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US-Wahl 2016: Gentlemen auf der Bühne: Vize-Kandidaten debattieren im TV

US-Wahl 2016

Gentlemen auf der Bühne: Vize-Kandidaten debattieren im TV

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    Die Kandidaten für das Amt des US-Vizepräsidenten, Clintons Partner Tim Kaine (rechts) und Trumps Helfer Mike Pence, lieferten sich ihre einzige Fernsehdebatte des Wahlkampfs.
    Die Kandidaten für das Amt des US-Vizepräsidenten, Clintons Partner Tim Kaine (rechts) und Trumps Helfer Mike Pence, lieferten sich ihre einzige Fernsehdebatte des Wahlkampfs. Foto: Joe Raedle, dpa/epa

    Die wichtigsten Personen des Abends waren nicht da. Hillary Clinton und Donald Trump standen am Dienstagabend im Mittelpunkt einer Debatte, an der sie überhaupt nicht teilnahmen: Die Kandidaten für das Amt des US-Vizepräsidenten, Clintons Partner Tim Kaine und Trumps Helfer Mike Pence, lieferten sich ihre einzige Fernsehdebatte des Wahlkampfs – und verbrachten 90 Minuten damit, den Chef des jeweiligen Gegenübers zu attackieren. Allerdings schlugen sie dabei weit gemäßigtere Töne als die Hauptpersonen.

    Kaine, demokratischer Senator und Ex-Gouverneur aus Virginia, sagte schon in seinem Auftakt-Statement über Clinton, er sei froh, mit einer „starken Frau“ zusammenzuarbeiten. „Ich bin so stolz auf sie.“ Und er wurde gleich auch eine Spitze gegen Trump los: Sein Sohn diene in der amerikanischen Marineinfanterie, sagte Kaine – „und der Gedanke, dass Donald Trump der Oberkommandiere sein könnte, ängstigt uns zu Tode“.

    Pence, republikanischer Gouverneur von Indiana, warf Clinton vor, für eine schwache amerikanische Außenpolitik verantwortlich zu sein. Zudem beklagte er eine anschwellende Staatsverschuldung, bürokratischen Wildwuchs und Steuererhöhungen unter dem scheidenden Präsidenten Barack Obama. Clinton und Kaine wollten diesen Kurs fortsetze, betonte der Gouverneur.

    Kaine wirkte aktiver als sein Gegenüber – mitunter zu aktiv und zu laut, wie viele Kritiker auf Twitter fanden. Pence dagegen trat ruhig und staatsmännisch auf und verdiente sich damit das Lob vieler Beobachter. In ersten Analysen kam Pence besser weg: Viele Republikaner wünschten sich nach der Debatte wohl, Pence – und nicht Trump – wäre der Spitzenkandidat ihrer Partei, sagte ein CNN-Kommentator.

    Beide sind irischer Abstammung, beide wurden katholisch erzogen

    Gemessen an den giftigen Auseinandersetzungen zwischen Trump und Clinton bei ihrem ersten Fernsehduell in der vergangenen Woche war der Schlagabtausch zwischen dem 58-jährigen Kaine und dem ein Jahr jüngeren Pence eine sehr höfliche Angelegenheit: Gentlemen auf der Bühne. Anders als die Präsidentschaftskandidaten saßen sie an einem Tisch, statt an Pulten zu stehen. Und anderes als die Kandidaten gingen sie respektvoll miteinander um. Teilweise stellten sie Gemeinsamkeiten fest und entschuldigten sich, wenn sie einander ins Wort fielen. Am Ende dankten sie sich gegenseitig.

    Beide Politiker sind irischer Abstammung, beide wurden katholisch erzogen. Pence schloss sich später dem evangikalen Christentum an, während Paine als jesuitischer Missionar in Südamerika die Befreiungstheologie entdeckte. In der Debatte räumte Kaine ein, dass ihm als Gouverneur mit christlicher Überzeugung die in Virginia geltende Todesstrafe große Schwierigkeiten bereitet habe.

    1. TV-Duell: Die Zitate von Donald Trump

    «Ich habe eine viel bessere Urteilsfähigkeit als sie. Ich habe auch ein viel besseres Naturell als sie. Mein größter Vorteil ist mein Temperament. Ich habe ein gewinnendes Naturell. Ich weiß zu gewinnen.»

    «Ich werde meine Steuererklärung veröffentlichen. Meine Anwälte raten mir ab, aber ich werde sie freigeben.»

    «Stimmt nicht.» (Trumps Reaktion auf den Vorwurf Clintons, den Klimawandel abgestritten zu haben)

    «Ich möchte, dass Du glücklich bist. Das ist sehr wichtig für mich.» (Trump zu Clinton)

    «Ich denke nicht, dass sie die Ausdauer dafür hat. (...) Sie mag erfahren sein, aber sie hat schlechte Erfahrung.» (Trump über Clinton)

    «Typisch Politiker. Nur reden, nicht handeln.» (Trump über Clintons Pläne, die Steuern zu reduzieren)

    «Sie müssen bezahlen.» (Trump über Länder, die von den USA beschützt werden)

    «Die größte Bedrohung der Welt ist die nukleare, nicht wie Du und Dein Präsident es sehen, der Klimawandel.»

    «Ich war überall auf der Welt. Du hast entschieden, Zuhause zu bleiben. Und das ist okay.»

    «Ich würde sicherlich nicht den nuklearen Erstschlag machen.»

    «Wir müssen Recht und Ordnung zurückbringen. (...) Illegale Migranten haben Waffen, und sie erschießen Leute.»

    «Ich habe den Krieg im Irak nicht unterstützt. Das ist Unsinn der Mainstream-Medien. Ich war gegen den Krieg.»

     «Die afroamerikanische Gemeinschaft wurde von Politikern vergessen. Sie reden im Wahlkampf gut daher, und nach der Wahl sagen sie: See you later!»

    «Sie sagt all die Dinge seit Jahren. Und nichts hat sich verändert.» (Trump nach der Debatte auf CNN über Clinton)  dpa

    Als mindestens ebenso frommer Christ fand sich Pence in der unangenehmen Lage, die merkwürdigen Steuerpraktiken seines Chefs zu verteidigen, der von sich selbst sagt, er habe das Steuersystem in „brillianter“ Weise für sich genutzt. „Er ist eben ein Geschäftsmann“, sagte Pence, doch so ganz überzeugt war er von dieser Erklärung wohl selbst nicht.

    Die Rolle des Steuer-Erklärers ist ohnehin nicht die wichtigste für Pence im Wahlkampf von Trump. Der Gouverneur soll vor allem die frommen Wähler ansprechen, denen der pöbelige und nicht besonders religiösen Milliardär Trump nicht geheuer ist. In der Debatte bekannte sich Pence zu seinem Nein zur Abtreibung, während Kaine dafür warb, den Frauen die Entscheidung zu überlassen.

    Am kommenden Sonntag stehen sich Trump und Clinton gegenüber

    Pence nutzte zudem die Gelegenheit, um sich als bescheidener Mann aus dem amerikanischen Kernland zu präsentieren, der vernünftige Vorschläge für schwierige Probleme hat. Doch einfach war das nicht, denn vernünftige Vorschläge für schwierige Probleme gehören nicht zu den Stärken seines Chefs. „Donald Trump hat einen Plan“, war einer der häufigsten Sätze von Pence.

    1. TV-Duell: Die Zitate von Hillary Clinton

    «Das ist nicht das richtige Naturell, um Commander-in-Chief (Oberkommandierender) zu sein. Ein Mann, der von einem Tweet provoziert wird, sollte nicht in der Nähe der nuklearen Codes sein.»

    «Wir müssen unsere Luftschläge gegen den Islamischen Staat verstärken. (...) Ich denke, wir müssen Bagdadi fassen.»

    «Wir müssen das Vertrauen zwischen den Kommunen und der Polizei wiederherstellen.»

    «Wir müssen die Waffen aus den Händen derer wegnehmen, die sie nicht tragen sollten.»

    «Ich habe einen Fehler gemacht, private Konten genutzt zu haben.» (Clinton über ihre E-Mail-Affäre)

     «Irgendetwas versteckt er.»

    (Clinton über Trumps bislang unveröffentlichte Steuererklärung)

    «Am Ende des Abends werde ich für alles verantwortlich gemacht worden sein.»

    (Clinton scherzhaft über die Vorwürfe von Trump)

     «Wir brauchen eine Wirtschaft, die für alle funktioniert.»

    «Donald, gut Dich hier zu haben.»

    «Donald, ich weiß, du lebst in deiner eigenen Realität.»

    «Ich glaube, Donald hat mich gerade dafür kritisiert, dass ich mich auf diese Debatte vorbereitet habe. Ja, ich habe mich vorbereitet. Und weißt Du, worauf ich noch vorbereitet bin? Ich bin darauf vorbereitet, Präsidentin zu sein.» (dpa)

    Kaine ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen. „Er versucht, zu verwischen, was Donald Trump sagt“, stellte er fest, als sich Pence bemühte, Trumps Ankündigung von Massenabschiebungen illegaler Einwanderer schönzureden. Während Kaine auf Trumps öffentlich geäußerte Sympathien für Wladimir Putin einging, argumentierte Pence, Clinton sei dafür verantwortlich, dass der russische Präsident sich heute so stark fühle.

    Als sich die beiden Politiker am Ende des Abends die Hand schüttelten, schlossen sie damit eine kurze Zwischenphase der Zurückhaltung in diesem Wahlkampf ab. Am kommenden Sonntag stehen sich Trump und Clinton in St Louis bei ihrem zweiten Schlagabtausch gegenüber, und niemand rechnet damit, dass die beiden ähnlich pfleglich miteinander umgehen werden wie ihre Vizepräsidentschaftskandidaten. Trump hat bereits angedeutet, möglicherweise die Seitensprünge von Clintons Ehemann, des früheren Präsidenten Bill Clinton, zur Sprache zu bringen.

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