Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Türkei droht Frankreich

Politik

Türkei droht Frankreich

    • |
    Türken protestieren am Donnerstag in Paris gegen das neue Gesetz.
    Türken protestieren am Donnerstag in Paris gegen das neue Gesetz. Foto: Foto: dpa

    Paris Zwischen Frankreich und der Türkei ist eine tiefe politische Krise ausgebrochen. Nur eine Stunde nach dem Beschluss der französischen Nationalversammlung am Donnerstagmittag, die Leugnung eines gesetzlich anerkannten Völkermordes künftig mit einem Jahr Haft und 45000 Euro Geldstrafe zu ahnden, wurde der Botschafter Ankaras in

    Eigentlich ist das neue französische Gesetz eher allgemein gehalten. Aber in Ankara sieht man in ihm den Versuch, den Völkermord an den Armeniern in den Jahren 1915 bis 1917 anzuprangern. Dieser ist in Frankreich bereits seit 2001 gesetzlich als Völkermord anerkannt. Das damalige Osmanische Reich stand im Ersten Weltkrieg an der Seite Deutschlands und Österreich-Ungarns. Da die armenische Bevölkerung der Zusammenarbeit mit Russland verdächtigt wurde, erklärte man sie zum Staatsfeind – und ließ sie gleich massenweise ermorden. Historiker sprechen von bis zu 1,5 Millionen Opfern, die bei den Massakern der Osmanen zu Tode kamen. Die Türkei – Rechtsnachfolger der damaligen Machthaber – erkennt offiziell eine halbe Million Tote an, wehrt sich aber erbittert gegen die Einordnung als Völkermord und bezieht den französischen Vorstoß nun vorrangig auf sich.

    Paris fürchtet nach Beschluss zur Armenierfrage Sanktionen

    Staatspräsident Abdullah Gül hatte deshalb vor dem Votum der französischen Abgeordnetenkammer deutlich gemacht, dass man das Gesetz nicht hinnehmen werde. Er sprach von „unbegründeten und ungerechten Vorwürfen gegen unser Volk und unsere Nation“. Die Türkei sieht in dem Gesetz vor allem eine wahltaktisch motivierte Geste Sarkozys an die etwa 500000 armenischstämmigen Bürger in Frankreich. Sie üben seit Jahren Druck auf die französische Regierung aus und können dabei auf prominente Fürsprecher zählen. Einer davon ist der Chansonsänger Charles Aznavour. Zahlreiche Vorfahren der armenischstämmigen Bürger waren einst vor den Massakern nach Frankreich geflohen. Sarkozy stellt sich im Frühjahr zur Wiederwahl. Er hatte einen Beitritt der Türkei zur EU mehrfach strikt abgelehnt.

    In Paris ist man sich nun nicht sicher, wie ernst die Drohungen aus der Türkei gemeint sein könnten. Sie könnten Frankreich jedoch empfindlich treffen. Immerhin hat die Türkei 100 neue Jets bei Airbus bestellt. Rund 1000 französische Konzerne sind am Bosporus aktiv. Wann das Gesetz in Kraft tritt, steht noch nicht fest.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden