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US-Präsidentschaft: Wie Kamala Harris die US-Demokraten aufmischt

US-Präsidentschaft

Wie Kamala Harris die US-Demokraten aufmischt

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    Mit Kamala Harris aus Kalifornien hatten bisher nur wenige Beobachter gerechnet. Auch ihre Umfragewerte sind noch nicht so gut. Das könnte sich demnächst vielleicht ändern.
    Mit Kamala Harris aus Kalifornien hatten bisher nur wenige Beobachter gerechnet. Auch ihre Umfragewerte sind noch nicht so gut. Das könnte sich demnächst vielleicht ändern. Foto: Saul Loeb, dpa

    Es war klar, dass dieser Moment kommen würde. Allzu deutlich liegt Joe Biden bei den Beliebtheitsumfragen für den demokratischen US-Präsidentschaftskandidaten vorne. Allzu lange hat sich der Ex-Vizepräsident als der geborene Herausforderer von Donald Trump präsentiert und dabei jede parteiinterne Diskussion vermieden. Irgendwann mussten seine Mitbewerber zurückschlagen. Sein schärfster Gegner, da waren sich die Beobachter einig, würde der radikale Senator Bernie Sanders sein.

    Doch als der 76-Jährige am Donnerstagabend erstmals um seine Favoritenrolle beim Kampf um das Weiße Haus fürchten muss, kommt die Attacke nicht von dem selbstproklamierten Sozialisten aus Vermont, der bei der ersten großen Fernsehdebatte direkt neben ihm auf der Bühne steht. Vielmehr erkämpft sich eine farbige Frau neben Sanders das Wort. „Ich glaube nicht, dass Sie ein Rassist sind“, spricht sie freundlich, aber extrem entschlossen den einstigen Obama-Vize an: „Aber es hat geschmerzt, Sie so reden zu hören.“

    In den Umfragen liegt Kamala Harris noch weit zurück

    Seither beherrscht die Schlagzeilen in Amerika ein Name, der zuletzt selten genannt wurde: Kamala Harris, die Senatorin von Kalifornien, war mit vielen Vorschusslorbeeren in das Kandidatenrennen gestartet. Als Tochter eines Wirtschaftsprofessors aus Jamaika und einer indischstämmigen Ärztin verfügt die 54-Jährige über einen interessanten biografischen Hintergrund. Sie strahlt Charme und Wärme aus, und hat bei der Befragung des neuen Verfassungsrichters Brett Kavanaugh im Kongress doch schneidende Schärfe und rhetorische Brillanz bewiesen. Aber ihre Kampagne für eine Präsidentschaftskandidatur bei den Demokraten war bislang flau. Jüngste Umfragen sahen sie mit sieben Prozent deutlich hinter Biden, Sanders und der linken Senatorin Elizabeth Warren.

    Der Auslöser für den kraftvollen Neustart der einstigen Staatsanwältin sind nun ziemlich verunglückte Äußerungen von Biden, der sich für seine Fähigkeit zum Kompromiss auch mit dezidierten politischen Gegnern gelobt hat. Das könnte in den USA unter dem polarisierenden Präsidenten Trump durchaus ein Wert sein. Als Beleg hat Biden aber auf Gesetze verwiesen, die er in den 1970er Jahren mit zwei Anhängern der Rassentrennung im Senat durchgebracht hatte. Das kritisiert Harris nun scharf und moniert vor laufenden Kameras, dass Biden auch die staatliche Zuweisung von Kindern an Schulen mit einer mehrheitlich anderen Hautfarbe abgelehnt habe, womit die Rassentrennung überwunden werden sollte. Ein vierjähriges Mädchen habe damals von dem sogenannten „busing“ (wegen des Transports der Kinder in Schulbussen) profitiert: „Das Mädchen war ich.“

    Linke Demokraten fordern eine höhere Reichensteuer

    Das ist ein starker Aufschlag, und Biden taumelt wie ein angeschlagener Boxer im Ring. „Das ist eine falsche Darstellung meiner Position“, betont er. Er verweist auf seine Freundschaft mit Obama, seinen lebenslangen Einsatz für Bürgerrechte und seine Unterstützung sowohl für ethnische und sexuelle Minderheiten. Aber Biden ist in die Defensive geraten, aus der er während der Debatte nicht herauskommt.

    An zwei Abenden haben diese Woche jeweils zehn Bewerber für die demokratische Präsidentschaftskandidatur miteinander diskutiert. Der Mittwoch verläuft vergleichsweise ruhig mit der linken Senatorin Warren als klarer Siegerin. Am Donnerstagabend (Ortszeit) stehen deutlich mehr Schwergewichte auf der Bühne, und der Schlagabtausch verläuft emotionaler. Die Krankenversicherung, die Einwanderungspolitik und die Waffengesetze stehen im Mittelpunkt. Doch unterschwellig geht es auch um die Frage, wie radikal sich die unter Trump ohnehin deutlich nach links gerückten Demokraten präsentieren sollen. Sanders und Warren plädieren für kräftige Reichensteuer-Erhöhungen und eine staatliche Bürgerversicherung. Moderate und jüngere Politiker wie der Bürgermeister von South Bend, Pete Buttigieg, und die Senatorin von Minnesota, Amy Klobuchar, bevorzugen schrittweise Veränderungen. Und Biden wirbt mit viel Pragmatismus vor allem um Wechselwähler.

    Der Glanz von Kandidat Joe Biden ist spürbar verblasst

    Knapp 17 Monate vor der Präsidentschaftswahl ist es zu früh für Prognosen. Doch bei den Debatten liegt die energische und ideenreiche Warren im linken Lager klar vor Sanders, der seine Kampfansage an die Finanzindustrie und den militärisch-industriellen Komplex etwas zu oft wiederholte. Buttigieg kann mit einem offenen Bekenntnis zu eigenen Fehlern bei der Bekämpfung von Polizeigewalt in seiner Heimatstadt beeindrucken. Biden ruft am Ende noch einmal leidenschaftlich zur „Rettung der Seele der Nation“ auf: „Wir können alles schaffen, wenn wir zusammenstehen!“ Da schimmert Obamas beliebter Stellvertreter durch. Aber sein Glanz ist an diesem Abend spürbar verblasst.

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