irritierende Frage nach seinem Namen beantwortete der Student mit Anzug, Lederschuhen und Aktenkoffer so: „Ich bin Donald Trump.“ Der Wille, seinen Namen zu einer Marke auszubauen, wurde zum wichtigsten Erfolgsgeheimnis des Moguls, gepaart mit seiner Fähigkeit, Charme so gezielt einzusetzen wie Schikane.

    „Donald war das Kind, das bei der Geburtstagsparty mit Kuchen wirft“, hat sein Bruder Robert erzählt. Sein Vater steckte den 13-Jährigen zur Erziehung in eine Militärschule, nachdem Donald einen Lehrer geschlagen hatte. Die Aura mühsam beherrschter Aggression hat ihn nie ganz verlassen: Bei seiner ersten Scheidung 1990 stand zeitweise ein Vergewaltigungsvorwurf im Raum; Geschäftspartner berichten von Tischen, die umgeworfen wurden.

    Pöbeleien und Handgreiflichkeiten sind keine Seltenheit auf seinen Wahlveranstaltungen

    Auch seine Wahlkampfveranstaltungen entgleisen zunehmend. Am Wochenende kam es zu Pöbeleien und Handgreiflichkeiten zwischen Anhängern und Gegnern. Trump selbst ruft unverhohlen zur Gewalt auf. „Ich würde ihm gern ins Gesicht schlagen“, sagte er über einen Demonstranten, der gewürgt und getreten worden war. Und er poltert: „Schlagt sie windelweich! Ich verspreche, ich übernehme alle Prozesskosten!“ Polizei: Kein Verfahren gegen Trump wegen Gewalt bei Kundgebung

    Trump hat es weit gebracht mit dieser fragwürdigen Rhetorik. Am Dienstag, einem der entscheidenden Vorwahl-Termine, holte er vier von fünf Staaten und setzte sich damit weiter von seinen Verfolgern ab. Einer davon, Senator Marco Rubio, warf nach der vernichtenden Niederlage in seinem Heimat- und Schlüsselstaat Florida entnervt hin. Doch inzwischen nimmt die Zahl derer, die den 69-Jährigen verhindern wollen, zu. Zahlreiche Konservative machen seit Wochen massiv Stimmung gegen ihn.

    Es sieht nach Donald Trump gegen Ted Cruz aus

    Denn der Mann, den sie als Kandidaten verhindern wollen, hat es geschafft, die Republikaner in zwei Lager zu spalten: Donald Trump und Anti-Donald-Trump. Die, die sich gegen ihn formieren, brauchen Hoffnungsträger. John Kasich, der zuletzt mit einem Sieg im Arbeiterstaat Ohio ein kleines Wunder geschafft hat, ist so einer – und gilt doch als chancenlos. Vieles deutet darauf hin, dass das Ringen auf einen Zweikampf zwischen Trump und seinem ärgsten Rivalen Ted Cruz hinausläuft – und auf eine Kampfabstimmung auf dem Parteitag im Juli. Ein Putsch der Delegierten wird parteiintern offen diskutiert. Kommentatoren sprechen von einem „potenziellen Blutbad“.

    Trump als Präsidentschaftskandidat der Republikaner? In Deutschland ist es noch gar nicht so lange her, dass man das für ein Ding der Unmöglichkeit hielt. Doch nun stellt man sich langsam darauf ein, dass die Entscheidung um das Amt des US-Präsidenten zwischen Hillary Clinton und ihm fallen wird. Auch, wenn das für viele keine angenehme Vorstellung ist. CDU-Politiker Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Amtes, sagt: „Die Mittel, mit denen er Mehrheiten erwirbt, sind das Erzeugen von Angst, Wut und Hass.“

    Donald Trump weiß, wie man sich in den Medien hält

    Wie man mit waghalsigen Wortbeiträgen Öffentlichkeit erzeugt, hat Trump schon als Geschäftsmann erkannt: „Wenn man ein bisschen anders auftritt oder ein bisschen skandalös, wenn man dreiste oder umstrittene Dinge tut, dann schreibt die Presse über einen.“ Mexikaner seien Vergewaltiger, Kriegsgefangene Verlierer, Juden reich und Schwarze gewalttätig. Muslime gehören verbannt, Terrorverdächtige sollen gefoltert werden, ihre Verwandten getötet – mit jedem Aufreger hatte Trump tagelang die Sendezeiten für sich.

    Der Wahrheitsgehalt seiner Aussagen kümmert ihn dabei wenig. Schon 1990 zitierte die Vogue einen seiner Anwälte mit den Worten: „Donald glaubt an die Theorie der großen Lüge: Wenn man etwas wieder und wieder sagt, glauben einem die Leute.“ Die Internetseite Politifact hat 189 seiner Wahlkampfaussagen untersucht und 77 Prozent für falsch erklärt; uneingeschränkt korrekt war nur eine. An Trump perlt das ab: Er lebt von dem Image, offen zu sagen, was viele nur denken. Die revolutionäre Geste ist wichtiger als das Argument im Detail.

    Zu Uni-Zeiten hat er erste Immobiliengeschäfte getätigt

    Und das Versprechen natürlich: „Ich werde der größte Arbeitsplatz-Präsident, den Gott je geschaffen hat.“ Ein ungedeckter Scheck möglicherweise, schon klar. Aber waren Trumps Schecks bislang nicht immer Gewinnertickets fürs große Los?

    Dass aus dem studentischen Möchtegern tatsächlich ein Milliardär wurde, hatte auch mit Startvorteilen zu tun: Millionendarlehen seines Vaters, der sein Geld mit Wohnungen für die Mittelschicht machte, ermöglichten ihm schon zu Uni-Zeiten erste Immobiliengeschäfte. Die Verbindungen in die Politik halfen auch dem Sohn, als er später lukrative Steuerdeals suchte. Der Wandel des überschaubaren Immobilienunternehmens zum Weltkonzern aber geht allein auf sein Konto. Zu „Trump Organization“ gehören Filetstücke wie die Luxus-Hotels Grand Hyatt und der Trump Tower in Manhattan.

    "Scheidung des Jahrhunderts" mit seiner Ex-Frau Ivana

    Mit Mitte 30 war Trump der König der dortigen Immobilienwelt. In schlecht geschnittenen Anzügen kreuzte der exzentrische Lebemann im Cadillac durch Manhattan. Die „Scheidung des Jahrhunderts“ von seiner ersten Frau Ivana füllte monatelang die Gazetten – Trump hatte das Model mit einer ehemaligen Schönheitskönigin gedemütigt. Auch von Marla Maples trennte sich Trump einige Jahre später. Nach angeblichen Bemühungen um Lady Di ist er heute in dritter Ehe mit dem Model Melania Knauss verheiratet; insgesamt hat er fünf Kinder und sieben Enkel. Trump engagierte sich im Wrestling-Geschäft; die Organisationen Miss USA und Miss Universe gehörten ihm bis 2015 ganz beziehungsweise zur Hälfte. In einer Castingshow demonstrierte er sein Talent für zielsichere Schmähungen, das er seither gegen politische Gegner einsetzt.

    Dabei ist er, was seine Parteizugehörigkeit angeht, flexibel. Trump war seit den 80er Jahren mehrfach sowohl Demokrat als auch Republikaner; im Jahr 2000 versuchte er sich kurzfristig mit einer Präsidentschaftskandidatur für die Reform Party. Seine Auffassungen zu Freihandel, Kuba oder den Sozialsystemen sind für Konservative bis heute eine Provokation. Und natürlich seine Wortwahl. So wie gestern, als er eine Warnung an die eigene Partei schickte. Sollte ihm die Nominierung trotz der Mehrzahl an Delegierten versagt werden, sei mit „Aufständen“ zu rechnen. „Ich repräsentiere viele, viele Millionen Menschen.“

    Er behauptet, er würde die Kampagne selbst finanzieren. Das stimmt nicht

    Nur zu gern betont Trump, dass er seine Kampagne selbst finanziert. Das stimmt aber nur bedingt: 34 Prozent seiner Wahlkampfkasse bestanden 2015 aus Spenden. Das mag auch an seiner durchwachsenen Bilanz als Unternehmer liegen: Von Trump gegründete Hotel- und Casino-Unternehmen haben insgesamt fünfmal Bankrott angemeldet. Produkte wie Trump Steaks, Trump Vodka oder Trump Airlines sind größtenteils vergessen. Kritiker sagen, dass Trump sich seit einem Beinahe-Kollaps in den 90ern nur noch mit zweitklassigen Deals über Wasser hält; damals soll er neben 3,5 Milliarden Dollar Geschäftsschulden auch persönlich mit 900 Millionen Dollar in der Kreide gestanden haben.

    Doch zu pessimistische Schätzungen sind gefährlich: Gegen einen Reporter, der sein Vermögen niedrig einschätzte, ging Trump gerichtlich vor; ein Analyst, der dem Taj-Mahal-Casino den Bankrott vorhersagte, wurde auf seinen Druck hin entlassen. Der Prozess wurde für ihn zwar genauso zur Pleite wie das Casino, doch das Signal war gesetzt: Wenn es um seine Marke geht, versteht der Milliardär keinen Spaß.

    Trump will die Marke der Vereinigten Staaten wieder populär machen

    Die meisten Experten sind sich einig, dass Lizenzgeschäfte die einträglichste Sparte seines Konzerns ausmachen; mit vielen Gebäuden, auf denen „Trump“ steht, hat er kaum etwas zu tun. Das empört nicht nur Investoren, die der klangvolle Name in gescheiterte Fremdprojekte gelockt hat. Trump selbst muss sich derzeit vor Gericht gegen den Vorwurf verteidigen, mit einer zweifelhaften „Trump University“ Millionen erschwindelt zu haben.

    Jetzt will er „die Marke der Vereinigten Staaten wieder großartig machen“. Die Wirtschaft soll um sechs Prozent wachsen, der Haushalt um ein Fünftel schrumpfen, die Sozialleistungen bleiben erhalten. Die Finanzierung bleibt sein Geheimnis, wie viele andere Pläne.

    Wer wissen will, ob Fantasien von Wohlstand und Sicherheit sich erfüllen, wenn Trump tatsächlich ins Weiße Haus zieht, muss ihn wählen. Nur in die Quere kommen sollte er ihm danach nicht. „Weißt du was, Liebling?“, erklärte er einer besorgten Zwölfjährigen. „Du wirst keine Angst mehr haben. Die anderen werden Angst haben.“ (mit dpa)

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